Um die Böhringer Steige entflammen weiter hitzige Diskussionen. Foto: Schmidt

Verkehr wird derzeit nur in eine Richtung gelenkt. Göllsdorfer fühlen sich nicht ernst genommen.

Rottweil-Göllsdorf - Um die Böhringer Steige entflammen weiter hitzige Diskussionen. Der Ortschaftsrat stellt sich gegen Autofahrer, Stadtverwaltung und den Ortsvorsteher. Eine Lösung ist weiter nicht in Sicht.

Ortsvorsteher Wolfgang Dreher stand in der Ortschaftsratssitzung in Göllsdorf unter Beschuss. Vertritt Dreher die Interessen des Gremiums oder unterwirft er sich der Stadtverwaltung? Diese Frage tritt in Göllsdorf in irgendeiner Form immer wieder in Erscheinung. Die Ursachen wurzeln allerdings im fehlenden Vertrauen in die Stadtverwaltung.

Räte fühlen sich übergangen

Als Ortsgremium der Stadt Rottweil fühlt sich Göllsdorf von der Stadtverwaltung regelmäßig ausgehebelt und übergangen. Immer wieder fallen so Sätze: "Wir werden eh nicht gefragt" oder "unsere Entscheidungen zählen ja nichts". Aufgekommen sind sie während des schweren Ringens um die Planung der Mehrzweckhalle. Der Ortschaftsrat wurden von der Stadt, ob ihrer Wünsche und Vorstellungen, oft zurück- oder zurechtgewiesen.

In der Folge schärfte sich die Wahrnehmung der Räte gegenüber der Stadtverwaltung – insbesondere die von Hans Maier. Nach seinen Erzählungen reagiert auch die Stadtverwaltung empfindlich auf die Vorwürfe aus Göllsdorf. Schon in der vorangegangenen Sitzung berichtete Maier von Fachbereichsleiter Bernd Pfaff, der ihn trotz seiner Funktion als Ortschaftsrat nicht mal angehört habe. Und auch Maiers jüngste Anfrage schlug fehl: Er solle sich an den Ortsvorsteher wenden, habe Pfaff ihn abgewiesen. Dabei war es sein Thema, seine Herzensangelegenheit, für die er seit Jahren kämpft und für die er im Rat auch Unterstützung erhält: die Böhringer Steige. Seit jeher ein Aufreger.

Mehr als ein asphaltierter Feldweg

Die Böhringer Steige ist eigentlich nicht mehr als ein asphaltierter Feldweg in idyllischer Landschaft. Seine Verbindung zwischen der B 27 Richtung Göllsdorf und weiter Richtung Schwenningen lässt ihn jedoch als Abkürzung attraktiv erscheinen – mit Erlaubnis der Stadt. Die Böhringer Steig steht für alle offen.

Um die Attraktivität einzuschränken, wurde vor etlichen Jahren vom Göllsdorfer Ortschaftsrat entschieden, den Begegnungsverkehr mit schmalen Straßen und hohen Bordsteinkanten zu erschweren. Das Verkehrsaufkommen blieb dennoch hoch, die Verkehrsteilnehmer nutzen im Bereich der Felder die Randstreifen aus. In der Folge entstanden dort laufend neue Löcher, die vom Bauhof mit Schotter ausgebessert wurden. "Der Weg wird immer breiter", mahnt Maier unermüdlich, dem Treiben endlich ein Ende zu setzen.

Seiner Aufregung konnte sich im Rat niemand entziehen. Keine Sitzung, ohne dass er den Zeigefinger hob. Es war daher nicht ungewöhnlich, dass die Räte in der jüngsten Sitzung mit Maßnahmen auf die Vollsperrung der B 27 reagierten. Sie entschieden, dass die Böhringer Steig während der Baumaßnahmen nur noch in eine Richtung, aus Richtung Göllsdorf kommend, befahren werden solle, um ein mögliches höheres Verkehrsaufkommen zu unterbinden. Reiner Hils forderte sogar eine Vollsperrung der Böhringer Steig. Sein Vorschlag wurde knapp abgelehnt, der Einbahnregelung knapp zugestimmt.

Situation wird von Polizei und Ordnungsamt überprüft

Wenig überraschend, dass nun die Einhaltung der Einbahnregelung von Maier streng überprüft wird. Er wie Hils berichteten, dass sie Autofahrer aufhalten und sie auf ihr Fehlverhalten hinweisen. Derweil werde die Situation auch von Polizei und Ordnungsamt überprüft, sagte Dreher, aber er werde um verschärfte Kontrollen bitten.

Soweit herrschte noch Harmonie im Rat, wenngleich die Einbahnregelung bei den Zuhörern nicht nur auf Gegenliebe stößt. Auch die Stimmung im Rat änderte sich. Auslöser war ein Schreiben von Ordnungsamtschef Bernd Pfaff. Als untere Verkehrsbehörde könne er Sondergenehmigungen aussprechen, ohne Rücksprache mit dem Ortschaftsrat. Der Rat solle sich an den Ortsvorsteher wenden. Die Sondergenehmigung betraf eine einzelne Person eines auf der Böhringer Steig ansässigen Betriebes. Ihr wurde von Pfaff gestattet, die Böhringer Steig in beide Fahrtrichtungen zu passieren. Nicht nur bis zum Betrieb, sondern darüber hinaus bis nach Göllsdorf hinein. Argumente, die zu dieser Sondergenehmigung führten, konnte Ortsvorsteher Dreher nicht vorlegen.

Zudem wurde bekannt, dass der schwere Baustellenverkehr vereinzelt über die Böhringer Steige geleitet wird, obwohl das Sträßchen nur für ein Gewicht von 2,8 Tonnen zugelassen ist. Das sei in der Vergangenheit schon bei anderen Maßnahmen vorgekommen, sagte Dreher. Und werde künftig, etwa das neue Göllsdorfer Wohngebiet oder den Neubau der Primbrücke, wieder zu erwarten sein. Dem Rat war das unbekannt.

Sechs Räte stellen sich gegen Sondergenehmigung

Maier forderte, dass Dreher solche Maßnahmen nicht mehr alleine entscheidet, sondern sie zur Beratung dem Rat vorlegt. Dreher kenne den politischen Willen im Rat, und er wisse daher, wann eine Diskussion im Rat "zwingend notwendig sei", echauffierte er sich über den Alleingang Drehers. Dieser wies "den Affront" zurück. Es würde ihn in seiner Arbeit einschränken, wenn er kurzfristige Entscheidungen nicht mehr treffen könne. "Dann ist die Verwaltung nicht mehr funktionsfähig", wehrte er sich.

Aber auch Hils fehlt es an Klarstellungen. Etwa zum Thema, das unsere Zeitung kürzlich in einem Bericht behandelt hatte. Dabei ging es um einen Schäfer, der seinen Wohnsitz in Göllsdorf angemeldet hatte, dort aber nach Aussage von Hils "nur einen Briefkasten besitzen" würde. Tatsächlich, "und das wissen wir alle", wohne er "in einem Zelt ohne Abwasseranschluss". Das sei nicht genehmigt und widerspreche dem öffentlichen Interesse. Er wünsche sich von der Verwaltung dazu eine Stellungnahme. Indes appellierte Hils aber, Dreher nicht in seiner Kompetenz einzuschränken, bekannte Maßnahmen aber im Rat zu diskutieren.

Die von Pfaff erteilte Sondergenehmigung kam indes zur Abstimmung. Sechs Räte stellten sich gegen die Sondergenehmigung, fünf enthielten sich.