Keine Taube in Sicht: Die Population in der Innenstadt hat sich durch das Engagement von Arzu Paj und ihrem Verein deutlich verringert.Foto: Otto Foto: Schwarzwälder Bote

Tierschutz: Rottweiler Modell gegen die Tauben-Population wird jetzt auch in Tuttlingen übernommen

Was für eine Zahl, was für eine Heidenarbeit: Rund 380 Eier pro Monat werden von Arzu Paj und ihren Helfer in den Taubenschlägen in Rottweil inzwischen durch Toneier ausgetauscht, um die Population der Tiere weiter einzudämmen – mit Erfolg. Jetzt wird das Rottweiler Modell auch in Tuttlingen übernommen.

Rottweil. Arzu Paj, die sich seit Jahren für die tiergerechte Reduzierung der Taubenzahl einsetzt und die den Verein "Rottweiler Stadttauben" gegründet hat, ist so leicht nicht aus der Ruhe zu bringen. Aber wenn sie hört, dass es immer noch Menschen gibt, die ihren Einsatz falsch verstehen, gerät sie doch etwas aus der Fassung. So hat sich ein Leser – ohne seinen Namen zu nennen – jetzt in einem Brief an den Schwarzwälder Boten gewandt und sich über die Aktivitäten des Vereins geärgert. Schließlich sei das Füttern von Tauben verboten und es sei kein Wunder, dass sich die Tauben ihr Futter nicht mehr draußen in der Natur holen. Tierschützerin Paj kann darüber nur den Kopf schütteln. Dies zeige ihr, dass weiter viel Aufklärungsarbeit betrieben werden müsse. Denn die Tauben werden in den Schlägen natürlich nicht gefüttert, damit sie sich fröhlich vermehren können. Sie werden mit dem Futter angelockt, um dann, wenn sie brüten, die Eier durch Toneier austauschen zu können.

380 Küken weniger

"Das ist eine ganz logische Sache. 380 ausgetauschte Eier pro Monat, das heißt 380 Taubenküken weniger für Rottweil", sagt Paj. Tauben seien sehr standorttreu.

"Die Tiere sind ja in der Stadt. Es gibt sie und wir locken sie auch nicht von woanders her an." Außerdem seien Stadttauben eben keine Wildtiere, sondern ausgewilderte Haustiere. "Der Mensch hat sie dazu gemacht. Und jetzt haben wir sie eben."

Die "Taubenplage" in Rottweil und die damit einhergehenden Verschmutzungen haben vor Jahren zu hitzigen Diskussionen geführt. Verschiedene "Gegenmittel" standen in der Diskussion, darunter auch welche, die sich mit dem Tierschutz nicht vereinbaren lassen.

Arzu Paj und einige Mitstreiter setzen seither mit großem Engagement und mit Unterstützung der Stadt auf die tierfreundliche Variante, die auch in anderen Städten umgesetzt wird: In betreuten Taubenschlägen auf Dachböden in der Oberen Hauptstraße, im Haus Rapp am Kapellenturm, im alten Feuerwehrgerätehaus sowie im Taubenturm am Nägelesgraben werden die Eier der Tiere ausgetauscht. Und zwar jeden Tag. "Wir putzen die Schläge auch täglich", sagt Paj. 450-Euro-Kräfte helfen bei der aufwendigen Arbeit. "Jemanden zu finden, der freiwillig mitmacht, ist schwierig", bedauert sie. Dabei benötige sie dringend mehr Unterstützung und vor allem Geld, denn der Bedarf ist weiter da.

Weitere Brennpunkte

Während in der Innenstadt die Population deutlich eingedämmt werden konnte, gibt es weitere Brennpunkte, weiß sie. Dazu gehören der Hegneberg, die Altstadt und die Gegend beim Landgericht. "Die Leute, die da wohnen, tun mir leid", sagt Paj, sie erhalte oft Anrufe mit der Aufforderung, dort tätig zu werden. Allerdings seien dafür weder ausreichend Geld noch die Helfer vorhanden. Ohnehin greift die Tierschützerin stetig in die eigene Tasche, um alles am Laufen zu halten.

Ihr Engagement macht Schule: In Tuttlingen wurde jetzt ein Verein nach Rottweiler Vorbild gegründet. Dort will man auf gleichem Weg die Taubenpopulation eindämmen. "Die Leute aus Tuttlingen waren hier bei mir und haben sich alles angeschaut", berichtet Arzu Paj.

Auch Villingen sei dran, etwas in dieser Richtung auf den Weg zu bringen. Wer in Villingen in der Innenstadt einen Kaffee trinke, werde den Unterschied zu Rottweil deutlich merken. "Da gibt es viele bettelnde Tiere", sagt Paj. "Und jetzt schauen sie sich mal bei uns in der Innenstadt um." In der Tat: Während des ganzen Gesprächs ist zumindest in der Oberen Haupstraße keine einzige Taube in Sicht. Nur oben von einem Dach hört man eine gurren.

Weitere Informationen: www.rottweiler-stadttauben.de, Telefon 0176/24262742