Volles Haus: Mehr als 50 Zuhörer wollen wissen, was es mit den Gerüchten um den Lehrhofverkauf auf sich hat. Foto: Alt

Verkauf an Investor treibt Hausener um. Kritik für Ortsvorsteher bei Bürgerfragestunde.

Rottweil-Hausen - "So viele Leute waren’s noch nie" – mehr als 50 Bürger waren ins Hausener Rathaus gekommen, um aus erster Hand zu erfahren, was mit dem Lehrhof passieren soll. Sie versprachen sich Antworten – und wurden enttäuscht.

Die Kommunalpolitik kann manchmal ein regelrechter Irrgarten sein. Das wurde am Montagabend in der Sitzung des Hausener Ortschaftsrats einmal mehr deutlich. Das Thema Lehrhof bestimmte die Bürgerfragestunde und die Frage, warum die Öffentlichkeit nicht früher über das Vorhaben der Familie Scheidel informiert wurde.

Der Investor möchte den Lehrhof kaufen und dort einen Reiterhof mit Gastronomiebetrieb errichten. Am Montagabend wurden Ortsvorsteher und Ortschaftsräte nun mit der Frage konfrontiert, warum man aus der Zeitung erfahren musste, was in Sitzungen und in Treffen hinter verschlossenen Türen beschlossen, zugesagt oder eben nicht beschlossen wurde. Ortsvorsteher Herbert Sauter (CDU) versuchte das Bieterverfahren und die Gespräche mit Familie Scheidel sowie jene in den nicht-öffentlichen Sitzung des Ortschaftsrats Revue passieren zu lassen – soweit er das eben durfte, weil ja "nicht-öffentlich".

Etwas verkürzt stellt sich der bisherige Verlauf Sauter zufolge so dar: Im Mai 2018 wird bekannt, dass der Lehrhof und mit ihm rund zwölf Hektar Grund zum Verkauf stehen. Die Veräußerung erfordert eine öffentliche Ausschreibung durch das Landratsamt. Ein Bieterverfahren wird eingeleitet mit einem Bewerbungsschluss im Juni 2018 und zwei weiteren Nachbiet-Terminen. Schon beim ersten Bewerbungsschluss habe sich die Familie Scheidel als Kaufinteressent gemeldet. Sauter sei das bekannt gewesen, von weiteren Interessenten habe er nichts gewusst und auf Nachfrage beim Landratsamt auch keine Namen genannt bekommen. Vom Interesse der Familie Jauch, die auf dem Lehrhof gerne ihre Bio-Landwirtschaft erweitern würde, habe er erst im Februar erfahren. Dominik Jauch, der auch unter den Zuhörern saß, schüttelte während Sauters Ausführungen immer wieder den Kopf, und versuchte die rechtliche Lage darzustellen. Drang aber nicht durch.

Da beim Verkauf von landwirtschaftlicher Nutzfläche mit dem Agrarstrukturverbesserungsgesetz ein besonderer Schutzmechanismus für Flächen wie eben jene des Lehrhofs zur Anwendung kommt (wir berichteten), haben Landwirte normalerweise Vorrang. So kann eben nicht jeder so einfach einen Bauernhof kaufen und damit tun, was er möchte.

Aber im Fall von Familie Scheidel, die bislang keine Landwirtschaft betreiben, liegt der Fall anders: Die Stadt trat an die Familie mit der Idee heran, neben dem Vorhaben Reiterhof auch eine Wandergaststätte zu errichten. "Mit Gastwirtschaften sind wir ja nicht üppig aufgestellt", so Sauter gestern Abend. Dafür brauche es aber dann zuvor einen Bebauungsplan, der wiederum die Regelungen des Agrarstrukturverbesserungsgesetztes aushebelt.

Für den Bebauungsplan ist in erster Instanz der Ortschaftsrat zuständig, der einen Empfehlungsbeschluss fassen müsste, diesen aber vertagt hat. "Die Dimension war zu groß, um unmittelbar entscheiden zu können", erklärte Sauter, der zugleich für einen Bebauungsplan warb. Dann nämlich könnten die Öffentlichkeit und die Träger öffentlicher Belange, sprich Naturschutzbehörden und so weiter, Stellung beziehen. Aber: "Man weiß, wenn man einen Bebauungsplan aufstellt nicht, was dabei herauskommt", so Sauter. Dafür gab’s den einen oder anderen Lacher.

Fürs Vorgehen hagelte es aber vor allem Kritik: "Müssen wir uns denn vor den Karren der Stadt spannen lassen?", fragte ein Bürger. Die Stadt wolle nicht in den Eckhof als Ausflugslokal investieren und drücke den Scheidels nun eine Wirtschaft auf, um selbst nicht investieren zu müssen. Das sei in Rottweil an den Beispielen Spital und Duttenhofer Villa zu sehen. "Wenn man die Leute nicht rechtzeitig informiert, hat man sie auch nicht im Boot."

Auch Bernd Franz vom Nabu forderte mehr Transparenz: "Wir wollen darüber reden, bevor etwas beschlossen wird." Er wollte den genauen Wortlaut des Beschlusses hören – bekam ihn aber nicht. "Nichtöffentlich", so Sauter.

Nun soll Scheidel in einer Bürgerversammlung Gelegenheit bekommen, sein Konzept vorzustellen, und die Bürger, sich umfassend zu informieren. Das ist auch dringend nötig, wie die Diskussionen vor dem Rathaus zeigten, als im Inneren das Gremium mit mehr als einer Stunde Verspätung den nächsten Tagesordnungspunkt behandelte.