Norbert Lammert unterstützt das Rottenburger Schulprojekt gegen Rassismus. Foto: Lang

Das Schülerprojekt gegen Rassismus der Stadt Rottenburg soll über Rassismus informieren und Jugendlichen Rückendeckung geben. Unterstützt wird das Projekt unter anderem von Ex-Bundestagspräsident Norbert Lammert, der dem Eugen-Bolz-Gymnasium einen Besuch abstattete.

Rottenburg - Im Alltag, bei der Arbeit oder eben in der Schule: Rassismus und Ausländerfeindlichkeit dürfen keinen Platz in der Gesellschaft finden und sollten schon im Keim erstickt werden. Dabei ist es wichtig, bereits früh aufzuklären, was Rassismus ist und wie man damit umgehen kann. Daher hat der Integrationsbeirat der Stadt Rottenburg, unter Federführung der Vorstandsmitglieder Pietro Scalera und Fatima Kahrimanovic, das Schulprojekt gegen Rassismus ins Leben gerufen.

Mit dabei war auch das Eugen-Bolz-Gymnasium (EBG). Am Donnerstag nahmen die Schülerinnen und Schüler der neunten Klasse des Gymnasiums an einem Workshop des Integrationsbeirates teil. Den Jugendlichen wurde dabei vermittelt, was Rassismus ist, wie man Rassismus erkennt und wie man handeln kann oder sollte, wenn man sich mit Rassismus, direkt oder indirekt konfrontiert sieht. Gleichzeitig soll das Projekt, erklärt Pietro Scalera "Schülern, die rassistische Erfahrungen gemacht haben, den Rücken stärken und die Möglichkeit schaffen, Gehör zu finden." In dem Projekt steht der Austausch der Schüler und Experten im Vordergrund.

Prominente Unterstützung für das Projekt

Unterstützt wird das von der Stadt getragene Schülerprojekt nicht nur von den weiterführenden Schulen Rottenburgs, sondern auch von allerlei Experten und Prominenz aus Politik und Kultur, darunter auch Musiker Udo Lindenberg, Seenotretter Friedhold Ulonska, Bundestagsvizepräsidentin Aydan Özoğuz (SPD) und der ehemalige Bundestagsabgeordnete und CDU-Bundestagsfraktionsvorsitzende Volker Kauder. Einige dieser Persönlichkeiten, wenn nicht gar alle, werden im Laufe des Schulprojekts gegen Rassismus der Stadt einen Besuch abstatten und den Schülern für ihre Fragen zum Thema zur Verfügung stehen?

Zu den Unterstützern des Projekts gehört auch der ehemalige Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU). Lammert hatte sein damaliges Amt – das er seit 2005 ausgeführt hatte und sich hier parteiübergreifend großen Respekt verdient hatte – nach der Bundestagswahl 2017, zu der er auch nicht mehr kandidierte, abgelegt. Seitdem hat er sich aus der aktiven Politik zurückgezogen. Für das Schulprojekt gegen Rassismus nahm er sich gerne die Zeit, nach Rottenburg zu reißen.

"Rassismus war wie das Wetter"

Nach dem Workshop stand Lammert den Kindern für Fragen zur Verfügung. "Unsere Gesellschaft hat sich hinsichtlich Rassismus und Ausländerfeindlichkeit dahingehend geändert", findet Norbert Lammert, "dass es stärker thematisiert und offener angesprochen wird." Als er noch jung gewesen sei, hätte es auch natürlich auch genauso viel oder mehr Rassismus in der Gesellschaft gegeben, aber: "Man hat damals nicht darüber geredet. Es war halt ein Teil des Lebens, wie das Wetter." Dass rassistische Tendenzen in der Gesellschaft nicht weggehen, wenn man sie ignoriert, ist ihm aber bewusst.

Recht deutliche Worte findet Lammert, als die Schüler ihn auf die Alternative für Deutschland (AfD) ansprechen. Deren Einzug in den Bundestag 2017 hat demnach Lammerts Entscheidung, sich aus der parlamentarischen Arbeit zurückzuziehen, nur bestätigt und bekräftigt. "Der ehemals bürgerliche Teil der AfD hat sich zurückgezogen und mittlerweile hat der nationalistische Flügel der Partei dort die Oberhand." Für ihn ist das aber der Preis der Demokratie und er zieht Vergleiche zu Frankreich, wo die rechtsnationalistische Marine LePen in der letzten Präsidentschaftswahl nur knapp von dem liberalen Emmanuel Macron geschlagen wurde, zu Italien, wo jetzt eine rechtsextreme Regierungskoalition unter der rechtspopulistischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni regiert und zu den USA, wo mit Donald Trump 2016 "ein Vollidiot zum Präsidenten gewählt wurde", dessen rechtsextreme Politik nur Mittel zum Zweck seiner narzisstischen Persönlichkeit seien. Mit Verweis auf die Geschichte der Bundesrepublik befürchtet Lammert in Deutschlands aktuellen Rechtspopulisten ebenso eine Gefahr, wie er im demokratischen Widerstand gegen die AfD eine Chance für die Republik sieht.

Ist ein Böllerverbot verhältnismäßig?

Ebenfalls zur Sprache kamen die Ausschreitungen an Silvester und ein potenzielles Böllerverbot. "Ich persönliche brauche keine Böller, um zu feiern", meint Lammert dazu, "aber für viele unserer Mitbürger gehört das eben dazu." Wichtig sei die Verhältnismäßigkeit, also ob ein allgemeines Verbot nicht zu weit ginge. "Meiner Meinung nach sollten wir den Bürgern nicht zuviel verbieten, sondern ihnen möglichst viele Freiheiten lassen." Lokal begrenzte Verbotszonen seien für ihn aber durchaus möglich.

Lammert selbst – der bevor er in die Politik ging, zeitweise Musik studieren und Dirigent werden wollte – hatte zum Schluss auch eine Frage an die Schüler: ob sie es sich vorstellen könnten, in die Politik zu gehen. Spürbar war Unsicherheit, Schüchternheit bei den Jugendlichen. Umso interessanter könnte es dann sein, was die Zukunft für die Kinder bringt.