Selbst gestandene Fahrschullehrer machen immer mal wieder überraschende Erfahrungen im Straßenverkehr. In diesem Fall spielt die Polizei eine gewisse Rolle. Foto: Seeger

Beschädigter Seitenspiegel beschert Lkw-Fahrlehrer eine Odyssee zwischen mehreren Polizeirevieren.

Rottweil - Wer eine Anzeige erstatten will, hat bisweilen etwas zu erzählen. So könnte man zusammenfassen, was der Fahrlehrer einer Schule für Berufskraftfahrer in Rottweil kürzlich erlebte. "Mir ist ja schon viel passiert, aber das ist schon ein starkes Stück", seufzt Siegfried Lehmann angesichts der Tatsache, dass er sage und schreibe zwischen vier Polizeidienststellen – inklusive Autobahnpolizei – hin und her verbunden wurde, bis er endlich zu seinem guten Recht kam.

Am Donnerstagmorgen, 24. Januar, um 11.30 Uhr, schien die Welt noch in Ordnung. Doch dann streifte ein entgegenkommender Lastwagen den Fahrschul-Mehrtonner des Fahrlehrers, gerade als er zwischen Dauchingen und Niedereschach eine Fahrstunde abhielt. Und wie verhält sich ein Fahrlehrer in einer solchen Situation? Natürlich vorbildlich. An einer Bushaltestelle wird vorsichtshalber gehalten, die Polizeidienststelle in Rottweil sofort angerufen und sowohl der Schaden als auch eine Beschreibung des flüchtigen Lastwagens durchgegeben. Da konnten die beiden anwesenden Fahrschüler gleich etwas dazu lernen, dachte sich Lehmann.

Doch es wurde zu einer Lektion in Sachen Bürokratie. Die erste Antwort, die der Fahrlehrer bekam, war: Man sei nicht zuständig. Da müsse er sich beim Polizeirevier in Villingen melden. Die Durchwahl hierfür erhält Lehmann mit der Bemerkung, dass man ja schließlich kein Auskunftsbüro sei. In Villingen war man auch nicht zuständig, Lehmann solle sich an die Polizeidienststelle in Schwenningen wenden. Währenddessen begibt sich Lehmann samt Mehrtonner zur Firma Ries in Rottweil, um dort den unbrauchbaren Seitenspiegel austauschen zu lassen, und um von der Bushaltestelle wegzukommen, wo er ja eigentlich nicht parken darf. Inzwischen ist es 12.05 Uhr.

In Schwenningen bittet man ihn, vorbeizukommen. Lehmann fragt, wo er denn seinen Mehrtonner dort parken könne. Die Antwort: "Sie wissen aber schon wo wir sind?", verbunden mit dem Hinweis, dass es da gerade keine Parkmöglichkeit gebe. In zweiter Reihe zu parken, sei selbstverständlich undenkbar. Als Lehmann erklärt, unter diesen Umständen könne er nicht kommen, wird er gefragt, was er denn täte, wenn bei allen Polizeidienststellen Halteverbot herrschte.

"Ich habe das sportlich genommen"

Lehmann ruft wieder in Rottweil an, dort haben gerade andere Polizisten ihre Schicht begonnen und wissen nichts von seinem vorherigen Anruf. Er solle sich wieder an Schwenningen wenden. Der Rottweiler Polizeibeamte fragt sich, "ob er jetzt das Geschäft von den Schwenningern erledigen soll." Lehmann bleibt freundlich. Im Rückblick sagt er: "Ich habe das sportlich genommen". Der Schwenninger Polizeibeamte erkundigt sich bei seinen Kollegen im Büro, wo es denn eine Dienststelle mit ausreichenden Parkmöglichkeiten gäbe. Man schickt Lehmann zur Autobahnpolizei.

Dort angekommen, kümmert sich nach etwa 15 Minuten endlich ein älterer Autobahnpolizist um ihn. Lehmann erzählt zum dritten Mal seine Geschichte. Als er sagt, wo genau der Unfall passiert ist, meint der Polizeibeamte: "Eigentlich wäre ich da nicht zuständig, aber ich fühle mich jetzt mal zuständig für Sie." Langsam wird die Anzeige in den Computer eingetippt, es ist weit nach 15 Uhr. Da erreicht den Polizisten ein Anruf, die Stimme am anderen Ende ist ziemlich laut, daher muss Lehmann diese Worte mithören: "Du nimmst jetzt gerade eine Anzeige auf? Ist der Lehmann jetzt bei dir? Der macht gerade die ganze Region schalu." Das sei das Revier Rottweil gewesen, gibt der Autobahnpolizist betreten zu. Und: Ja, man könne eine Anzeige zentral im Rechner eingeben, die werde dann an die zuständige Dienststelle weitergeleitet. Und: Ja, jeder Polizeibeamte könne sehen, wenn gerade ein Kollege anderswo eine Anzeige eingebe.

Lehmann erzählte die Geschichte der Stuttgarter Pressestelle der Polizei. Dort konnte der Ansprechpartner ein Schmunzeln nicht unterdrücken und habe gesagt: "Sie werden es nicht gerne hören, aber eigentlich bin ich nicht zuständig."

Der Pressesprecher der Polizeidirektion Rottweil, Josef Bronner, klärt auf, wie man Anzeigen richtig erstattet. u Wer nicht sicher ist, welche Polizeiwache gerade für ihn zuständig ist oder die Telefonnummer nicht parat hat, ruft am besten über die Nummer 110 an, egal zu welcher Uhrzeit. Das gilt auch für verdächtige Beobachtungen oder wenn man auch nur glaubt, sich in einer Notlage zu befinden. u Der Anruf wird dann sofort an die zuständige Dienststelle weitergeleitet. u Um den Schaden zu begutachten, wie bei der von Lehmann geschilderten Unfallflucht, muss man sich auf der Wache einfinden. Geht das nicht, oder ist die Anfahrt zu umständlich, kann man eine andere Dienststelle anfahren. Diese nimmt die Anzeige auf und leitet sie an die zuständige Dienststelle weiter.

- Die Verzögerungen im oben geschilderten Fall bedauert Bronner, schließt aber aus, dass seine Kollegen "aufgrund irgendeiner Abwimmlerei so gehandelt hätten". Sie hätten Lehmann immer eine Parkmöglichkeit, wenn auch unkonventionell, angeboten, "Alles andere wäre nicht im Sinne der Kollegen".