Angelo Sciammacca bedankt sich mit Blumen bei Sieglinde Hauser für die zuverlässige Mitarbeit in seinem Salon.Foto: Meene Foto: Schwarzwälder Bote

Handwerk: 82-jährige Friseurin geht nach 66 Jahren in den Ruhestand / Corona erleichtert den Abgang

Sieglinde Hauser legt nach 66 Jahren die Schere weg: Corona-bedingt trifft die 82-jährige Friseurin die Entscheidung, endgültig in den Ruhestand zu gehen. Ihre treusten Kunden begleiten sie bereits seit ihrer Lehre.

Rottweil. Nach 66 Jahren ist nun Schluss: Sieglinde Hauser geht in den Ruhestand. Seit ihrer Lehre im Jahr 1954 war die 82-Jährige als Friseurin tätig. Zuletzt arbeitete sie in einer Filiale des Salons Angelo in der Helios-Klinik in Rottweil.

Bis zum Schluss sei ihr die Entscheidung, endgültig in den Ruhestand zu gehen, schwer gefallen. "Ich habe nie verstanden, wieso sich alle auf die Rente gefreut haben", erklärt die Friseurin, die in Zimmern ob Rottweil aufgewachsen ist und dort bis heute mit ihrem Mann wohnt. "Solange man schaffen kann, dann ist man auch noch jemand." Und auch Willi Hauser, ihr Ehemann bezeugt, sie sei immer mit Ehrgeiz und Spaß bei der Arbeit gewesen. Davon habe sie auch nie jemand abbringen können.

Bei ihrer Hochzeit sei sie vom Geschäft direkt zum Standesamt nach Aldingen gefahren. Sogar danach habe sie sich wieder wie gewohnt an die Arbeit gemacht. Selbst bei der Geburt des eigenen Kindes habe sie bereits nach zwei Tagen wieder zur Arbeit wollen, witzelte ihr Ehemann. "Nur Zuhause zu bleiben war für mich nie was", erklärt die langjährige Friseurin.

Zu der großen Leidenschaft zu ihrem Beruf hätten auch ihre Kunden einen großen Teil beigetragen. Viele von ihnen seien ihr schon seit mehreren Jahrzehnten und über mehrere Salonwechsel treu geblieben.

Entscheidung fiel schwer

Hauser erzählt stolz, sie habe Kundinnen gehabt, die sie bereits für ihre Hochzeit frisierte hatte. 50 Jahre später seien diese dann erneut zur Goldenen Hochzeit vor ihr auf dem Friseurstuhl gesessen. Ihre treuste Kundin begleite sie sogar schon seit ihrer Lehre.

Schon seit längerer Zeit habe sie gemeinsam mit ihrem Mann und ihrer Familie überlegt, wann der richtige Zeitpunkt sei, sich von dem geliebten Beruf zu verabschieden. In den vergangenen Jahren hat sie noch zwei Tage in der Woche in dem Salon gearbeitet. Doch sie habe sich nie überwinden können, Friseurschere und Kamm komplett zur Seite zu legen.

Die Entscheidung wurde ihr dann durch die aktuelle Situation durch Corona teilweise abgenommen. Die Filiale in der Helios-Klinik, in der Hauser zuletzt gearbeitet hatte, musste zu Beginn des Lockdowns im März vorerst geschlossen werden. Aufgrund des Standorts in der Klinik durfte der Salon jedoch nicht, wie die meisten anderen nach einigen Wochen wieder öffnen. Wann Sieglinde Hauser wieder ihrer Leidenschaft nachgehen durfte, war unklar. Dies sei für sie dann das endgültige Zeichen gewesen. Mit den Worten "Ich mach jetzt den Abgang", habe sie diese Nachricht dann telefonisch ihrem Chef Angelo Sciammacca mitgeteilt.

Sciammacca, der neben dem Salon in der Heliosklinik noch seine Hauptfiliale, den Salon Angelo in Villingendorf, betreibt, hat viel Verständnis für diese Entscheidung und lobt bei der Verabschiedung am Mittwoch ihre gewissenhafte und selbstständige Arbeitsweise.

Enge Freundschaften

Mit einer Urkunde, einem Strauß Blumen und einem kleinen Präsent bedankte er sich bei ihr für die letzten 17 Jahre zuverlässige Mitarbeit in seinem Salon. "Die Liebe zum Beruf hat man immer gemerkt. Für sie war der Beruf nicht nur das Frisieren, sondern auch eine enge Freundschaft zu ihren Kunden." Außerdem erinnert er sich noch an eine Geschichte aus der ersten Woche, als Hauser bei ihm in Salon angefangen habe: Sie sei auf dem Weg zur Arbeit gestürzt und sei im Gesicht verwundet gewesen. Die Verletzungen war so groß, dass sie in der Klinik genäht worden musste. Sciammacca habe sie zur Erholung nach Hause schicken wollen, doch Hauser habe daraufhin den Kaffee der wartenden Kunden bezahlt und sich wieder an die Arbeit gemacht. Heute können die beiden über diese Geschichte lachen.

"Es gibt schon Tage, wo es mir arg fehlt", sagt Hauser über das Niederlegen ihrer Arbeit. Doch sie freue sich auch darauf, in Zukunft mehr Zeit fürs Wandern und das Zusammensein mit der Familie aufbringen zu können.