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Unfreundlich, zu schnell und mit Kopfhörern? Offener Brief zieht Kreise. Fachkräftemangel spürbar.

Rottweil - Busfahrer, die rücksichtslos fahren, Kinder draußen stehen lassen und unfreundlich antworten – wenn überhaupt? Katharina Hirsch aus Rottweil hat davon die Nase voll und macht ihrem Ärger in einem offenen Brief im Internet Luft. Der erntet viel Zustimmung.

"Recht hast du", "So geht man nicht mit Menschen um!" oder "Diese Themen füllen ganze Elternabende" – so und so ähnlich lauten die Kommentare unter dem auch in Facebook-Gruppen vielfach geteilten Statement. Katharina Hirsch scheint mit ihrem durchaus sachlich verfassten offenen Brief einen Nerv getroffen zu haben.

Mit Kopfhörern im Ohr

Die 20-Jährige fährt seit der fünften Schulklasse Bus. Früher von Göllsdorf ins Leibniz-Gymnasium, jetzt zur Arbeit in eine Rechtsanwaltskanzlei, wo sie derzeit eine Ausbildung macht, oder zum Bahnhof. Sie schildert verschiedene Beobachtungen mit "Busfahrern in der Region Rottweil und Umgebung", die sie so nicht mehr hinnehmen möchte: "Der Bus steht an der Haltestelle. Der Busfahrer wartet. Er sieht definitiv, dass ein Junge schon rennt, weil er merklich etwas knapp dran ist. Der Junge erreicht gerade die vordere, geschlossene Türe des Busses, als der Busfahrer – natürlich ohne den Jungen – losfährt". Oder: "Eine ältere Dame möchte aus dem Bus aussteigen offensichtlich ist, dass sie Probleme beim Gehen hat. Als sie aussteigen möchte, macht der Busfahrer keine Anstalten, den Bus zu senken. Die Frau muss so aussteigen. Vermutlich liegt es an den Kopfhörern mit Musik in seinen Ohren, die ihn in eine andere Welt verfrachten und nicht bemerken lassen, wer hier ein- und aussteigt".

Ein weiteres Beispiel: "Eine Horde von Kindern steigt in den Bus. Anstatt zu warten, bis die Kinder alle sicher auf ihren Plätzen sitzen, fährt der Busfahrer los, sodass alle einen Schritt nach hinten machen. Das hätte schief gehen können". Viele Fahrer seien deutlich zu schnell oder würden zu früh losfahren, schreibt sie. Sie könne es nicht fassen, dass man so mit Passagieren umgeht. Und auch dass man nicht einmal ein Hallo, sondern nur einen "schrägen Blick" bekommt, oder der Busfahrer einen Fahrgast einfach ignoriert, wenn dieser eine Frage stellt, kann sie nicht nachvollziehen. "Ich bin es satt", so ihr frustriertes Fazit.

Viele leidvolle Erfahrungen anderer bekräftigen ihre Einstellung. "Unsere Kinder fahren lieber mit dem falschen Bus, bevor sie den Fahrer nochmal etwas fragen. Sie sind schon so oft angeschrien worden", schreibt eine Mutter. "Verbesserung ist nicht in Sicht", meint eine andere. Auch von einem Schüler, der durch einen Sturz beim abrupten Anfahren eine Gehirnerschütterung erlitten habe, wird berichtet. Dieser Fall habe letztlich auch Konsequenzen für den Busfahrer gehabt.

Keine Generalabrechnung

Katharina Hirsch will ihre Veröffentlichung nicht als Generalabrechnung verstanden wissen, sondern Anstoß geben, dass sich vielleicht etwas ändert, betont sie im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten. "Es geht mir nicht um mich. Ich kann mich wehren. Es geht mir um die Kinder, die oft verloren dastehen, oder um die Älteren." Und als sie jetzt am Montag gesehen habe, wie ein kleiner Junge an der Rottweiler Post stehengelassen wurde, obwohl der nächste Bus erst in einer Stunde kommt, musste sie ihrem Ärger Luft machen. Sie wisse, dass dieser Beruf "nicht zu einem der leichten gehört", sagt sie. Und sie kenne auch viele nette Busfahrer. Bei vielen aber habe sie das Gefühl, dass sie ihren Beruf nicht wirklich gern machen.

Fahrer sind Mangelware

Markus Jehle, Niederlassungsleiter der Südbadenbus GmbH, die als eins von mehreren Unternehmen im Kreis Rottweil unterwegs ist, betont, dass "Fahrgastorientiertes Handeln", Sicherheit und Freundlichkeit für die Busfahrer oberste Maxime sein müsse. Jeder Fahrer bekomme bei der Einstellung eine umfangreiche Dienstanweisung, wo jedes kleinste Detail genau geregelt sei. Vom Umgang mit den Fahrgästen bis zum Verhalten bei Unfällen.

Und doch verhehlt Jehle im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten nicht, dass der Busfahrer-Beruf sich gewandelt habe. Früher sei das für viele Berufung gewesen, jetzt sei es "extrem schwer", überhaupt genügend Fahrer zu bekommen. Das habe Auswirkungen auf die Qualität, räumt er unumwunden ein. Der Fachkräftemangel mache sich bemerkbar. Jehle betont jedoch, dass der Großteil der Fahrer einen guten Job mache. "Gemessen an der Anzahl der Fahrten – bei der Südbadenbus sind es rund 2500 täglich – sei die Zahl der Beschwerden gering. Und wenn, betreffe es oft die gleichen Fahrer. Man kenne mittlerweile seine "Pappenheimer".

Vieles "Ermessenssache"

Während bei manchen der geschilderten Fälle die Lage klar ist – dass ein Fahrer Kopfhörer trägt, sei natürlich ein Unding und gesetzlich nicht zulässig, so Jehle –, liege vieles andere jedoch im Ermessen des Fahrers. Wenn er zum Beispiel schon ein Stück aus der Busbucht gefahren sei, dürfe er aus Sicherheitsgründen eigentlich niemand mehr zusteigen lassen. Wenn ihn jemand während der Fahrt anspricht, sollte er zumindest um Geduld bitten, bis er an der Haltestelle Zeit hat, zu antworten. Allerdings: Nicht selten mangle es heutzutage an den entsprechenden Sprachkenntnissen. "Es gibt eine deutliche Zunahme ausländischer Fahrer. Und wenn da jemand auf Schwäbisch etwas fragt, verstehen sie es oft einfach nicht."

Schlechte Aussichten

Die Aussichten sind nicht unbedingt rosig: "Es gibt Schätzungen, nach denen in den nächsten Jahren 150.000 Busfahrer fehlen werden", weiß Jehle. Früher hätten viele noch den Führerschein bei der Bundeswehr gemacht – auch das falle heute weg, die Busunternehmen spürten das. "Der Führerschein kostet zwischen 10.000 und 12.000 Euro", informiert er, das Geld nehme nicht so schnell jemand in die Hand.

Beim Verkehrsverbund Rottweil wird auf Nachfrage betont, dass alle Beschwerden ernst genommen und an das jeweilige Busunternehmen weitergeleitet würden. Fehlverhalten sei nicht hinnehmbar, dem müsse man im Einzelfall nachgehen.

Katharina Hirsch wird weiter Busfahren. "Ich bin natürlich über jeden froh, der diesen Beruf noch ausübt – ohne diesen käme ich schließlich nicht zur Arbeit. Doch wünsche ich mir ein bisschen mehr Sicherheit, Flexibilität und Freundlichkeit."