Mal geht es runter, dann wieder rauf mit der Wirtschaft – jetzt sind alle Branchen durch die Pandemie gebeutelt. Doch es gibt Hoffnung.Grafik: Kleinau Foto: Schwarzwälder Bote

Corona-Folgen: IHK-Leiter Standortpolitik spricht über wirtschaftliche Lage und was jetzt wichtig ist

Einen solchen wirtschaftlichen Absturz hat die Region noch nicht erlebt. Über alle Branchen hinweg brechen die Umsätze massiv ein. 4761 Betriebe haben im März und April Kurzarbeit angemeldet. Doch es gibt Hoffnung. Und Rottweil macht es richtig.

Kreis Rottweil. Bilder sagen manches Mal mehr als tausend Worte. Im Notfall tun es auch Grafiken. Und so einen Notfall gibt es seit Ausbruch des Coronavirus zu Beginn des Jahres. Was Philipp Hilsenbek, der Geschäftsbereichsleiter Standortpolitik bei der Industrie- und Handelskammer, am Freitag auf Einladung der Landkreisverwaltung zeigt, ist beeindruckend und beängstigend zugleich. Während die Kurve zur Kurzarbeit im April nach oben schnellte und dabei den letzten Hubbel, den es während der Finanzkrise 2008/2009 gab, um ein Vielfaches überragt, scheint der Konsumklima-Index im Mai ins Bodenlose zu fallen.

Die Auswirkungen der Corona-Krise und des wochenlangen Lockdowns trifft die Region, die jeden zweiten Euro im Ausland verdient, ins Mark. Fast jeder vierte der rund 21 300 Betriebe hat Kurzarbeit angemeldet. 72 150 Beschäftigte könnten von der Regelung betroffen sein. Keine Branche ist ausgenommen. Die Arbeitslosigkeit in der Region stieg um 0,6 Punkte auf 3,8 Prozent.

Die Unternehmen befürchten einer IHK-Umfrage zufolge für das Gesamtjahr massive Umsatzverluste. Die Reisewirtschaft geht von 95 Prozent Einbußen aus, das Gastgewerbe von 90 Prozent, bei Verkehr und Lagerei sind es 80, bei der Industrie 80, Einzelhandel 78, Großhandel 74, Gesundheitswirtschaft 72 und Baugewerbe 58 Prozent.

Wirtschaft und Gesundheit die zwei Seiten der Medaille

Elf Prozent der Betriebe arbeiten wieder in oder über der Vorkrisenauslastung, fast 40 Prozent gehen davon aus, dass sie erst im nächsten Jahr zur normalen Geschäftstätigkeit zurückkehren. Die Unternehmen reagieren verschiedentlich auf die Folgen der Pandemie. Mehr als ein Drittel gibt in der Umfrage an, verstärkt auf Digitalisierung zu setzen, ein Drittel denkt über Rationalisierungen nach, 28 Prozent stellen das Geschäftskonzept in Frage.

In die Krise sei man mit Verordnungen gegangen, jetzt sei es wichtig, mit Zutrauen wieder herauszufinden, so Hilsenbek. Der Leiter Standortpolitik bei der IHK lobt das Engagement der Stadt Rottweil. Vor Kurzem hat der Gemeinderat beschlossen, einen Citymanager anzustellen. Das sei das richtige Signal in die Region hinein und werde auch von den Nachbarstädten wie Tuttlingen und Villingen-Schwenningen wahrgenommen.

Wichtig sei die bestmögliche Kombination von Infektionsschutz und wirtschaftlicher Tätigkeit. Gesundheitsschutz und Wirtschaft seien die zwei Seiten einer Medaille, so Hilsenbek.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag hat einen Drei-Stufen-Plan für die Wirtschaft ausgearbeitet. Als Erstes benötige man zusätzliche und verlängerte Nothilfen für Unternehmen, die einen kompletten Stillstand haben, zweiten sollte es ein nationales Konjunkturprogramm geben und drittens verstärkt europäische und internationale Initiativen. Der Lichtblick: Die Wirtschaftsinstitute gingen von einer schnell anspringenden Konjunktur aus. Der Konsumklima-Index für Juni ist um 4,5 Punkt nach oben geklettert.