Voller schöner Erinnerungen wieder in der Heimat: Robert und Rosemarie Reuter. Foto: Otto Foto: Schwarzwälder-Bote

Tansania: Ehepaar Reuter wagt ungewöhnlichen Start ins Rentenalter / Aus Fremden werden Freunde

Von Corinne Otto

Den Einritt ins Rentenalter gestaltet jeder ein bisschen anders. Rosemarie und Robert Reuter aber haben mit ihren Plänen alle überrascht – ein bisschen auch sich selbst: Für ein Jahr ging das Hausener Ehepaar nach Tansania. Jetzt sind sie zurück – das Herz ist aber immer noch ein bisschen in Afrika.

Rottweil-Hausen. Wer bei Reuters im schönen Wintergarten sitzt, umgeben von üppigen Blumen und Grünpflanzen, kann kaum glauben, dass das Haus ein ganzes Jahr leer stand. "Wir hatten sehr viel Unterstützung, Freunde und Familie haben sich um alles gekümmert", freut sich das Ehepaar. Dabei hatten sie zunächst ungläubige Blicke geerntet, als sie von ihren Plänen erzählten.

Schon seit langem hatten sie sich vorgenommen, etwas gemeinsam zu machen, sich irgendwo einzubringen, sobald sie beide nicht mehr berufstätig sind. "Aber dass wir nach Tansania gehen würden, damit hätten wir selbst nie gerechnet", schmunzelt Rosemarie Reuter. Die Idee kam durch Oberin Marieluise vom Vinzenz-von-Paul-Hospital in Rottweil zustande. Robert Reuter war dort 43 Jahre als Schreiner und stellvertretender technischer Leiter tätig. Man kam auf die Missionsarbeit des Untermarchtaler Ordens in Tansania zu sprechen – und ob Reuter sich vorstellen könnte, dort zu helfen. 2013 wurde die Idee konkret. Reuters wollten es wagen. Dabei wussten sie zunächst nicht genau, was auf sie zukommt. "Das war wahrscheinlich auch gut so", lacht der 66-Jährige.

Es folgten eineinhalb Jahre Vorbereitung: Sprachkurs, Landeskunde, Auto verkaufen, Haus und Katzen versorgen. Und dann ging es im Oktober 2014 los – mit 46 Kilo Gepäck. Ziel: Mbinga, wo die Vinzentinerinnen aus Untermarchtal seit Jahrzehnten vielfältig wirken. Es gibt Bildungseinrichtungen, Werkstätten, Krankenpflege- und Haushaltungsschulen und vieles mehr.

Klar war für Robert Reuter, dass er sein handwerkliches Geschick einbringen wollte. Die Aufgabe, die dann aber auf ihn wartete, verlangte ihm einiges mehr ab: Es galt, ein Seminarhaus am 70 Kilometer von der Unterkunft in Mbinga entfernten Njassasee fertig zu bauen. Das Projekt war schon vor Jahren gestartet und dann ins Stocken geraten. "Auf uns wartete eine Ruine", erzählt der 66-Jährige. Schnell sei für ihn klar gewesen, dass er das Projekt zu einem der Tansanier machen muss. Er beschäftigte Handwerker vor Ort und besorgte Material mit Hilfe von Einheimischen – zum Teil mit dem Linienbus aus dem 1200 Kilometer entfernten Daressalam.

Das Werkzeug kommt auch mal mit dem Bus

"Ich habe den Menschen dort vertraut, und mein Vertrauen wurde nie enttäuscht", ist Robert Reuter begeistert von der Mentalität der Tansanier. Seine Frau, eigentlich gelernte Floristin, unterstützte ihn bei Planungsaufgaben und beim Dolmetschen, und so ging der Ausbau des dreistöckigen Hauses voran – unter schwierigen Bedingungen: "Es gab keinen Strom, keinen Kran", erzählt Rosemarie Reuter, die das Improvisationstalent der Menschen dort bewundert. "Irgendwie ging es immer."

Die Ankunft der Reuters auf der Baustelle am abgelegenen See wurde jedesmal gefeiert. "Wir hatten auch immer gutes Essen für alle aus der Stadt dabei", erzählt das Ehepaar. Beide schildern mit leuchtenden Augen, wie liebenswürdig und offen die Menschen dort sind. "Die Einheimischen, das waren unsere Freunde." Gerade bei der Arbeit am See sei man eine große Familie gewesen. "Wir haben viel mehr mitgenommen, als wir dort gelassen haben", sagt Robert Reuter. Die Dankbarkeit der Menschen, ihre Hilfsbereitschaft, die vielen freundlichen Worte, zu ihnen, den fremden Weißen – all das hat sie sehr beeindruckt und geprägt.

Bis zu ihrer Heimreise im vergangenen Oktober haben sie alle Kraft in das Bauprojekt gesteckt – inzwischen ist das Seminarhaus fast fertig. "Die Menschen dort sind sehr bildungshungrig", erzählt Robert Reuter, der davon überzeugt ist, dass das Haus gut genutzt werden wird. "Wir können so dazu beitragen, dass die Menschen in ihrer Heimat gut weiterleben können." Auch ein Wasserprojekt wurde nebenher realisiert.

Von den offenen Tansaniern hat der 66-Jährige noch etwas gelernt, wie er schmunzelnd sagt: das Reden. Deshalb hält Reuter, gebürtiger Mariazeller und seit 1979 in Hausen wohnhaft, nun gerne Vorträge, um den Menschen hier Tansania näherzubringen. Auch einen Verein wollen die Reuters gründen, um mit Spenden direkt vor Ort helfen zu können.

"Wann kommt ihr wieder?", war die viel gestellte Frage bei ihrem Abschied in Tansania. Und Reuters wollen noch in diesem Jahr wieder hinfliegen – am liebsten zur Einweihung des Seminarhauses. "Wir haben tatsächlich Heimweh – nach Afrika."

Weitere Informationen: Kontakt: Rosemarie und Robert Reuter, Telefon 0741/33488.