Rund 1000 Euro hat ein 60-Jähriger zu viel an Sozialleistungen erhalten. Seine ehemalige Sachbearbeiterin sagt im Prozess aus.
Der 60-jährige Angeklagte – ein Kunde beim Jobcenter im Kreis Tübingen– möchte sich am Amtsgericht Rottenburg rausreden. Grund des Prozesses ist ein Minijob, den er dem Jobcenter nicht auf Anhieb gemeldet haben soll. Jetzt ist er wegen Betrugs angeklagt. Trotz seines neuen Jobs hat er in rund drei Monaten noch rund 1000 Euro zu viel an Leistungen erhalten. Vor Gericht erklärt der Mann: „Ich dachte der Arbeitgeber muss dem Jobcenter Bescheid sagen.“ Tatsächlich ist die Meldung aber seine eigene Pflicht. Erst nach eineinhalb Monaten sei er mit einer Lohnabrechnung seines neuen Minijobs zum Jobcenter gegangen.
Wie der 60-Jährige aufgeflogen ist, beschreibt eine Sachbearbeiterin des Jobcenters als Zeugin vor Gericht. „Wir haben durch einen automatisierten Datenabgleich von dem Minijob erfahren.“ Daraufhin sei der Mann angeschrieben worden, weil es manchmal unkorrekte Meldungen gebe. Eine Meldung seinerseits sei nicht erfolgt. „Er hat erst auf das Anschreiben hin reagiert.“
Die Behauptung des Angeklagten, er habe nicht gewusst, dass er das Jobcenter informieren muss, konnte die Sachbearbeiterin entkräften. Sie sagt: „Unsere Kunden werden bei der Antragsstellung informiert. Wir weisen auch in einem Schreiben immer darauf hin, dass alle Änderungen mitzuteilen sind.“ Zusätzlich gebe es ein Merkblatt, das in verschiedenen Sprachen angeboten wird.
Höhe der Strafe verringert sich
Trotzdem, dass sich die Betrugsvorwürfe gegen den 60-Jährigen vor Gericht bestätigt haben, fällt seine Strafe geringer aus als zunächst bemessen. Ursprünglich angesetzt waren 30 Tagessätze zu je 40 Euro. Das sind 1200 Euro. Amtsgerichtsdirektor Stefan Fundel sagt: „30 Tagessätze sind zutreffend, nicht zutreffend dürfte die Tagessatzhöhe sein.“ Grund sind die finanziellen Verhältnisse des Mannes. Er erhält monatlich rund 650 Euro vom Jobcenter plus die Miete und verdient in seinem Minijob noch 551 Euro hinzu. Außerdem lebt er in einer Bedarfsgemeinschaft mit seiner Frau. Fundel meint, eine angemessene Tagessatzhöhe sei wohl derzeit eher bei 25 Euro und damit bei einer Gesamtstrafe von 750 Euro.
Diesen Einwand des Richters nutzt der Angeklagte als Gelegenheit, um eine Art Preisverhandlung zu beginnen. Er könne lediglich 600 Euro „irgendwie bezahlen“. „Ich bin selber krank, habe Einschränkungen“, führt er als Begründung an. Doch Richter Fundel weist ihn zurecht: „Wir sind hier nicht auf dem Basar und handeln nicht!“
Schließlich gelangt der Angeklagte zu der Einsicht, seinen Einspruch gegen den Strafbefehl wie vom Richter vorgeschlagen auf die Tagessatzhöhe zu beschränken.
Laut Urteil muss er jetzt 750 Euro bezahlen, möglich ist das auch in Raten. Alternativ kann er die Strafe abarbeiten.