Dieter E. Albrecht macht mit seinem Schlüsseldienst weiter. Archiv-Foto: Parage Foto: Schwarzwälder Bote

Geschäftsübergabe: Unternehmen hat seinen Sitz jetzt in Deißlingen mit Aleksandar Puresevic als Chef

Er hatte sich ein Ziel gesteckt und hat es nun erreicht: Dieter E. Albrecht hat seinen Abschlepp-, Bergungs- und Pannendienst an einen Nachfolger übergeben. Seit April ist Aleksandar Puresevic für das seit 50 Jahren bestehende Unternehmen verantwortlich.

Kreis Rottweil. Dieter E. Albrecht ist einer, der jeden Schritt plant. Auch mit seinem Rückzug aus dem Abschleppgeschäft ist das so. Er wollte frei sein, "machen was ich will" – und darauf hat er in den vergangenen 26 Jahren, seit der Übernahme des Pannendiensts von seinem Vater Fritz, hingearbeitet. Hingeackert möchte man fast sagen, denn Albrecht hatte alles andere als einen leichten Start. "Drei Jahre, nachdem ich das Unternehmen geerbt hatte, geriet es in eine extreme Schieflage", erinnert sich Albrecht an die Anfangszeit.

Finanziell sei es damals so knapp gewesen, dass er mit dem Meterstab den Tankinhalt seines Abschleppfahrzeugs habe messen müssen, um sichergehen zu können, dass er seinen nächsten Kunden auch erreicht. "Dort gab es Bargeld, ich konnte tanken und mir vielleicht noch etwas zu essen gönnen", erzählt der Rottweiler von seiner wohl schwersten Zeit als Unternehmer. Seine Bank habe den Laden damals dicht machen wollen. "Auf dem Heimweg von dieser habe ich mir geschworen: Ich bin mit 50 schuldenfrei und kann machen, was ich will."

Nun, schuldenfrei war Albrecht mit 49, doch das mit der Freiheit war nur die halbe Wahrheit. 2015 wurde bei Albrecht das Asperger-Syndrom diagnostiziert, ein Mitarbeiter verlässt wegen eines Burn-outs den Betrieb. In der Selbstreflexion kommt Albrecht zu dem Schluss, dass er als Chef aufgrund seiner Behinderung emotional an seine Grenzen stößt, auch sein Engagement in der Kommunalpolitik endet daraufhin endgültig.

"Man hat mir mal vorgeworfen, ich ginge über Leichen. Aber ich habe die Leichen nicht bemerkt", sagt Albrecht im Gespräch. Er sei projektorientiert und handle zielgerichtet: "Das ist meine Gabe." Empathische Antennen für negative Empfindungen fehlten ihm hingegen. Das mache für andere den Umgang mit ihm schwierig.

Mittlerweile hat er zwei Teile der Albrechtschen Unternehmen erfolgreich veräußert. 2017 verkaufte er die Sparte Ölspurbeseitigung an einen Mitbewerber, und nach einer offensiven Kampagne hat er, nachdem intern kein Nachfolger gefunden werden konnte, den Abschlepp-, Pannen- und Bergungsdienst an den 39 Jahre alten Kfz-Mechaniker Puresevic übergeben. Auf den gebürtigen Albstädter stieß Albrecht über die IHK-Plattform "nexxt-change".

Autovermietung lohnt sich nicht in Rottweil

Puresevic suchte eine neue Aufgabe, Albrecht hatte eine. "Wir wurden uns schnell einig", erzählt Albrecht. Puresevic führt die Firma seit April unter dem Namen Albrecht weiter. Die Nutzung der notwendigen technischen Ausrüstung und der Fahrzeuge sind über einen Pachtvertrag geregelt.

Seit Oktober 2017 durchliefen Puresevic und seine Frau die einzelnen Stationen der Firma Albrecht, führten Strategiegespräche, nahmen betriebswirtschaftliche Auswertungen vor. "Dabei ist auch herausgekommen, dass sich die Autovermietung für Privatkunden am Standort Rottweil nicht trägt", sagt Albrecht. Deshalb habe Puresevic diese auch nicht übernehmen wollen. Das Büro in Rottweil werde in der Konsequenz aufgelöst. Sitz des Abschlepp-, Pannen- und Bergungsdiensts ist künftig Deißlingen, wo der neue Chef bislang ungenutzte Büroräume des Standorts in der Schwarzwaldstraße nutzt. Auch einige der bisher für Albrecht tätigen Mitarbeiter hat Puresevic übernommen.

Und Albrecht? Der ist künftig als Ein-Mann-Betrieb (mit zwei Aushilfen) im Einsatz, denn seinen Schlüsseldienst wird er auch künftig anbieten. "Ich muss ja von etwas leben", sagt der Rottweiler Unternehmer und wirft gleich hinterher, dass es dabei aber nicht bleiben soll. Sein Know-how und seine umfangreichen Kenntnisse in der Branche will Albrecht als Interimsmanager auch anderen Unternehmen zur Verfügung stellen. Bei der Fachmesse Bergen und Abschleppen 2019 in Kassel wird er mit einem Stand vertreten sein.

"Ich bin guter Dinge, was die Zukunft anbelangt", sagt Albrecht. Einen "Asperger" als Chef, das möchte er indes auf längere Dauer keinem mehr zumuten.