Die Betreiber möchten das Eiscafé barrierefrei machen. Foto: Otto

Diskussion im Bauausschuss: Rampe könnte für Ungleichgewicht sorgen. Barrierefreiheit im Stadtkern nicht ganz einfach

Rottweil - Ist es von "öffentlichem Nutzen", wenn man künftig auch über eine Rampe in ein beliebtes Eiscafé gelangen kann? Diese Frage wurde am Mittwoch im Bauausschuss diskutiert, denn: Die vom Betreiber gewünschte neue Rampe sehen einige als enormen Eingriff in das Erscheinungsbild des Gebäudes.

Fakt ist: Wer gehbehindert ist oder einen Kinderwagen mitnehmen möchte, kommt derzeit nur schwerlich ins Eiscafé Venezia in der unteren Hauptstraße. Gleich zwei Treppen müssen am Haupteingang in der Mitte des Hauses überwunden werden. Zudem wird der Eingang auch von Mietern und Eigentümern der oberen Stockwerke benutzt. Das Servicepersonal geht ein und aus – manchmal geht es eng zu. Der Betreiber will das – ganz im Sinne der Barrierefreiheit – ändern und an Stelle des Schaufensters ganz links an der Gebäudefront einen weiteren Eingang schaffen. Der wiederum soll über Treppen und eine Rampe erreicht werden können.

An Friedhofskapelle tut sich nichts

In der Vergangenheit hat sich allerdings mehrfach gezeigt, dass Rampen in der historischen Kernstadt eine problematische Sache sind. Jüngstes Beispiel ist der neue Zugang zu einem Modegeschäft in der Hochbrücktorstraße, der heftig diskutiert wurde und vielen zu groß ausgefallen ist. Und an der Friedhofskapelle gibt es zum Ärger vieler Bürger trotz jahrelanger Planung immer noch keinen barrierefreien Zugang. Ein Entwurf der Stadt wurde vom Landesdenkmalamt abgelehnt.

Die geplante Rampe beim Eiscafé – das Gebäude ist ein Kulturdenkmal gemäß Paragraf 2 des Denkmalschutzgesetzes – trieb nun bereits den Mitgliedern des Sanierungsbeirats die Sorgenfalten auf die Stirn. Es wird befürchtet, dass das Gebäude durch den weiteren Zugang seine Symmetrie verliert. "Das Vorhaben wurde sehr kontrovers diskutiert", berichtete Jürgen Mehl (SPD) im Bauausschuss.

Fachbereichsleiter Lothar Huber merkte an, dass das Haus die erste große Beeinträchtigung schon vor vielen Jahren durch den Einbau der drei großen Schaufenster erfahren habe. Beim nun geplanten Vorhaben könne von einer "optischen Verträglichkeit" ausgegangen werden. Bei der Rampe handle es sich um eine kleine Version, der Platz sei durch Bürgersteig und Bushaltestelle begrenzt. Sie wird auf einer Länge von 1,60 Metern einen Höhenunterschied von 32 Zentimetern ausgleichen und ragt 1,10 Meter von der Außenwand weg. Der Wermutstropfen: Um hundertprozentige Barrierefreiheit zu erreichen müsste die Rampe größer sein. Die Auffahrt von Westen her ist mit rund 20 Prozent Steigung relativ steil, "aber überwindbar", so Huber. Die Behindertenbeauftragte der Stadt, Ruth Gronmayer, könne sich mit dieser Kompromisslösung anfreunden, schließlich sei sie "besser als nichts".

Hermann Breucha (FWV) kritisierte, dass das linke Fenster nach dem Umbau durch die geplante Falttür untergliedert ist, die anderen aber nicht. Hier müsse ein einheitliches Bild geschaffen werden – das hatte auch der Sanierungsbeirat gefordert. Dass die Rampe nicht rollstuhlgerecht im klassischen Sinne ist, bedauerte sein Kollege Martin Hielscher. Wenn es schon so einen Eingriff gebe, sei das schade. Karl-Heinz Weiss (FWV) regte an, die Rampe in Richtung Stadtmitte zu verlängern, um die Steigung abzumildern. Zwar ist Durchgang zwischen den Häusern davon betroffen, doch es müsste machbar sein, stellte Lothar Huber in Aussicht.

Für Hubert Nowack (FFR) ist übrigens klar, dass solch ein Zugang sehr wohl von öffentlichem Nutzen sei. Bei einem Nein (Mehl) und einer Enthaltung (Breucha) wurde dem Vorhaben im Wege der Anhörung zugestimmt.

Neuer Eintrag für den Online-Führer

Ist die Rampe erstellt, können sich die Initiatoren des Projekts "Hürdenlos" über einen neuen Eintrag freuen. Der Online-Führer zeigt auf, wo Menschen mit körperlichen Einschränkungen oder Senioren mit eingeschränkter Mobilität im Landkreis barrierefreien Zugang zu Gebäuden haben. Seit dem Startschuss im Juni werden eifrig Daten gesammelt – und dank Projekten wie dem am Eiscafé kommen stetig neue hinzu.