Fotos: Moser Foto: Schwarzwälder Bote

Als Glasmaler hat Holger Hoffmann es meist mit in die Jahre gekommenen Kirchenfenstern zu tun

Holger Hoffmann schafft nicht nur Fenster, er schafft Atmosphäre. In stundenlanger Kleinarbeit setzt er Fenster aus buntem Glas und Blei zusammen – und geht dabei mit Pinsel und Farbe ins Detail.

Rottweil. Am Anfang eines kunstvoll gestalteten Fensters steht immer ein Künstler, der das Fenster so entwirft, wie er es sich vorstellt – unabhängig davon, wie leicht oder schwer dieser Entwurf umzusetzen ist. Denn um die Umsetzung kümmern sich die Glasmaler. Sie prüfen, welche Teile problemlos als Bleiverglasung zu realisieren sind und welche Probleme bereiten könnten. "Wir sind quasi das Bindeglied zwischen der Vision des Künstlers und dem, was praktisch umsetzbar ist", meint Hoffmann, der als Glasmaler in Rottweil tätig ist.

Personendarstellungen seien dafür ein klassisches Beispiel: "Die Gesichtszüge kann man in der Bleiglastechnik gar nicht so fein herausarbeiten. Die Details malen wir dann auf das Glas." Weil Glas ein so filigranes Material ist, kann Hoffmann keine allzu kleinen Stücke ausschneiden.

Bevor Hoffmann in der Ausführung aber überhaupt ans Malen denken kann, muss er erst zahlreiche andere Arbeiten vornehmen. Erster Arbeitsschritt: Schablonen erstellen – und das für jedes einzelne Glasstück, das später Teil der Bleiverglasung sein soll. Da ist Genauigkeit gefragt, immerhin müssen am Ende alle Teile zusammenpassen. Auch beim Ausschneiden der Glasstücke geht Hoffmann mit Bedacht vor. Mit einem Glasschneider ritzt er die Oberfläche an und bricht das Glas dann entlang der Linie sauber in zwei Teile. "Um das so hinzubekommen, braucht man jahrelange Übung", weiß Hoffmann. Kleinere überstehende Spitzen und Grate entfernt er mit einer Kröselzange.

Mit viel Fingerspitzengefühl

Wenn nötig kommen als nächstes die Pigmente zum Einsatz, die Hoffmann in einem Regal neben seinem Leuchttisch lagert. Dabei handelt es sich um feine Glaspartikel oder um Metalloxide, die er mit einem Bindemittel vermengt, um sie mit Pinseln auf die Glasstücke auftragen zu können – eine langwierige Arbeit, bei der Hoffmann viel Fingerspitzengefühl und Geduld braucht. Ganz feine Details – zum Beispiel in Gesichtern – oder Muster gestaltet Hoffmann, indem er erst Farbe aufträgt und diese später an einigen Stellen wieder abkratzt.

Ist alles fertig bemalt, werden die Glasstücke im Ofen gebrannt. Würde man das nicht tun, wäre die ganze Arbeit umsonst, erklärt Hoffmann. "Das Glas saugt die Farbe nämlich nicht auf." Erst durch das Brennen bleiben die Details dauerhaft erhalten.

Sind alle nötigen Glasteile zugeschnitten und bemalt, geht es ans Verbleien. Dabei werden Bleiprofile, deren Querschnitt dem Buchstaben H ähnelt, zwischen den einzelnen Stücken eingefügt, um die Einzelteile zu einem Gesamtkunstwerk zusammenzufügen. An den Stellen, wo die Bleiprofile aufeinander treffen, werden sie miteinander verlötet.

Zuletzt werden die Bleiglasfenster noch verkittet. "Das macht die Fenster wind- und wasserfest", erklärt Hoffmann. Verkittet sind die Bleiglasfenster eine dauerhafte Anschaffung – auch weil die Malereien nach dem Brennen außerordentlich gut auf dem Glas haften: "Die Glasmalerei ist für die Jahrhunderte."

Meistens ist Hoffmann mit Restaurationen betraut, denn "die Zahl der Neuverglasungen geht Jahr für Jahr zurück". Den Grund hierfür sieht der Glasmaler vor allem darin, dass viele Menschen Bleiverglasungen von bunten Kirchenfenstern kennen – und daher auch damit verbinden. Schade findet er das schon, denn wenn man ein Fenster von Grund auf neu fertige, könne man sich eben so richtig "austoben".

Nur noch eine Glasthütte

Ein Stück weit könne er das aber auch verstehen. Immerhin hätten die Bleiverglasungen im 15. und 16. Jahrhundert ihren Höhepunkt gehabt, als viele gotische Kirchen und Kathedralen mit den bunten Fenstern ausgestattet wurden. Und mit ebensolchen Fenstern hat Hoffmann Tag für Tag zu tun. Manchmal müssen nur kleine Risse im Glas geklebt werden, wofür er einen Harzkleber verwendet.

Manchmal müssen aber auch ganze Glasstücke ausgetauscht werden – dann steht das ganze Programm an: Stück herauslösen, Schablone anfertigen, passendes Glas heraussuchen, Glasstück ausschneiden, bemalen, brennen und in das vorhandene Fenster einsetzen.

Da zeichnet sich schon bei der Auswahl das erste Problem ab: In ganz Deutschland gibt es nur noch eine Glashütte, in der das bunte Material mundgeblasen wird. Die Auswahl ist also mehr als begrenzt. Zum Glück des Glasmalers werden an dem Standort, wo seit 2003 "Die Kunstglaser" ihr Handwerk betreiben, bereits seit mehr als 100 Jahren Kunstwerke aus Glas hergestellt. Daher kann Hoffmann bei seiner Arbeit auf einen beachtlichen Fundus an verschiedenen Gläsern zurückgreifen, die sich im Laufe der Jahre angesammelt haben.

Das passende Glas muss mit Bedacht ausgewählt werden, denn je nachdem, ob es transparent, halbdeckend oder deckend, glatt oder strukturiert ist, ergibt sich ein ganz anderer Effekt. Es sei schon spannend, findet Hoffmann, zu sehen, "was so ein Fenster in einem Raum alles verändert". Da bekomme der Raum gleich eine ganz besondere Atmosphäre – und das "nur" durch ein paar Stücke buntes Glas. Diese Faszination für das Material war es auch, die Hoffmann dazu bewegte, selbst Glasmaler zu werden.

Interesse an Kunst

Wer Glasmaler werden will, sollte außer der Zuneigung zum Material auch noch Fingerspitzengefühl und ein Interesse für Kunst und Kunstgeschichte mitbringen – eben weil man es in diesem Beruf besonders oft mit der Restauration historischer Bleiverglasungen zu tun hat.

Vor allem aber braucht man laut Hoffmann eines, um in diesem Handwerk erfolgreich zu sein: Erfahrung. Auch nach der Ausbildung habe man nämlich noch längst nicht alles gelernt: "Ich schätze, dass man so etwa fünf bis sechs Jahre braucht, bis man wirklich drin ist."