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Hindernisse in der Innenstadt kommen zum Vorschein. In Situationen hineinversetzen.

Rottweil - Wer schnellen Schrittes durch die Innenstadt läuft, hat kaum einen Blick für die Hindernisse, die sich dort auftun. Anders die Teilnehmer des inklusiven Stadtspaziergangs. Sie achteten auf die Stellen, die manchen das Vorwärtskommen erschweren.

Im Rollstuhl oder mit dem Taststock in Rottweil unterwegs – manchmal kann ein kurzer Spaziergang für Menschen mit eingeschränkten Möglichkeiten eine große Zumutung sein. Wo lauern Gefahren und Stolperfallen? Welche Stellen sind verbesserungswürdig? Und wo gibt es gute Lösungen im Bereich Barrierefreiheit? Diese Fragen standen beim inklusiven Stadtrundgang im Fokus, den Ruth Gronmayer, Behindertenbeauftragte der Stadt Rottweil, mit dem Arbeitskreis "Zusammenleben in der Gesellschaft" der Lokalen Agenda 21 vorbereitet hatte. Mit im Boot waren die Bruderhaus-Diakonie, das Mehrgenerationenhaus Kapuziner und die Stiftung St. Franziskus.

Die Idee der Aktion war, die Menschen für das Thema zu sensibilisieren, den Blick dafür zu schärfen, wie es einer Person mit einer Geh-, Seh- oder Hörbehinderung geht, wie Gronmayer erklärte.

In Situation hineinversetzen

Mit Rollstuhl, Rollator oder Simulationsbrille konnten sich die Teilnehmer in die Situation der Menschen mit Beeinträchtigung hineinversetzen. Für die meisten war es ein richtiges Aha-Erlebnis. "Viele Dinge werden erst bewusst, wenn man sie erlebt", stellte man fest. In vier kleinen Gruppen erkundeten Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam die Viertel der Kernstadt – den Heiligkreuz-Ort, den Sprenger-Ort, den Johannser-Ort und den Lorenz-Ort.

Bei der anschließenden Auswertung der Ergebnisse im "Inklusiven Café" stellte sich heraus, dass die Gruppen sehr ähnliche Erfahrungen gemacht hatten: Fehlende Rampen, lose Pflastersteine sowie nicht markierte Stufen gibt es in der Stadt auf Schritt und Tritt. Diese wahrzunehmen und einzuordnen war für die Teilnehmer ohne Behinderungen erst durch den Perspektivwechsel möglich.

Die Ausfahrt vom Parkplatz des Kapuziners schaffe genauso Probleme wie die Baustelle in der Waldtorstraße oder der Zugang zum Neuen Rathaus, schilderten die Teilnehmer. Schlimm sei die Situation mit dem Brunnen vor der Volksbank in der Hochbrücktorstraße – da gebe es einen nicht markierten Graben zwischen dem Brunnen und dem Pflaster. Und die Volkshochschule habe zwar eine Rampe, drinnen stehe man aber vor Treppen. Auch der Schaufensterbummel in der oberen Hauptstraße werde wegen den Warenauslagen vor den Läden zum Hürdenlauf.

Als positives Beispiel wurde das Alte Rathaus mit der Rampe und einem Briefkasten in Sitzhöhe genannt. Beim Dominikanermuseum konnten die Teilnehmer mit Gehbehinderung den Aufzug nutzen, ohne Eintritt zu bezahlen. "Die Mitarbeiter waren sehr freundlich, haben alles super erklärt und begleitet", lobten sie. Beim Kino lautete das Fazit der Gruppe: nicht absolut barrierefrei, aber zugänglich.

"Natürlich wird sich die Situation nicht von heute auf morgen ändern, aber nach dieser Aktion und der Auswertung der Ergebnisse sind wir einen Riesenschritt weiter", versicherte Gronmayer.