Solche teilstationären Einrichtungen (im Bild in Balingen) soll es im Notfall im Kreis Rottweil an drei Standorten geben. Aufgebaut werden sie, wenn sie gebraucht werden. Foto: Gert Ungureanu

Vorbereitungen für teilstationäre Versorgungszentren getroffen. Kreisbehörde und Gesundheitsamt stehen in Kritik.

Kreis Rottweil - Drei Corona-Schwerpunktpraxen, auch Fieberzentren genannt, – in Rottweil, Sulgen und Oberndorf – sollen am Dienstag an den Start gehen und von 14 bis 18 Uhr geöffnet haben. Die Anmeldung erfolgt über den Hausarzt, das Gesundheitsamt vergibt die Termine. Damit sollen die Hausarztpraxen unterstützt und geschützt werden. Das Testzentrum wird seine Öffnungszeiten auf den Vormittag verlegen. Das teilen Landrat Wolf-Rüdiger Michel und der Leiter des Gesundheitsamts, Hans-Joachim Adam, in einer Telefonkonferenz der Presse gegenüber mit.

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Zudem sind Vorbereitungen für teilstationäre Versorgungszentren getroffen worden. Dafür kommen die Kreissporthalle der Nell-Breuning-Schule, das Alte Spital in Rottweil und die Stadthalle in Rottweil in Frage. Ortsbegehungen hätten am Samstag stattgefunden, so der Landrat.

Jeweils 60 Betten könnten in den Einrichtungen aufgestellt werden. Umgesetzt werden sollen die Überlegungen, wenn es von der Anzahl der erkrankten Menschen notwendig wird. Laut Landrat fielen unterschiedliche Rüstzeiten an. Bei der Kreissporthalle betrage diese einen halben Tag, beim Alten Spital fünf Tage, die Stadthalle stünde in zwei bis drei Tagen bereit. Zu klären sei auch noch, woher die notwendigen medizinischen Geräte kommen und wer das medizinische Personal zur Verfügung stelle. Ziel sei es, die Kliniken zu entlasten.

Dritter Todesfall im Landkreis

Derweil ist die Anzahl der positiv getesteten Personen am Montagabend auf 138 angestiegen. Zudem muss der Landkreis einen dritten Todesfall beklagen. Es handelt sich um einen 66-jährigen Mann. Das teilt die Kreisbehörde mit.

Wie viele inzwischen als genesen gelten, darüber konnte in der Telefonkonferenz keine Auskunft gegeben werden. Laut Adam ist es so, dass die Kurve weiter ansteige und der Gipfel noch nicht erreicht sei. Bislang seien 780 Proben im Testzentrum, das von den niedergelassenen Ärzten betreut werde, genommen worden. Laut Angaben von Michel und Adam würde zudem ein Viertel der positiv getesteten Personen von Hausärzten und Kliniken gemeldet. Es kann also davon ausgegangen werden, dass rund weitere 200 bis 300 Abstriche aus dem Kreisgebiet dazukommen. Um mehr Transparenz zu schaffen, sollen ab Dienstag die Fallzahlen ortsbezogen bekannt gegeben werden.

Der Landrat verteidigt die Vorgehensweise bei der Testung von Personen mit Verdacht auf eine Infektion mit dem Coronavirus. Man halte sich an die Vorgaben des Robert-Koch-Instituts (RKI). Von Hausärzten, kommunalen Vertretern und aus der Bevölkerung wird die Handhabung im Landkreis kritisiert. In Nachbarkreisen würden viel mehr Proben genommen und ausgewertet, so der Vorwurf.

Michel weist darauf hin, dass das RKI die Definition positiver Fälle geändert habe. Als infizierte Person gelte jetzt, wer mit einer positiv getesteten Person zusammen lebe und ebenfalls über typische Covid-19-Symptome klage. Zum Guten entwickelt haben sich die Wartezeiten auf die Befunde. Anfangs habe nach rund acht Stunden ein Ergebnis festgestanden. Zuletzt seien es sieben bis acht Tage gewesen. "Das war sehr unglücklich", so Adam. Nun, da die Laborkapazitäten erhöht worden seien, rechne man mit ein bis zwei Tagen, bis das Testergebnis feststehe. Zudem sei der Bestätigungstest nicht mehr erforderlich.

Die Kliniken verfügten über genügend freie Kapazitäten. In Oberndorf seien es 30 freie Betten, in Rottweil 50. Was die Intensivstationen betreffe, so stelle das Krankenhaus in Rottweil zehn Plätze, vier davon seien belegt. Von den neun Beatmungsgeräten seien drei belegt. In Oberndorf seien alle vier Beatmungsgeräte in Gebrauch, von sechs Intensivplätzen seien fünf zurzeit belegt.

Kommentar: Angefressen

Kommentar von Armin Schulz

Der Rottweiler Landrat Wolf-Rüdiger Michel ist angefressen. Das merkt man ihm an, obwohl man nicht von Angesicht zu Angesicht miteinander spricht, sondern über eine Telefonleitung verbunden ist. Michel will am Montag im Gespräch mit der Presse entschieden dem Eindruck begegnen, Kreisbehörde und Gesundheitsamt würden angesichts der Gefahren durch das Coronavirus zu wenig unternehmen.

Das ist der Vorwurf, mit dem sich Michel seit ein paar Tagen von verschiedenen Seiten – auch über unsere Zeitung – konfrontiert sieht. In den Nachbarlandkreisen sind die Vorbereitungen auf die noch zu befürchtende Welle an Krankheitsfällen augenscheinlich weiter gediehen. Das wird dem Landrat unter die Nase gehalten. Das wurmt ihn, das ist verständlich.

Die Botschaft des Landrats daraufhin: Die Kreisverwaltung macht sehr wohl ihre Hausaufgaben. So soll es auch sein.