Naturschutz: Stadt Rottweil stellt Behörden "Terra-Rotta"-Projekt vor / Initiative von Albert Schmidt
Die Stadt erprobt ein altes wie wirksames Verfahren: Aus Grünschnitt und Laub wird wieder Erde – Terra Preta genannt. Natur- und Umweltschützer feiern diesen Boden. Dass es so etwas in Rottweil gibt, ist vor allem dem städtischen Mitarbeiter Albert Schmidt zu verdanken.
Rottweil. Der Schwabe würde schmatzen sagen. Was ein Qualitätsmerkmal für einen gelungenen Kartoffelsalat ist – das Schmatzen – ist ebenso Ausdruck hoher Qualität für die schwarze Masse, die Albert Schmidt, städtischer Mitarbeiter im Bereich Grünanlagen, in der Hand hält. Wenn er die Finger zur Faust formt, dann gibt diese Masse wie ein Schwamm nach – und schmatzt. Albert Schmidts Augen funkeln. Genau so muss es sein, dann ist gelungen, womit er vor Wochen und Monaten begonnen hat.
Albert Schmidt ist halb Brasilianer, halb Schwabe. Was der 50-Jährige auf einem eingezäunten Gelände auf der Saline macht, ist in seiner anderen Heimat seit Jahrzehnten gang und gäbe. Er weiß noch, wie er als Jugendlicher zu Hause im Amazonasgebiet einen Meter tief graben konnte und sich nichts anderes als schwarze Erde auftat. Am Amazonas schütten die Menschen fast alles zusammen: Essensreste, Gartenabfälle und Holzkohle. Mit der Zeit wird daraus wertvoller Boden – Terra Preta genannt.
So ungestüm geht es auf der akkurat gepflegten Fläche auf der Saline freilich nicht zu. Dort werden Grünabfälle städtischer Flächen gesammelt und mit zertifizierter Pflanzenkohle sowie Bio-Gülle unter den strengen Augen der Behörden vermischt. In kurzer Zeit entsteht der wertvolle, tiefschwarze Boden, der gerade in Zeiten des Klimawandels seine Vorzüge auszuspielen weiß. Der Boden ist nährstoffreich, verfügt über eine gute Düngewirksamkeit, speichert Wasser und bindet Kohlenstoff.
Inzwischen hat der Boden seinen Siegeszug durch die halbe Welt angetreten. Die Fanschar wird groß und größer. Dazu gehören auch Jutta Steffens und Raymund Holzer von den Arbeitskreisen Umwelt und Klimaschutz der Lokalen Agenda. Sie sind am Montag dabei, als bei einem Behördentermin Bürgermeister Christian Ruf, Albert Schmidt und seine Kollegin Carmen Biber den aktuellen Stand des Terra-Rotta genannten Projektes vorstellen.
Gut für Klima und Kasse
Involviert sind neben der Lokalen Agenda das Gewerbeaufsichtsamt und der Klimaschutzbeauftragte des Landkreises, das Regierungspräsidium Freiburg, die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg und das Bürgerforum Perspektiven Rottweil.
Auch die Geschäftsführerin der Leader-Geschäftsstelle Oberer Neckar, Angela Blaes, ist am Montag vor Ort. Der Leader-Auswahlausschuss hat das Projekt als förderfähig eingestuft. Von der Europäischen Union gibt es 18 000 Euro bei Gesamtkosten von netto 45 000 Euro, so Bürgermeister Ruf. Dieses Geld wird unter anderen in eine Maschine investiert, die die verschiedenen Bestandteile des Bodens miteinander vermengt.
Wozu Terra Preta imstande ist, veranschaulicht Schmidt. Im vergangenen Jahr hat er Samen von Senfpflanzen auf einem Versuchsfeld ausgebracht. Ein Teil des Feldes bestand aus herkömmlicher Erde, ein anderer aus schwarzer Erde. Auf den Bildern, die Schmidt in gewissen Zeitabständen machte, ist eindrucksvoll zu sehen, um viel besser die auf Terra Preta ausgebrachten Keimlinge sich entwickelten.
Nicht nur für die Umwelt und das Klima ist die Schwarzerde ein Gewinn, der städtische Haushalt könnte entlastet werden. Allein die Entsorgung von Grünschnitt und Laub von städtischen Flächen kostet die Stadt jährlich 69 000 Euro. Noch nicht berücksichtigt ist dabei, was sich die Stadt spart, sollte weniger gedüngt und gewässert werden müssen.
Terra Preta – ein Anfang ist gemacht. Jetzt kommt es darauf an, dass das Projekt richtig gedeiht und die dunkle Erde weiterhin schmatzt.