Die Demiris sind in der Unteren Lehrstraße daheim (von links): Opa Bajrush, Enkelin Balkaza, Oma Balkaz, die auf das Nachbarskind aufpasst, Ramush und sein Bruder Elvis. Foto: Parage

Asylantrag wurde abgelehnt. Keine typische Fluchtgeschichte. Probleme als Minderheit in Heimat Mazedonien.

Rottweil - Menschen auf der Suche nach einem neuen Zuhause haben ganz unterschiedliche Gründe, warum sie ihre Heimat verlassen. Das zeigt die Geschichte der Familie Demiri.

Die Demiris hängen in der Luft. Sie wohnen in der Asylbewerberunterkunft in der Unteren Lehrstraße in Rottweil, ihre Asylanträge allerdings wurden abgelehnt. Jetzt versuchen sie, mithilfe des Freundeskreises Asyl Rottweil, doch noch bleiben zu dürfen. Denn die Situation der Roma-Familie ist kompliziert.

Die Demiris sind zu fünft: die Großeltern Bajrush und Balkaz, deren Söhne Ramush und Elvis sowie die 14-jährige Balkaza. Sie ist die Tochter von Elvis. Die Familie teilt sich nicht nur ein Wohnheimzimmer, sondern auch die Sorgen. Der 41 Jahre alte Ramush ist geistig und körperlich behindert, Großvater Bajrush hat einen Gehirntumor. Seine Krankheit war auch der Auslöser für die Familie, in Deutschland Asyl zu beantragen. Ihre Fluchtgeschichte ist auch deshalb keine typische.

Eigentlich wollten Opa und Oma Demiri lediglich Verwandete in Aachen besuchen. Dort allerdings kam das 60-jährige Familienoberhaupt ins Krankenhaus und erhielt die Diagnose Gehirntumor. Daraufhin beschloss Sohn Elvis, seinen Eltern nach Deutschland zu folgen. "Ich muss doch nach meiner Familie gucken", meint der 39-Jährige. Denn schon daheim in Mazedonien, nahe Skopje, hätten sie alle zusammengewohnt. Der ältere Bruder kann ohnehin nicht allein sein.

Dazu kommt, dass es die Demiris in ihrer Heimat schwer hatten, weil sie der Minderheit der Roma angehören. "Niemand schaut nach den Roma in Mazedonien", sagt Elvis Demiri. Die Arbeitslosigkeit im Land ist hoch, der Freundeskreis Asyl gibt die Quote mit durchschnittlich 48 Prozent an. Bei den Roma liegt sie bei 90 Prozent – sie haben auf dem Arbeitsmarkt erst recht keine Chance.

Diskriminierte Minderheit

"Du bist Zigeuner: weg!" – solche Aussagen hat Elvis Demiri eigenen Angaben nach in Mazedonien zu hören bekommen. "Roma werden in ihren Herkunftsländern stark diskrimiert", erklärt Max Burger vom Freundeskreis Asyl. Dabei sagt er über den 39-Jährigen: "Er ist ein begnadeter Mechaniker."

Das ist der Grund, warum er im Wohnheim in der Unteren Lehrstraße oftmals in der Fahrradwerkstatt anzutreffen ist. Dort setzt der große, langhaarige Mann die Räder instand, die für die Asylbewerber gespendet werden. Geht es nach dem Freundeskreis Asyl, dann soll Elvis Demiri dieses Engagement bald noch ausbauen und als Werkstattleiter angestellt werden. Darüber hinaus sei er eine Art Hausmeister fürs Wohnheim geworden, erzählt Burger.

Was dem 39-Jährigen zugute kommt, ist, dass er bereits Deutsch kann. Seine Familie hatte von 1992 bis 1995, während des Balkankonflikts, schon einmal in der Region gelebt. Damals, erinnert sich Demiri, habe er sogar beim Ferienzauber mitgeholfen. Seit die Familie zurück in Rottweil ist, besucht seine Tochter auch eine Vorbereitungsklasse in der Konrad-Witz-Schule.

Doch obwohl die Demiris eingebunden sind in ihrer neuen Umgebung, obwohl Großvater und der ältere Sohn darauf angewiesen sind, von der Familie versorgt zu werden, wurden ihre Asylanträge abgelehnt. Lediglich Ramush hat kein Nein vorzuweisen – er gilt als nicht geschäftsfähig, weshalb er mangels gesetzlichem Betreuer noch gar keinen Antrag stellen durfte.

Die Helfer haben manches Mal das Gefühl, es ist Glückssache, wer in Deutschland bleiben darf und wer nicht. Inzwischen hat ein Anwalt für die Demiris Klage beim Verwaltungsgericht Freiburg eingereicht. Noch steht die Entscheidung aus, aber allzu optimistisch ist der Freundeskreis Asyl nicht. Bei einem weiteren Nein bleibt nur noch die Möglichkeit eines Härtefallantrags.

Trotz aller Sorgen: Die Demiris wollen dableiben, und sie hoffen auf eine eigene Wohnung. Denn die Krebserkrankung des Großvaters macht die Wohnsituation schwierig. Nachts kommen die Schmerzen, Bajrush Demiri kann nicht schlafen – und die anderen Familienmitglieder dann auch nicht. Doch wie so vieles hängt der Erfolg bei der Wohnungssuche davon ab, ob sie bleiben dürfen.

  "Impulse und Hilfen für Sprachpaten" ist eine Fortbildung für Ehrenamtliche am morgigen Dienstag, 16 bis 18 Uhr, im Kapuziner-Kutschenhaus überschrieben. Referentin ist Christa Demeter-Zernich. Anmeldung unter Telefon 0741/2 80 03 46.

  "Mit Begeisterung, Engagement und frei von Frust – Flüchtlinge integrieren helfen mit Focusing": So heißt ein Seminar der katholischen Erwachsenenbildung und des Freundeskreises Asyl am Freitag, 8. April, 16 bis 20 Uhr. Es geht um Fragen wie: Wie sind wir mit unserer jeweiligen Art? Wie reagieren wir aufeinander? Was bringen wir alles mit und in den Kontakt hinein? Das Seminar findet in der Körnerstraße 23 in Rottweil statt und wird geleitet von Diplom-Psychologin Friedgard Blob. Anmeldung: katholische Erwachsenenbildung (KEB), Telefon 0741/ 24 61 19 und E-Mail info@ keb-rottweil.de.

  "Wir sind gleich, wir sind anders – Roma in Europa": Bei dem Vortrag spricht Rolf Bauerdick über Kultur, Traditionen und politisch korrekte Klischees in Bezug auf die Roma. Der Journalist hat Hunderte Roma-Siedlungen besucht und ein Buch mit dem Titel "Zigeuner – Begegnungen mit einem ungeliebten Volk" geschrieben. Der Vortrag ist am Donnerstag, 14. April, ab 19.30 Uhr im Kapuziner-Refektorium.

  "Ehre den Begleitern": Mit der Veranstaltung am Donnerstag, 19. April, sollen Ehrenamtliche in der Flüchtlingsarbeit unterstützt werden. Sie findet von 19 bis 21 Uhr in der Körnerstraße 23 statt. Anmeldungen bei der KEB.

  "Mein Engagement für Geflüchtete": Das Seminar findet am Dienstag, 3. Mai, von 14 bis 19.30 Uhr im Marienheim, Marktstraße 17 in Schramberg, statt. Anmeldungen nimmt die KEB bis 27. April entgegen.