An den Silberabbau bei Rottweil erinnert der Bergmann, der mit seiner Schubkarre die Runden zieht. Foto: Schwarzwälder Bote

Tradition: Herrenkramers Kripple und seine Geschichte / Auf dem Krippenberg ist mächtig was los

Bethlehem ist überall – auch in Rottweil, das ist die Aussage vieler Krippen, auch der des einstigen Herrenkramers im Stadtmuseum, denn während auf der unteren Ebene der Krippe die Heilige Familie die Hirten empfängt, ist hoch droben die Stadtkulisse zu erkennen.

Rottweil. Die architektonischen Einzelheiten der Krippe, die als "Herzstück der Rottweiler Krippenkultur gilt", wie Ingeborg und Bernhard Rüth in ihrem Buch "Schwäbisch-alemannisches Krippenbuch" schreiben, verweisen auf die Zeit um 1760. Im Gegensatz zu anderen Krippen handelt es sich bei der Herrenkramerschen Krippe um eine "Wechselkrippe". Das heißt, dass sich die szenischen Darstellungen in der Zeit vom Stephanstag bis Mariä Lichtmess ändern. So folgt auf die Anbetung der Hirten die Anbetung der Könige, die Hochzeit zu Kana und zum Abschluss die Darstellung Jesu im Tempel.

Bespielt wird die Krippe lediglich auf den oberen Ebenen. Dennoch dürften aber auch die oberen Gebäude, beispielsweise das "Kreuz", mit dem biblischen Geschehen verknüpft sein, erklärt Winfried Hecht. So könnte das "Kreuz" einst die Herberge gewesen sein, an der Maria und Josef nach einem Zimmer anfragten und dann vom etwas rüden Kreuzwirt, wie man ihn ja heuer vom Umgang mit dem Annemarekle kennt, abgewiesen worden sein. Man habe also die Herberge einfach nach Rottweil übertragen und so biblisches und lokales Geschehen miteinander verknüpft.

Aber warum ist das "Kreuz" eigentlich das "Kreuz", obwohl es ja von der Lage her eher die "Linde" sein müsste? Auch darauf weiß der Historiker eine Antwort. Beim Stadtbrand 1829 habe es im "Kreuz" gebrannt. Dies habe man als wichtiges stadtgeschichtliches Ereignis mit ins Krippenspiel einbinden wollen und so wurde aus der "Linde" das "Kreuz".

Man fragt sich auch, welche Bedeutung manche Figuren, beispielsweise die Hexe aus Rheinau spielen, oder der Bergmann?! "Die Hexe ist die Verkörperung des Bösen, um Mitternacht", so Hecht. Doch, wie könnte es anders sein, siegt schließlich das Licht über die Nacht, das Gute über das Böse. "Jesus ist das Licht der Welt", fügt Winfried Hecht als biblische Parallele an. Der Bergmann verweise auf die Silberminen, die es im 16. und 17. Jahrhundert in Richtung Niedereschach gegeben habe. Der arme Kapuziner, der seine Klause auf dem Krippenberg ganz unten links hat, spielt auf den Kapuzinerorden in Rottweil an. Da es sich hier um einen Bettenorden handle, sei es auch nicht verwunderlich, dass der arme Kapuziner gleich mehrfach um ein paar Pfennige bettelt: "I bin an arma Kapuziner, und han scho drei Dag koan warma Leffelstiel meh im Hals ghet – übermorga sins drei Dag...", jammert er. "Leit, sind au it so hartherzig und gebet mir ebbes in mein Bettelsack!"

Ja, heuer muss der Kapuziner wohl ohne Pfennige auskommen, es bleibt aber zu hoffen, dass er wenigstens auf den "warma Leffelstiel" nicht verzichten muss... Und so hofft sie gesamte Krippencrew, dass sie nächstes Jahr wieder Publikum bekommt. Und "Das Stück Alt-Rottweil", wie Winfried Hecht die Krippe bezeichnet, wieder bespielt werden darf.