Foto: Thomas Riedlinger

Bei den Tagen der offenen Tür der Eisenbahnfreunde wird gefachsimpelt. Auf der Lok gibt's leuchtende Augen.

Rottweil - Zahlreiche Besucher ließen es sich am Wochenende nicht nehmen, die Dampftage der Eisenbahnfreunde Zollernbahn beim Rottweiler Bahnhof zu besuchen, den Lokschuppen zu inspizieren oder auf dem Führerstand einer Dampflok mitzufahren, um so die Atmosphäre hautnah zu erleben.

Weich setzt sich die Lok in Bewegung, trotz ihrer 130 Tonnen Gesamtgewicht mit dem Kohlentender. Die Räder knirschen auf den Gleisen, im Führerstand herrscht mit den sechs Anwesenden schon drangvolle Enge. Und doch ist es für die Mitfahrer eine echter Höhepunkt, massiven Maschinenbau vom Feinsten nicht nur erleben, sondern auch anfassen zu dürfen.

Die Lok, auf der die Besucher mitfahren dürfen, stammt aus dem Jahr 1944, damals in Österreich gebaut, erläutert Lokführer Rainer Höschele bereitwillig. Angetrieben wird sie von einem Zweizylinder-Aggregat, Motor zu sagen wäre bei weitem untertrieben. Denn das Trumm hat auf jedem Zylinder eine Bohrung von 600 Millimetern und einen Hub von 660 Millimetern, den Hubraum kann man dadurch leicht ausrechnen.

Der Heizer muss ordentlich schaufeln

Und doch lassen sich die 1600 Pferdestärken sehr genau dosieren. Mit fünf mittelgroßen Wagen wie dem gegenüber stehenden Speisewagen, der auch heute als Bordrestaurant dient, verbraucht die Lok rund 1,5 Tonnen Kohle pro 100 Kilometer Fahrtstrecke. Und die wollen vom Heizer erstmal in den Brennraum geschaufelt werden.

Viel Arbeit haben sich die Eisenbahnfreunde Hohenzollern unter der Führung von Klaus Bogenschütz und Marc Teschner auch mit ihrem neuesten Projekt an Land gezogen: Die vereinseigene Schnellzug-Dampflokomotive 01 519 aus dem Jahr 1936 wird wieder betriebsbereit gemacht. Ursprünglich von Henschel & Sohn in Kassel gebaut, war sie die meiste Zeit ihres aktiven Lebens in Dresden, Erfurt, Wittenberge oder Saalfeld im Einsatz. 1995 kam sie zu den Eisenbahnfreunden Zollernbahn nach Tübingen, seit 2007 steht sie nun in Rottweil.

Da naturgemäß nicht alle anfallenden Arbeiten von den eigenen geübten Schraubern selbst erledigt werden können, müssen die Eisenbahnfreunde viel Geld in die Hand nehmen. Rund 300.000 Euro werden insgesamt fällig, bis die Lokomotive wie geplant dieses Jahr im Herbst wieder unter Dampf stehen kann. Es fehlen immer noch etwa 100.000 Euro für die Restaurierung der 01 519. Deshalb ist auch der Erlös der diesjährigen Dampftage für diese Instandsetzung gedacht.

Dafür helfen nicht nur die Mitglieder und ihre Familienangehörigen bei den Tagen der offenen Tür kräftig mit, zusätzlich zieht die Modellbahnbörse sowie der Bücher- und Souvenirverkauf auf dem Gelände viele Blicke auf sich und es wird gefachsimpelt. Und damit die neugierigen Gäste nicht vom Fleisch fallen, werden sie mit Speis und Trank verköstigt.

Leuchtende Augen von Fans jeder Altersstufe oder auch das breite Grinsen, wenn die abfahrende Lokomotive laut pfeift, sind der Lohn für die Anstrengungen der insgesamt rund 450 Vereinsmitglieder – allerdings ist das noch nicht genug. Deshalb werden an Ostern wieder die beliebten "Schwarzwaldbahn Erlebnisfahrten" veranstaltet: mit einem Sonderzug, gezogen von der zweiten vereinseigenen Lokomotive 52 7596, auf der am Wochenende auch im Führerstand mitgefahren werden durfte, werden die Eisenbahnfreunde von Rottweil über Villingen-Schwenningen, St. Georgen und Triberg bis nach Hausach und wieder zurück dampfen und dabei 37 Tunnel passieren.