Ziel waren immer Häuser in Ortsrandlage, deren Rückseite nur schwer von der Straße einsehbar war. (Symbolfoto) Foto: fbhk/Pixaby

Angeklagte äußern sich in Prozess (noch) nicht. Bei Betroffenen bleibt mulmiges Gefühl zurück. Für viele Albtraum.

Kreis Rottweil - Es ist ein Albtraum: Man kommt von einem längeren Einkauf oder von der Dienstreise zurück und findet die Wohnung aufgebrochen vor. In der Wohnung herrscht Chaos. Sämtliche Schränke sind durchwühlt, persönlichste Dinge liegen verstreut auf dem Boden, aber die Täter sind längst über alle Berge.

Am Dienstag und Mittwoch setzte die Erste Große Strafkammer des Landgerichts Rottweil den Prozess gegen zwei mutmaßliche Serieneinbrecher fort. Ihnen wird eine ganze Reihe von Einbruchdiebstählen in Tateinheit mit Sachbeschädigung vorgeworfen.

Gewaltiger Aktionsradius

Der Aktionsradius der mutmaßlichen Täter, beide sitzen derzeit in Haft, war gewaltig. Er reichte von Magstadt bei Sindelfingen über die Kreise Ortenau, Tübingen und Freudenstadt bis in den Kreis Rottweil. Die Tatzeiten lagen im Wesentlichen an frühen Abenden des vergangenen Winters.

Ziel waren immer Häuser in Ortsrandlage, deren Rückseite nur schwer von der Straße einsehbar war. Die Täter kundschafteten die Objekte gründlich aus, zu den Tatzeiten war die Dunkelheit bereits hereingebrochen. Sie fühlten sich augenscheinlich sicher, denn wenn sie ein Fenster nicht aufbekamen, versuchten sie es an irgendeiner Tür. Mal gingen sie raffiniert mit einem Öffnungsmechanismus vor, mal benutzten sie brachiale Gewalt. Mal war das Badezimmerfenster das Einfallstor, mal die Terrassentür oder sie zwängten sich durch einen Lichtschacht in den Keller.

Und sie gingen gründlich vor. Systematisch durchsuchten sie sämtliche Räume, öffneten alle Schränke, die Bewohner fanden meist alle Schubladen aufgezogen und durchwühlt. So entging den Tätern kaum ein lohnendes Beutestück. Behältnisse wurden geöffnet, selbst an einem kleinen Tresor machten sie sich zu schaffen. Der gab allerdings nicht nach.

Ihre Beute war vielfältig: Gern nahmen sie Bargeld, mitunter erhebliche Summen, wertvolle Münzen, Schmuck und sogar hochwertige Kosmetika. In einem Fall fielen ihnen tatsächlich einige Goldbarren in die Hände, die der Besitzer zu Hause aufbewahrte. Mit Kennerblick ließen sie Modeschmuck liegen, hatten aber ein fachmännisches Auge für teure Uhren. So manches Erbstück verschwand, ist wohl unwiederbringlich verloren. Die Staatsanwaltschaft geht von einer Gesamtbeute in Höhe von über 120.000 Euro aus.

Fußabdrücke bleiben zurück

Die Ergebnisse der Spurensicherung zeigten neben den aufgehebelten Fenstern und Türen, auch Fußspuren der Täter, die mühevoll sichtbar gemacht wurden. Fingerabdrücke sind nicht vorhanden, Textilfasern lassen auf Handschuhe schließen. Auch der Sachschaden ist insgesamt erheblich.

In Deißlingen wären die Täter fast erwischt worden. Eine Bewohnerin war zu Hause, als sie einsteigen wollten. Sie habe ein ungewöhnliches Geräusch gehört. Ihr sei gleich durch den Kopf geschossen, dass sich jemand an einem Fenster zu schaffen mache. Mit lauten "Hallo, hallo"-Rufen sei sie ins Erdgeschoss gegangen und habe ein Fenster und eine Tür offen stehend vorgefunden. Von den Tätern war aber nichts mehr zu sehen.

Materielle Schäden sind das eine, und die waren mitunter erheblich. Hinzu kommen die psychischen Auswirkungen. Ein Einbruch hinterlässt Spuren – auch in der Seele.

Der Schock saß den meisten Zeugen auch bei ihren Aussagen am Dienstag und Mittwoch noch in den Gliedern, obwohl die Taten schon Monate zurückliegen. Eine Geschädigte aus Lahr kann nur den Kopf schütteln: "Warum wir? Wir sind das kleinste Häuschen in der Straße." Glaubten die Einbrecher die größeren Häuser besser gesichert? Sie habe tagelang nicht im Schlafzimmer schlafen können, und an Durchschlafen sei nicht zu denken gewesen, so tief habe die Angst gesessen, beschreibt die Frau die Folgen des Einbruchs. "Wir sind sensibler geworden", so ein Geschädigter aus Schramberg. Mittlerweile lasse man die Rollladen öfter herunter und schließe die Haustür ab.

Der mutmaßliche Haupttäter war allerdings bald im Visier der Polizei, da sich sein Auto nach Feststellungen der Beamten in mehreren Fällen in der Nähe der späteren Tatorte aufgehalten hat. Immerhin wurden bei einer überraschenden Hausdurchsuchung bei ihm mehrere Schmuckstücke sichergestellt, die zur Beute gehören könnten. Auch mehrere Männer wurden, neben der Familie, im Haus angetroffen, darunter der zweite Angeklagte. Bei dieser Gelegenheit stellte die Polizei gleich mal alle im Haus auffindbaren Schuhe sicher.

Angeklagte äußern sich (noch) nicht

Die beiden Angeklagten schauen den abwechselnden Auftritten der Kriminaltechniker und der Opfer seit drei Verhandlungstagen mehr oder weniger interessiert zu. Auf Anraten ihrer Anwälte haben sie trotz mehrfacher Nachfrage des Gerichts bisher noch keine Angaben zu einer mutmaßlichen Tatbeteiligung gemacht.

Das soll erst mal weiter so bleiben. Allerdings haben sie nicht ausgeschlossen, sich im Laufe des Prozesses vielleicht doch noch zu gegebener Zeit zu äußern. Vielleicht erst, wenn es eng wird.  Der Prozess wird am heutigen Donnerstag, 13 Uhr, fortgesetzt.