Rund 300 Menschen beteiligen sich am Freitag an der Klimaschutz-Demonstration in Rottweil. Fotos: Nädele Foto: Schwarzwälder Bote

Umwelt: Fridays-for-Future-Demo zieht rund 300 Klima-Aktivisten in die Stadt / Konsumverhalten angemahnt

Rottweil. Als um 11.30 Uhr die Glocken des Helig-Kreuz-Münsters läuten, sind in der Stadt gerade einige Touristengruppen mit ihren Stadtführer unterwegs. Der Blick geht nach oben zu den schönen Erkern, die Sonne lacht. Fotowetter. Eine halbe Stunde später sind es nicht mehr die schönen Fassaden, die mit Smartphones und Fotoapparaten abgelichtet werden – es ist die Fridays-for-Future-Demo, die sich lautstark in der Oberen Hauptstraße Bahn bricht. Wie schon bei den Demonstrationen in den Wochen und Monaten zuvor kommen die Sprechchöre nicht bei jedem an. Manche Passanten schütteln den Kopf, halten sich demonstrativ die Ohren zu.

Rund 300 Teilnehmer sind es laut Orga-Team diesmal, darunter zahlreiche Familien, teils mit Babys, und viele Senioren, die sich an der Klimaaktion beteiligen. Fünf Polizisten regeln das Drumherum, sorgen dafür, dass keine Autos in die für die Demo gesperrte Hochbrücktorstraße hineinfahren. Die Lage ist entspannt, sagt eine Polizisten am Rande und lächelt. Es gibt an diesem Freitagvormittag sicherlich unangenehmere Einsätze.

Die Sprechchöre, die von den Demonstranten angestimmt werden, aber auch die Schilder und Plakate ähneln jenen der vergangenen Fridays-for-Future-Demos, doch diesmal ist etwas anders. Während Eltern, Senioren, Schüler und Kinder fürs Klima auf die Straße gehen, wird in Berlin noch um das Klimapaket gerungen. Bei vielen schwingt das mit. "Warum ist dieser Streik heute so wichtig?", fragt Anna Albrecht, eine der Organisatorinnen der Fridays-for-Future-Bewegung in Rottweil später in die Runde. "Weil sich die politischen Entscheidungsträger heute mit unserem Thema befassen." Dass man sich in Rottweil als Teil von etwas Großem sieht, das wird an diesem Freitag greifbar.

Ute Falkner aus Hausen ist mit ihrem Mann und ihren drei kleinen Töchtern das erste Mal gemeinsam bei der Klima-Demo dabei. Die Familie will Kante zeigen. Warum? "Wir sehen eine Veränderung in der Welt. Wir wissen nicht, in was für einer Welt unsere Kinder einmal aufwachsen und das erschreckt uns", betont die Mutter.

Weiter vorn im Tross der Demonstranten wird der Kohleausstieg thematisiert. "Hey, hey, wer nicht hüpft, der ist für Kohle", ruft einer der Teilnehmer in das Mikrofon. Und die Demonstranten hüpfen – selbst die älteren, wie Roswitha Krzyzaniak, die am Freitag ihren 83. Geburtstag feiert. Sie begleitet den Sprechchor mit ihrer Bongo. "Es gibt wichtigeres als meinen Geburtstag", sagt die Seniorin mit einer gewissen Strenge in der Stimme. "Es geht um die Zukunft nachfolgender Generationen. Ich habe Enkelkinder. Es geht um ein neues Umweltbewusstsein. Jeder muss seinen Beitrag leisten", betont sie.

In diese Richtung weisen auch die Redebeiträge während der Kundgebung vor dem Alten Rathaus. Tobias Raffelt aus Oberndorf etwa mahnt zur Selbstreflexion am Beispiel des verheerenden Brandes des Amazonas – "der Lunge unserer Erde". Er macht als den Schuldigen "unseren absurden Fleischkonsum" aus. Dieser sei Grund für Massentierhaltung, die wiederum als Nahrungsquelle Sojabohnen benötige, für die große Flächen des Amazonas gebrandrodet werden. "Wir haben eine Teilschuld. Entscheidend ist unserer Nachfrage nach Fleisch", mahnt Raffelt und schließt mit einem Ghandi-Zitat, für das es viel Applaus gibt: "Sei du selbst die Veränderung, die du dir für diese Welt wünschst."

Verena Niedermann-Wolf, selbst bekennende "Oma for Future", kritisiert die zunehmende "Zersiedelung" der Landschaft, wie sie es nennt. Als Beispiel führt sie das Neubaugebiet in Göllsdorf an. Aber auch den geplanten Abriss und Neubau des Landratsamtes tadelt sie. Jener sei eine große Ressourcenverschwendung. "An die Umwelt zu denken, ist überlebenswichtig", mahnt sie und trifft damit bei den Demonstranten einen Nerv. Sie sei von der ersten Demo an dabei und finde es toll, "dass ihr abstellt, dass unser eigenes Konsumverhalten" maßgeblich am Klimawandel schuld sei.

Roswitha Krzyzaniak applaudiert auch. In ihrer aktiven Zeit als Lehrerin habe sie Kindern und Jugendlichen versucht zu lehren, was heute bei der Demo gefordert wird. Im Grunde gehe "es um die Entwicklung eines ethischen Bewusstseins". Das sei sehr wichtig. "Das eigene Gewissen als Richtschnur." Und dem sei jeder verpflichtet.