Der Stein des Anstoßes: die Außenanlagen der Jugendherberge Rottweil. Im Bild die Slacklines und die Finnenbahn. Foto: Schickle

Regierungspräsidium prüft nach Antrag von Anwohner, ob Nutzung der Außenanlagen untersagt wird.

Rottweil - Spiel, Spaß, Bewegung: Den Platz dafür soll das Außengelände der Jugendherberge deren Gästen bieten. Derzeit allerdings sorgt das Rottweiler Prestigeprojekt eher für Krach – es geht um den Lärmschutz und um mangelnde Bewegung seitens der Stadt.Es könnte alles so schön sein: Schüler, die sich auf dem Sportplatz, dem sogenannten Multifunktionsfeld, bei Völkerball oder beim Kicken austoben und so ihren Aufenthalt in Rottweil nicht nur für kulturelle Zwecke nutzen, sondern auch, um sich ein bisschen mehr zu bewegen als an normalen Tagen. Um die Ecke, Richtung Feuerwehrhaus, balancieren weitere Jugendliche über die Slacklines oder springen auf dem Trampolin. Dazu kommt die sogenannte Finnenbahn: ein Rindenmulchpfad, der rund um die Jugendherberge verläuft und auf dem die Schüler ihre Ausdauer trainieren können. Gleichzeitig ist er ein Beispiel dafür, wie leicht sich Bewegung in den Alltag einbauen lässt – ein Beispiel auch für Pausenhöfe. Die Finnenbahn, erklärt Karl Rosner, Geschäftsführer des Landesverbands Baden-Württemberg des Deutschen Jugendherbergswerks, "haben wir mit dem schwäbischen Turnerbund gestaltet".

Das Herbergswerk hat sich offensichtlich viele Gedanken gemacht über die Außenanlagen seiner Rottweiler Herberge. Viel Freude machen sie den Verantwortlichen derzeit dennoch nicht. Im Gegenteil: Eigentlich hatte Rosner von Anfang an mit Problemen zu kämpfen. Seit Thomas Pahl, Anwohner in der Oberamteigasse 9 und damit Nachbar der Einrichtung, vor mehr als zwei Jahren Bedenken wegen des Lärmschutzes vorgebracht hatte (wir berichteten).

Man sei Pahl entgegengekommen, sagt Rosner und sagt die Stadt: Das Multifunktionsfeld war eigentlich Richtung Feuerwehrhaus geplant gewesen. Dort finden sich nun Slackline und Co. (Rosner: "Das ist nicht lärmintensiv"), der Sportplatz wurde Richtung Nägelesgraben verlegt. Damit, meinte Rosner einst, sei die Sache erledigt. Weit gefehlt. "Jetzt geht’s wieder los."

Inzwischen ist der Geschäftsführer so weit, dass er meint: Hätte man den Ärger vorhergesehen, hätte der Vorstand des Jugendherbergswerks womöglich auf eine Niederlassung in Rottweil verzichtet. Doch eine Herberge wollte vor allem die Stadtverwaltung unbedingt haben.

Dazu kommt, dass Rosner gerade dort, wo es um das Thema Bewegung geht, vonseiten der Stadt nun keinerlei Bewegung erkennen kann. Angesichts dessen hatte Rosner mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass er sich von der Stadt im Stich gelassen fühlt. Dem widerspricht die Verwaltung: Oberbürgermeister Ralf Broß habe gestern mit dem Geschäftsführer telefoniert, das Werk fühle sich nicht im Stich gelassen. Die Verwaltung erklärt: "Die Stadt Rottweil hat das Jugendherbergswerk von Anfang an unterstützt und wird es auch weiterhin unterstützen."

Gutachten ist Sache des Bauherrn

Thomas Pahl hatte sich wegen des Lärmschutzes an das Regierungspräsidium Freiburg (RP) gewandt. Dieses wiederum hatte festgelegt, dass das Jugendherbergswerk ein neues Lärmschutzgutachten erstellen lassen muss, aus dem hervorgeht, wie viel Krach Pahl wirklich ausgesetzt ist. "Wir gehen davon aus, dass das Jugendherbergswerk nunmehr zeitnah ein Gutachten zum Umfang der Lärmimmission vorlegt", erklärte das RP gestern auf Nachfrage unserer Zeitung. Vereinbart, dass solch ein Gutachten erstellt werden muss, hatte das RP mit dem Jugendherbergswerk bereits am 22. November.

Rosner wiederum hatte der Stadtverwaltung vorigen Herbst geschrieben, er gebe gerne ein solches Gutachten in Auftrag, "wenn sich die Stadt Rottweil an den Kosten dieses zusätzlichen Gutachtens beteiligt". Wird sie aber nicht, wie die Stadt "klipp und klar" mitgeteilt habe, erklärt Karl Rosner. Begründung: das sei ausschließlich Sache des Bauherren – beziehungsweise des Jugendherbergswerks, das die Immobilie vom Investor Activ-Group gemietet hat. "Wir können grundsätzlich als Baurechtsbehörde nicht gleichzeitig ein Gutachten beauftragen, da wir uns ansonsten womöglich in einem Interessenkonflikt befinden würden", erläutert Lothar Huber, Fachbereichsleiter Bauen und Stadtentwicklung.

Unterdessen droht neues Ungemach. Seit Montag liegt dem Regierungspräsidium ein Antrag Pahls auf "Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die von der Stadt Rottweil [...] erteilten Baugenehmigung zur Neugestaltung der Außenanlagen" vor. Kurz gesagt: Die Frage ist, ob die Baugenehmigung für die Außenanlagen rechtens war. Denn die Lärmschutzgutachten, die zur Zeit der Genehmigung vorlagen, sind laut RP nicht aussagekräftig genug. So wurde nicht gemessen, wie viel Lärm Pahl ausgesetzt ist, wenn die Außenanlagen genutzt werden. Dafür, so teilt die Stadt mit, seien in einem Gutachten 2012 die Auswirkungen auf die nächstgelegene schützenswerte Bebauung, Oberamteigasse 10, untersucht worden. "Da hier schon alles im zulässigen Rahmen war, wurden die Auswirkungen auf das Grundstück Pahl nicht näher untersucht, da dieses ja deutlich weiter entfernt liegt."

Nun prüft das RP, ob Pahls Antrag stattgegeben werden soll. "Sollte dem Antrag stattgegeben werden, könnte die Nutzung der Außenanlagen (Slackline-Feld, Trampolin, Terrasse, Multifunktionsfeld und Grillplatz) ganz oder in Teilen vorläufig untersagt werden", erklärt die Behörde.

Für die Jugendherberge wäre das eine Katastrophe: Rosner hatte gegenüber unserer Zeitung bereits am Dienstag erklärt, dass ein Betrieb ohne Außenanlagen praktisch nicht denkbar sei. Dabei sei die Rottweiler Herberge eines der "Tophäuser".

Egal wie es ausgeht, eines weiß Karl Rosner schon jetzt: Er sei durch die Geschichte in Rottweil geläutert. Beim nächsten Ort, der von einer Jugendherberge träumt, will er genauer hinschauen, ob der Bebauungsplan passt.