Er ist Bundesvorsitzender und Fraktionschef im Landtag von Baden-Württemberg: Jörg Meuthen lässt an den anderen Parteien kein gutes Haar und erhält immer wieder Applaus aus dem Publikum. Foto: Nädele

Rund 400 Besucher kommen in die Stadthalle. Kritik am politischen Gegner.

Rottweil - Die Polizei ist mit einem größeren Aufgebot vor Ort, der Eingangsbereich um die Stadthalle in Rottweil mit Absperrgittern versehen, ein Sicherheitsdienst kontrolliert den Einlass. Ernst wird es am Montagabend jedoch nicht. Die AfD-Veranstaltung verläuft ruhig.

Die Polizei lässt nichts anbrennen. In mehreren Mannschaftstransportern ist sie zur Stadthalle gekommen, um für geordnete Verhältnisse zu sorgen. Anti-Konflikt-Beamte sind im Einsatz, werden aber nicht gebraucht. Der AfD-Kreisverband hat einen Sicherheitsdienst engagiert, der den Einlass kontrolliert und dies geräuschlos machen kann.

Anders als bei anderen Veranstaltungen der AfD in den Nachbarkreisen bleibt es in Rottweil am Montagabend ruhig. Mitglieder der lokalen Agenda 21 Rottweil sind vor Ort, um für den Klimaschutz zu demonstrieren. Die Alternative für Deutschland hat sich ja im Wahlprogramm festgelegt, unter anderem das Erneuerbare-Energien-Gesetz ersatzlos zu streichen. Da gilt es, Flagge zu zeigen. Eine Gruppe Jugendlicher setzt sich für "eine offene und bunte Gesellschaft" ein – und damit ein Zeichen gegen die AfD-Programmatik. Kurz vor Beginn der Veranstaltung wird es lauter, als rund 20 jüngere Leute erscheinen, Anti-Rassismus-Parolen skandieren und die AfD als Faschisten-Partei beschimpfen.

Drinnen herrscht eine betont entspannte Stimmung. Emil Sänze, Sprecher des Kreisverbands, lässt Beethoven-Sinfonien abspielen, eine Bilderschau in der Wiederholungsschleife zeigt unter dem Motto "Rottweil zwischen Tradition und Moderne" Aufnahmen der Stadt von früher und heute. Der Test-Turm auf dem Berner Feld ist ein beliebtes Motiv. Auf einem Foto ist sogar eine wehende AfD-Fahne an die Turmspitze montiert.

Dann geht es los. Anstelle der klassischen Musik wird der umstrittene Marionetten-Song der Söhne Mannheims abgespielt. Dazu wird eine Kurzübersicht über das Wahlprogramm gegeben. Drei Hauptredner sind an diesem Abend vorgesehen: Neben dem Direktkandidaten im Wahlkreis Rottweil-Tuttlingen, Reimond Hoffmann, werden Christina Baum, Landtagsabgeordnete aus dem Wahlkreis Main-Tauber, und Jörg Meuthen, Bundesvorsitzender der AfD und Fraktionschef im Landtag, sprechen. Immer wieder betonen die Redner, sie seien keine Einthemenpartei, immer wieder jedoch kommen sie vor allem auf ein Thema zu sprechen: die Migration und die Folgen für Deutschland.

Freilich handelt es sich hier, sechs Tage vor der Bundestagswahl, um eine reine Wahlkampfveranstaltung. Da wird vor annähernd 400 Besuchern in der Stadthalle – die allermeisten sympathisieren offen mit der AfD, ein paar wenige sind aus reinem Interesse gekommen – über den politischen Gegner, Meuthen spricht von Kartellparteien, nach allen Regeln der Kunst hergezogen. Das gefällt dem Publikum.

Die Rhetorik ist immer dieselbe. Es wird eine Gefahr heraufbeschworen, vor einer Überfremdung des Landes gewarnt. Die Schuld wird den anderen Parteien gegeben. Die AfD inszeniert sich dann als Retter, lässt aber im Vagen, wie die Lösung des Problems konkret aussehen wird. Es ist halt Wahlkampf, da gelten andere Gesetze.

Die AfD sagt von sich, sie sei die einzige Oppositionspartei und ticke anders als alle anderen. Sie scheint indes von CDU und Co. ein besonderes Verhaltensmuster abgekupfert zu haben. Es ist noch nicht allzu lange her, da schalt Emil Sänze seinen Fraktionschef Meuthen in aller Öffentlichkeit und Deutlichkeit. Das war, als die AfD-Fraktion im baden-württembergischen Landtag über den Streit um antisemitische Äußerungen des AfD-Abgeordneten Wolfgang Gedeon zerbrach.

Vergessen. Am Montagabend ist das einfach vergessen. Da nennt er ihn "Freund und Kollegen". Irgendwie sind sie sich dann doch ähnlicher, als sie selbst wahrhaben wollen.