Tradition: Vortrag in Altstadt / Kritik an Kommerzialisierung führt zum Viererbund
Rottweil. Nur noch wenige Tage bis zum Narrentag des Viererbundes in Überlingen. Zur Einstimmung bot die Narrenzunft Rottweil-Altstadt einen Vortrag über diesen in der schwäbisch-alemannischen Fasnachtslandschaft einmaligen Bund an. Garniert war dieser mit einer Larvenpräsentation aus den vier Mitgliedszünften.
Eberhard Wucher, Ehrenmitglied der Kabiszunft, sowie 120 Gäste im katholischen Gemeindehaus der Altstadt nahmen sich die Zeit, sich mit der Vorgeschichte, die zur Entstehung dieses Viererbundes geführt hatte, auseinanderzusetzen. Ein einleitender Überblick über die Entstehungsgeschichte der traditionellen Fastnachten in der Südwestecke und der angrenzenden Nordschweiz schuf die Voraussetzungen, um die organisierte Entwicklung nach dem Ersten Weltkrieg nachvollziehen zu können.
Mit eindrucksvollem Hintergrundwissen beschrieb Wucher die Entstehung des "Bundes der württembergischen und badischen Narren" im Jahre 1924 durch 13 traditionsverbundenen Narrenzünfte, darunter Rottweil.
Oberndorf stößt dazu
Unterstützt durch historische Bilder erlebten die Zuhörer die ersten Narrentreffen dieser im Jahre 1930 zur "Vereinigung schwäbischer und alemannischer Narrenzünfte" umbenannten Dachorganisation, erhielten aber auch Einblick in die kontroversen Diskussionen jener Zeit innerhalb der Vereinigung über die ausufernde Zahl von Eintritten neu geschaffener Zünfte ohne historischen Hintergrund und mit durchaus kommerziellen Absichten.
Auch die nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten entstandenen Streitfelder mit der ideologischen Neuinterpretation der Fastnacht und den Gleichschaltungsbemühungen der braunen Regierung wurden eindrucksvoll aufgezeigt. Ebenso der große Knall: Ein Textauszug, den Wucher der Chronik der Narrenzunft Überlingen entnommen hatte, schilderte in drastischen Worten den Auszug der Narrenzünfte Rottweil, Elzach und Überlingen aus einer Sitzung dieser Vereinigung im Jahre 1952.
Die Kommerzialisierung, die ausufernden Wünsche nach immer mehr Narrentreffen und die Beliebigkeit der neu geschaffenen Narrenbräuche und Narrenfiguren bewogen auch die Zünfte aus Villingen und Oberndorf, diesem Schritt zu folgen. Zunächst vereinigten sich die ursprünglich ausgetreten Zünfte, damals als Narrenaristokraten oder gar als Rebellenzünfte bezeichnet, zu einem Dreierbund, ehe Oberndorf zum ersten gemeinsamen Narrentreffen 1963 dazustieß und damit der bis heute so existierende Viererbund gegründet war.