Foto: Schwarzwälder-Bote

Ministerpräsident Winfried Kretschmann wandert mit Bürgern von Schramberg nach Schiltach

Auch ein Ministerpräsident hat mal einen Stein im Schuh: Im Rahmen seiner Sommertour ist Winfried Kretschmann von Schramberg nach Schiltach gewandert. Der Politiker zeigte sich naturverbunden und bürgernah – machte aber auch deutlich, wo seine Grenzen liegen.

Kreis Rottweil. Auch am Tag vier seiner Sommertour scheint Winfried Kretschmann noch voller Wanderlust zu sein: Nachdem er sich am Donnerstagmorgen im Schramberger Rathaus umgezogen hat, drängt er die rund 100 Bürger, die ihn begleiten möchten, zum Aufbruch. Der Ministerpräsident fügt sich gut in das Bild der gemischten Wandergruppe ein – er trägt eine knielange Cordhose und 20 Jahre alte Wanderschuhe – schließlich ist Wandern für ihn "keine Modenschau", wie er deutlich macht.

Auf die Anliegen der Bürger eingehen

Kretschmann ist Schramberg nicht unbekannt, bereits zwei mal war er zur Bach-Na-Fahrt hier. Darüber hinaus pflegt er eine enge Verbindung zu der grünen Spitzenkandidatin Kerstin Andrae, die aus der Fünftälerstadt stammt. "Selbst wenn nicht, würde es sich trotzdem lohnen, zu kommen", findet Kretschmann. "Die alte Besiedelung und die schöne Kultur sind besonders – das spürt man", sagt er im Gespräch mit unserer Zeitung.

Kretschmann ist ein geübter Wanderer, auch nach drei Tagen, an denen er jeweils rund 14 Kilometer gelaufen ist, quält ihn noch kein Muskelkater, wie er sagt. Dementsprechend anspruchsvoll ist auch die Tour, die der Schwarzwaldverein für ihn ausgesucht hat. Gleich zu Beginn geht es steil die Tiersteinstraße hinauf, trotzdem bleibt dem Ministerpräsidenten genug Luft, um mit den Bürgern zu sprechen. Kretschmann nimmt sich für die Gespräche viel Zeit, macht aber auch deutlich, wenn er eine Situation nicht einschätzen oder nicht weiterhelfen kann: "Wir dürfen als Land nicht in die kommunale Selbstverwaltung eingreifen."

Ob er trotzdem auf die Anliegen der Bürger eingehen kann? "Ja", sagt Kretschmann. "Ich bekomme auch Probleme mit, die die Leute persönlich umtreiben." Ein Autohausbesitzer stellt ihm hingegen Fragen zur größeren Politik: "Ich freue mich, dass Sie nicht alles totreden", lobt er den grünen Politiker, der im Gespräch über den Dieselskandal klar Position bezieht: Der Wandel zur Elektromobilität dürfe nicht abrupt erfolgen – ein langsamer Übergang sei nötig. "Viele Unternehmer sprechen mit mir auch über die Abschiebung ihrer Mitarbeiter", erzählt Kretschmann, dem eine Bauunternehmerin am Morgen ein derartiges Anliegen geschildert hatte.

Einblick in die Kommunalpolitik

Der Landesvater will auch die Gelegenheit nutzen, "mit den Bürgermeistern ungezwungen ins Gespräch zu kommen". Der Schiltacher Thomas Haas berichtet ihm von den Problemen mit der Wasserversorgung der Aussiedlerhöfe, die entlang des Weges liegen.

"Es ist toll, dass der Ministerpräsident bei der Tour einen Einblick in die Kommunalpolitik erhält und die Leute ihn kennenlernen können", freut er sich. Auch der Landesvater macht sich gerne ein Bild von seinen Bürgern: "Das ist ein sehr offener Menschenschlag", sagt er über die Schramberger. Auf dem Weg zur Aichhalder Mühle, wo er sich ins Gästebuch der Gemeinde einträgt, zeigt der grüne Politiker dann auch seine Verbundenheit zur Natur.

Kretschmann bewundert Gärten und Wiesen und bleibt auch einmal stehen, weil er eine Heilpflanze entdeckt hat, die er fotografieren will. Dann lässt er sich von den Wanderführern "eine der schönsten Aussichten nach Schramberg" zeigen. "Die tief eingeschnittenen Täler sind sehr schön", findet Kretschmann, der gerne wiederkommen würde, wie er während einer Pause, in der er seinen Schuh ausleert, erzählt.

Denn auch ein Ministerpräsident hat mal einen Stein im Schuh – "da nehmen die Steine keine Rücksicht", scherzt er. Immer wieder muss Kretschmann während der Tour anhalten, weil Bürger ein Foto mit ihm machen oder ihm ein Geschenk überreichen möchten. Neben Büchern, Weinen und persönlichen Eindrücken nimmt der Ministerpräsident aber auch eine politische Hausaufgabe aus Schramberg mit. Schon vor Beginn der Wanderung hatte OB Thomas Herzog ihm im Rathaus neben Fairtrade-Schokolade eine Resolution zur geplanten Talstadtumfahrung überreicht.