Die Stadtmusikanten, hier mit vertrautem Gerät, wissen auch als Vokalensemble zu begeistern. Fotos: Schnekenburger Foto: Schwarzwälder Bote

Schmotziger: Gruppen machen sich wegen Brücken, Wirtshäusern und der Narrenzunft Sorgen

Den "echten" Schmotzigen haben die meisten, die den Donnerstag über die Stadt bevölkerten, wohl gar nicht mehr mitbekommen. Sei’s drum. Die vielen Besucher, die abends in den Lokalen waren, haben dagegen nichts verpasst. Sie genossen ein närrisches Vergnügen.

Rottweil. Ob Beichtstuhl, Küche oder oberhalb vom Tor – unterhalb natürlich auch: Es gibt kaum einen Ort, an dem die Narren nicht ihre Stücke loswerden. Wobei der Beichtstuhl natürlich besonders vielschichtig und damit tiefgründig ist. Vor allem, wenn die Damen Maria und Magdalena heißen und Hochwürden Sachen zu hören bekommt... Diese vernimmt im Konvikt übrigens auch die echte Geistlichkeit – und kann darüber herzlich lachen. Apropos Konvikt: Da gibt es eine echte Zeitenwende. Der frühere Direktor hat mit seinem Ausscheiden nicht nur das Amt des perfekten Gastgebers abgegeben, sondern ward auch als Gast nicht gesehen. Deshalb gibt es aus der Entfernung ein herzliches "Hu-Hu-Hu!" und ein närrisches "Dankeschön!".

Sichtlich und hörbar wohl fühlen sich die Gruppen am Donnerstag dennoch. Und zwar so wohl, dass auch dem flottesten Fluppenraucher zwischen den Auftritten keine Zeit für sein Laster bleibt. Anders formuliert: Das Programm ist picke-packe voll. Erst gegen 1.30 Uhr beginnen sich die Reihen zu lichten. Sowohl beim Publikum als auch bei den Gruppen. Diese berichten nämlich, dass sie nur wenig warten mussten und listen deshalb bereits früh eine stattliche Anzahl an Auftritten auf. Die "Müsser" und Favoriten der Narren sind beizeiten erledigt, und auch für die Kür ist genügend Zeit. Das wiederum gefällt dem Publikum, und so schiebt eine Seite die anderen zu neuen Höhenflügen an.

Auch wenn es um ganz Erdverbundenes geht, ist da viel Raum für Gedankenspiele. Besonders, was die Zukunft des "Wirtschaftsstandorts" Rottweil betrifft, ein ganz klassisches Thema, sind sie in Sorge. Das Angebot schmilzt dahin – hinsichtlich Quantität wie, zumindest partiell, auch der Qualität. Und ob das Neue Liebgewonnenes ersetzen kann, bleibt für manche Gruppe vorläufig ein großes Fragezeichen.

Noch größer ist das Fragezeichen, das die Hängebrücke in die Köpfe der Narren brennt. War da was? Und wenn, dann wo? Und wie da? Und von wem? Und was haben die Bürger seinerzeit entschieden? Zu viele Fragen für ein profanes Bauwerk, das es zudem gar nicht gibt.

Auch die Fasnet selbst, beziehungsweise deren Organisation, erregt die Gemüter. Oder regt zu kreativen Lösungen an. So wie "Maria 2.0" in Rottweil ankommt, kann man fast von "Narrenzunft 2.0" sprechen. Innovative Mitgliederwerbung inklusive. Ein Wunsch bleibt bei der Vielfalt von Mitglieds- und Teilnahmemöglichkeiten freilich unerfüllt. Die Narrenkarte, mit der man bei der Generalversammlung auf die Bühne stehen darf und von allen Applaus erhält, fehlt im Katalog schlicht.

Stattdessen empfehlen sich "Pollermann", die auch als "Helden, Schurken, Narren" bekannt sind, als unverrückbare Zugangskontrolle zum Narrensprung. Mit unterschiedlichen Alarmtönen für "keine Plakette" und "Frau im Rössle" neben dem tausendfachen Standard-Piep für den vorschriftsgemäßen Narren. Übrigens wünschen die Drei in diesem Jahr keine "schöne Fasnetszeit", die unausgesprochen sicher auch, sondern mit Blick auf die eigene Konfektionsgröße ausdrücklich eine gute "Fastenzeit".

Bis dahin fließt freilich nicht nur viel Wasser den Neckar hinunter und viel Getränk durch die Kehlen, sondern erst einmal Musik in die Ohren des Publikums. Gewohnt fein auch in Form eines Vokalensembles von den Stadtmusikanten, mit mächtig Stimmung etwa von den Piraten und Bob, und natürlich vielfach in Form von gesungenen Glossen. Da kommt es zwar nicht unbedingt auf Tontreue an, doch sind auch in punkto Musikalität Darbietungen wie die von "A Schorleamina" einfach nur ein Hochgenuss.