Lediglich vier Prozent der Bushaltestellen im Landkreis Rottweil weisen die für Barrierefreiheit erforderliche Bordsteinhöhe auf. Foto: © Andrii Zastrozhnov – stock.adobe.com

Plan für den Landkreis wird fortgeschrieben. Umbau der Bushaltestellen überall bis 2022 unrealistisch.

Kreis Rottweil - Vollständige Barrierefreiheit für die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs bis zum 1. Januar 2022 - so will es das Personenbeförderungsgesetz. Darin, dass das nicht so schnell für alle Orte im Kreis Rottweil umsetzbar ist, war man sich im Verwaltungsausschuss einig.

Der Nahverkehrsplan sieht jedoch vor, dass Ausnahmen konkret benannt und begründet werden. Das hatten die Ausschussmitglieder bei der Anhörung durch die Kreisverwaltung jedoch ganz anders verstanden.

Deshalb waren auch lediglich aus Rottweil Ausnahmen eingegangen. "Dornhan hat acht Stadtteile. Wer finanziert das? So schnell kann man das gar nicht umsetzen", merkte Markus Huber (FWV) an. Kostenträger sei der Straßenbaulastträger, also in diesem Fall die Gemeinde, klärte Martina Bitzer, Dezernentin im Bereich Öffentliche Sicherheit, Verkehr und Recht, den Ausschuss auf. Natürlich sei das Ziel der Umrüstung bis 2022 - trotz der Fördermittel des Landkreises von jährlich 150 000 Euro - völlig unrealistisch, jedoch müsse man Ausnahmen festschreiben. Das sei eine Vorgabe des Gesetzgebers.

79 Prozent der Bushaltestellen haben eine stufenfreie Zuwegung 

Um das Dilemma der fehlenden Rückmeldungen zu lösen, schlug der Erste Landesbeamte Hermann Kopp vor, bis 4. Mai erneut Rückmeldungen einzuholen. Die Zeit werde langsam knapp. Man benötige den Beschluss, warnte Bitzer.

"Ganz neu ist das Thema nicht", merkte Berthold Kammerer (SPD) an. Das Ziel sei schon in der 2012er-Version des Nahverkehrsplans formuliert gewesen.

Der Ausschuss stimmte schließlich dafür, eine 14-Tage-Frist zu gewähren, um Ausnahmen von der Umsetzung der Barrierefreiheit anmelden zu können.

Barrierefrei bedeutet bei Bushaltestellen abgerundete Bordsteine auf einer Höhe von 18 bis 20 Zentimetern. Das Ergebnis einer Bestandserhebung zeigte, dass 79 Prozent der Bushaltestellen im Landkreis über eine stufenfreie Zuwegung und 34 Prozent über eine abgerundete Bordsteinkante verfügen. Die erforderliche Höhe weisen allerdings nur vier Prozent auf.

Schramberg - Villingen geht man erst 2029 an

Als Bushaltestellen der Kategorie eins, die dringend vollständig barrierefrei sein müssen, gelten der Busbahnhof Rottweil, der Bahnhof Sulz, die Busbahnhöfe Oberndorf und Schramberg und der Bahnhof Schiltach.

Eine Ausnahmeregelung wurde etwa für die Bushaltestellen Rottweil Friedrichsplatz erwirkt - derzeit werden im Gemeinderat Lösungen für den innerstädtischen Umbau diskutiert, die auch eine Verlegung der Haltestelle nicht ausschließen - und für die Haltestelle Schulzentrum Rottweil, die erst bis 2030 barrierefrei sein muss. In den Ortszentren von Feckenhausen, Neufra, Neukirch und Bühlingen soll die Barrierefreiheit bis 2024 umgesetzt werden, in Göllsdorf, Hausen und Zepfenhan 2021.

Der aktuell gültige Nahverkehrsplan stammt aus dem Jahr 2013. Neben der Barrierefreiheit muss er noch in einem anderen Punkt fortgeschrieben werden, wie der Nahverkehrsberater des Landkreises, Hartmut Jaißle, erklärte.

So sind die den Landkreis Rottweil berührenden Linien in mehr als 40 Einzelgenehmigungen aufgeteilt. Ein Linienbündelkonzept soll einen Ausgleich zwischen wirtschaftlich starken Verbindungen, etwa auf den Hauptzulaufachsen Richtung Rottweil und Schramberg, und schwachen Linien herstellen.

"Das politische Signal muss das richtige sein"

In der Fortschreibung wurden nun fünf Linien im Bündel Sulz, fünf in Rottweil Nord, drei in Neckar-Kinzig, sechs in Schramberg, 14 im Bündel Stadtverkehr Rottweil und zwei im Bündel Oberndorf vereint. Dabei handelt es sich um insgesamt rund 3,7 Millionen Kilometer pro Jahr, die zurückgelegt werden. Die Genehmigungen laufen bis Ende 2026.

Kreisrat Herbert Halder (CDU) kritisierte, dass die Buslinie Schramberg - Villingen erst 2029 angegangen werden soll. "Das hört man nicht gern. Ich fühle mich vom Schwarzwald-Baar-Kreis abgespeist". Der Nachbarlandkreis benötige aktuell noch seine Linie nach Königsfeld, bis der Ringzughalt umgesetzt sei. Vorher mache die Linie für ihn keinen Sinn, erklärte Jaißle.

Peter Schumacher (FWV) regte dennoch an, kein fixes Datum in der Fortschreibung festzuhalten, sonst könne sich der Nachbarlandkreis darauf berufen. Seiner Meinung nach soll man sich nicht ins Bockshorn jagen lassen. "Das politische Signal muss das richtige sein".

Linien sollen verbessert werden

In spätestens fünf Jahren wird der Nahverkehrsplan erneut zu prüfen sein. Neben der Fortschreibung hatte die Verwaltung dargestellt, was bereits umgesetzt wurde - wenn auch ohne die daraus resultierenden Kosten, wie Markus Huber (FWV) anmerkte.

Dazu zählten etwa Lückenschlüsse zwischen Rottweil und Schiltach sowie Oberndorf und Schramberg, zudem Regiobuslinien, die Einführung eines Stundentakts im Anrufbusverkehr und tarifliche Verbesserungsmaßnahmen.

Projekte und Ziele sind etwa ein Bündelungskonzept Zollernalbkreis und Verbesserungen der Linie 7430 Oberndorf - Balingen (Umsetzung vermutlich 2021), ein ÖPNV-Aktionstag mit vergünstigter oder kostenloser ÖPNV-Nutzung im kommenden Jahr, die Anbindung der neuen Justizvollzugsanstalt Rottweil und die Weiterentwicklung des Dreier-Tarifs beziehungsweise der Verbundzusammenlegung.