Justiz: Rottenburgs Oberbürgermeister Stephan Neher wurde erneut von einem Mitglied der Partei angezeigt

Rottenburgs Oberbürgermeister Stephan Neher (CDU) erhielt Post von der Kriminalpolizei. Inhalt: Ein Mitglied der AfD wirft ihm Beleidigung vor und hat ihn deshalb angezeigt.

Rottenburg. In einer Pressemitteilung erklärt Rottenburgs Oberbürgermeister Stephan Neher, dass er am 3. August Nachricht von der Kriminalpolizei erhielt, die ihn im Auftrag der Staatsanwaltschaft Tübingen in der Sache vernehmen soll. Die Umstände, die zur Einleitung des Strafverfahrens gegen ihn geführt haben, erklärt er in der Mitteilung ebenfalls.

In seinem schriftlichen Grußwort zu den "Internationalen Wochen gegen Rassismus" in Rottenburg im März diesen Jahres, warnte Neher davor, "dass durch das Erstarken extremer politischer Parteien ein friedliches Zusammenleben in Respekt und Toleranz gefährdet sei". Er erklärte, dass bei der Bundestagswahl 2017 mit der AfD eine Partei in den Bundestag eingezogen sei, "bei der Ausländerfeindlichkeit und Rassismus im Programm stehen". Diese Aussage veranlasste ein Mitglied der AfD, das in der Mitteilung nicht namentlich erwähnt wird, nun dazu, Anzeige gegen Neher zu erstatten.

"Dass die AfD populistisch gegen Flüchtlinge und Ausländer und Ausländerinnen Stimmung macht ist offensichtlich, wenn die Landtagsfraktion in Baden-Württemberg unsere Landtagspräsidentin Aras aufgrund ihrer türkischen Wurzeln nicht als Präsidentin akzeptiert", schreibt der Oberbürgermeister in seiner Mitteilung.

Er nennt weitere Beispiele wie die Aussagen von Alexander Gauland, Bundessprecher und Fraktionsvorsitzender seiner Partei, über die frühere Integrationsbeauftragte Aydan Özoguz (SPD), die Gauland "am liebsten in Anatolien entsorgen will". Oder, dass Fraktionsvorsitzende und Oppositionsführerin Alice Weidel im Bundestag davon spricht, "dass ›Burkas, Kopftuchmädchen und alimentierte Messermänner und sonstige Taugenichtse‹ nicht den Wohlstand, das Wirtschaftswachstum und vor allem den Sozialstaat in Deutschland sichern".

Neher spricht noch von vielen weiteren, "wohl auch radikaleren und menschenverachtenderen Zitaten und Stellungnahmen von weniger bedeutsamen AfD-Politikern und -Politikerinnen", die sich aufführen ließen.

Die Stadt Rottenburg, schreibt Stephan Neher, werde als weltoffen wahrgenommen und es sei vielen Akteuren zu verdanken, dass sich die Stadt gegen jegliche Tendenz der Ausländerfeindlichkeit und Intoleranz stelle. Diese Grundeinstellung sei ihm sehr wichtig, "da gerade unser Ehrenbürger Eugen Bolz diese Werte verteidigte und letztendlich mit seinem Leben bezahlte". Auch das Aktionsprogramm bei den "Internationalen Wochen gegen Rassismus" fand laut Neher in der Stadt große Zustimmung und viele positive Reaktionen.

Schon im Jahr 2014 gab es eine Anzeige

Bereits im Jahr 2014 zeigte die AfD den Rottenburger Oberbürgermeister wegen Beleidigung, übler Nachrede und Verleumdung an – Neher musste damals 3000 Euro Strafe zahlen. Damals sprach und warnte er im Wahlkampf zur damaligen Europawahl, bereits vor den "radikalen Tendenzen der AfD und der Gefahr für das geeinte Europa und die Demokratie in Deutschland", die er darin sah.

Seiner Meinung nach habe sich die AfD seither "deutlich in ihren Forderungen und Formulierungen radikalisiert und schon sehr oft den Ton in einer heftigen politischen Auseinandersetzung verfehlt".

Warum er sich nun mit dem Vorwurf der Beleidigung konfrontiert sieht, ist Neher nicht verständlich, er habe lediglich darauf hingewiesen, "dass die handelnden Personen der AfD ihre ausländerfeindlichen und rassistischen Programminhalte anpreisen".

Abschließend schreibt der Oberbürgermeister: "Mir ist es wichtig, dass möglichst viele unsere Grundwerte verteidigen, damit in Deutschland und Europa eine menschenfreundliche und weltoffene Grundeinstellung erhalten bleibt." In einigen europäischen Staaten hätten die Populisten bereits Regierungsverantwortung und arbeiteten "tatkräftig an der Umkehr bisher geltender europäischer und christlicher Werte". Deshalb sei es wichtig, "vor der AfD zu warnen, damit uns solche Umkehrungen erspart bleiben und wir als Bürger und Bürgerinnen in diesem Land sicher und in Freiheit leben können".