So ein Geschäftsjahr wie 2020 hat Steffen Faulhaber (Bikebox in Neufra) in mehr als zwei Jahrzehnten noch nicht erlebt. Foto: Nädele Foto: Schwarzwälder Bote

Corona-Pandemie: Bikebox-Chef Steffen Faulhaber beweist in der Krise den richtigen Riecher

Mehr Freizeit für den Familienausflug, ein wachsendes Gesundheitsbewusstsein oder auch Angst vor der Fahrt in Bus und Bahn in Zeiten von Corona – aus welchen Gründen auch immer: Das Fahrrad wird immer beliebter. Und der Handel gehört zu den Gewinnern der Krise.

Rottweil. Wer im Moment nach einem Zweirad sucht und dabei vielleicht sogar ein bestimmtes Modell im Sinn hat, kann es schwer haben. Im Handel vor Ort wird er oftmals vertröstet, online sieht es nicht anders aus. Von Lieferterminen auf den Winter hin oder gar erst im nächsten Jahr ist die Rede – vor allem, wenn der neue Drahtesel ein E-Bike sein soll.

Die sind mitunter so gefragt, dass bei einem Händler in Rottweil die Frage nach einem Preisnachlass mit einem mitleidvollen Lächeln beantwortet wird: Alle Räder, die hier stehen, seien auch ohne Rabatt bis heute Abend verkauft.

"Ein Gewinner der Krise? Man traut es sich fast nicht zu sagen, aber es ist so." Steffen Faulhaber von der Bikebox in Neufra hat im Moment mit seinem mehr als 40-köpfigen Team alle Hände voll zu tun. Gründe sieht er dafür verschiedene: Zum einen sei zu Beginn der Pandemie das Ladengeschäft drei Wochen geschlossen gewesen. Da habe sich also etwas aufgestaut – auch an Bestellungen aus 2019, da es ja noch früh im Jahr war. Gleichzeitig hätten die Corona-Einschränkungen dazu geführt, dass mehr Menschen Radfahren. "Sonst wären sie vielleicht schwimmen gegangen, um sich sportlich zu betätigen, jetzt steigen sie aufs Rad." Und immer wieder höre er auch, dass dieses Jahr die Urlaubsreise ausfalle und man sich deshalb ein E-Bike gönne. "So kommt manches zusammen."

Im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet er ein Plus von 40 Prozent: "Eine Mega-Aufgabe, die es zu bewältigen gilt". Gerade zu Beginn nach der Wiederöffnung hätten Kunden dann manchmal zwei bis drei Wochen warten müssen, bis ihr neues Rad fertig montiert war. Nicht jeder habe da die nötige Geduld gezeigt. "Wir arbeiten was geht und geben unser bestes, doch mehr geht eben nicht" – trotz Zwei-Schicht-Betrieb von morgens 6 Uhr bis abends 22 Uhr.

Faulhaber kommt dabei zugute, dass er für die verstärkte Nachfrage schon frühzeitig einen Riecher gehabt hat. Er hat sein Lager daher gut gefüllt. Er kann nicht nur für die geführten Radtouren in Rottweil (wir berichteten) Leihräder zur Verfügung stellen, sondern auch Kaufinteressenten noch eine Auswahl bieten. Andere waren da bei der Jahresorder konservativer und haben sich stärker an den Vorjahreszahlen orientiert. Doch Faulhaber weiß, dass selbst Weltfirmen mit jahrzehntelanger Erfahrung in diesem Jahr mit ihrer Planung daneben lagen und leergelaufen sind – bereits jetzt ist die komplette Jahresproduktion weg. "Das ist schon eine total verrückte Zeit."

Kopfzerbrechen bereitet Steffen Faulhaber derzeit die Planung für das kommende Jahr. Hält der Boom an, gibt es eine Delle, zeigt sich das Wetter eher fahrradunfreundlich? "Ich bin jetzt über 20 Jahre in der Branche, aber so etwas hab ich noch nicht erlebt", sagt Faulhaber.