Sven Engelhard war ein Jahr lang als Freiwilliger in Bolivien / "Ich wollte wohin, wovon ich keine Ahnung habe"

Von Jasmin Cools

Rottweil. Der 25-jährige Sven Engelhard ist im August aus Cochabamba, Bolivien, zurückgekommen. Im Gepäck hat er neue Erkenntnisse und jede Menge gute Geschichten.

"Ich hatte unglaublichen Hunger auf Neues", gibt der gelernte Schreiner offen zu. Wenn er von Bolivien erzählt, ist er kaum zu bremsen. Zu viel gibt es zu erzählen.

Als er nach Abschluss seiner Lehre im August 2013 in das südamerikanische Land aufgebrochen war, hatte er keinerlei Bedenken gehabt. Viele seiner Freunde seien bereits ins Ausland gegangen und hätten ihn dazu inspiriert. Es sei ihm nicht um Selbstständigkeit gegangen, wohnt das Beatbox-Talent doch seit seinem 18. Lebensjahr in einer Wohngemeinschaft. Der soziale Gedanke habe im Vordergrund gestanden. Außerdem wollte er die Kultur kennenlernen und das Gefühl, fremd zu sein zu erleben. Engelhard wollte bewusst in ein Land, das er nicht kannte. Seine Wahl fiel auf Südamerika, weil er zuvor nie über den Kontinent nachgedacht hatte.

In Zusammenarbeit mit dem Programm "Weltwärts" des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) fiel die Entscheidung auf Bolivien. Im Vorfeld habe er viele Vorbereitungsseminare und einen Sprachkurs in Barcelona absolviert. Er sei ein ehrgeiziger Mensch und habe sich das Spanisch mühsam angeeignet, während seine 29 anderen Mitfreiwilligen ihre Freizeit in Barcelona genossen hätten. "Ich habe viel in diese Erfahrung investiert – sowohl Geld, als auch Arbeitskraft." Das sei es aber wert gewesen, betont der 25-Jährige. Die Finanzierung seines Freiwilligendienstes erfolgte zu 75 Prozent über die BMZ und zu 25 Prozent über einen Spendenkreis, den Engelhard selbst aufbauen musste. Die Wohnungssituation der Freiwilligen habe mit der Realität Boliviens wenig zu tun gehabt. Engelhard bekam eine Wohnung gestellt sowie monatliches Taschengeld. Vor Ort hat er in der Berufsschule junge Menschen zu Schreinern ausgebildet. "Da merkt man erst mal, wie viel eine deutsche Ausbildung wert ist. Blut, Schweiß und Tränen, die ich in Deutschland investiert habe, machten sich bezahlt." Engelhard hat für einen Kindergarten selbst ein Spiel- und Kletterhaus entworfen und geschreinert.

Die Zeit in Bolivien habe besonders sein Durchsetzungsvermögen und Selbstvertrauen gestärkt. Schattenseiten des Landes seien mangelnde Sicherheit und Hygiene. Der Schreiner habe in den ersten Wochen massive Magenprobleme gehabt und manch einer seiner Reisegefährten sei mit Parasiten zurückgekehrt.

Trotzdem überwiegen die schönen Erinnerungen. Der Rottweiler vermisst unter anderem die Sonderstellung bei den Bolivianern. Als Europäer würde man behandelt werden als sei man etwas Besonderes, etwas Besseres. "Ich glaube, mit meiner Arbeit habe ich das Verhältnis zwischen Bolivianern und Deutschen gebessert." Am meisten fehlt ihm die Kultur und das "andere Movement". In Bolivien seien die Bewegungen anders. Manchmal hätte man das Gefühl, 30 Jahre in die Vergangenheit geschleudert zu werden, sagt der 25-Jährige. Trotzdem habe das Land seine ganz eigene einzigartige Kultur, die im Grunde nicht anders sei als die deutsche. "Es liegt noch vieles im Argen. Das Problem sind mangelnde Bildung und Erziehung". In einem halben Jahr wird der Rottweiler erneut für zwei Monate nach Bolivien reisen, denn "es gibt noch viel zu tun".

Weitere Informationen: http://sveninbolivien.jimdo.com