Der Freiburger Professor Alexander Heising gab am Donnerstagabend einen kurzweiligen Einblick in die römische Geschichte Rottenburgs. Foto: Rath Foto: Schwarzwälder-Bote

Vortrag: Alexander Heising referiert zu neuen Erkenntnissen über Sumelocenna

Von Annika Rath

Rottenburg. Schon viel wurde zur Geschichte des römischen Rottenburg geforscht und gegraben. Dass es dennoch immer wieder neue Erkenntnisse gibt, zeigte der Professor Alexander Alexander Heising am Donnerstagabend bei einem kurzweiligen Vortrag im Sülchgau-Museum in Rottenburg. Passend lautete der Titel: "Neues und (Alt-)Bekanntes zu einer römischen Stadt."

Das Interesse war dementsprechend groß. Mehrere Male mussten aus dem Lager Stühle nachgeholt werden, bis alle interessierten Zuhörer einen Platz fanden. Und der Andrang war nicht umsonst: Gleich mehrere neue Überlegungen lieferte der Experte.

Dazu gehörte etwa folgende: Lange wurde die Errichtung der hinteren Limeslinie am Odenwald und entlang des Neckars auf die Zeit zwischen 90 und 95 nach Christus datiert. "Nach den neuesten Erkenntnissen müssen wir das Datum aber um 20 Jahre nach hinten verschieben – und damit auch die Gründung von Sumelocenna", berichtete der Experte aus Freiburg. Zwischen 105 und 115 ist also das römische Rottenburg entstanden.

Dabei war es nicht eine militärische, sondern eine zivile Gründung: Der Grund für diese Annahme ist die folgende Auffälligkeit: "In Rottenburg lässt sich kein Kastell nachweisen." Stattdessen wurde am Nordrand Rottenburgs eine alte Inschrift aus dem zweiten Jahrhundert mit der Aufschrift "Saltus Sumelocennensis" gefunden. Damit wurde nicht nur der Name, sondern auch die rechtliche Stellung der Stadt überliefert.

Ein unbekannter Reichtum verlieh Rottenburg in der Antike eine besondere Stellung

Mit dem Ausdruck "Saltus" wurde zur damaligen Zeit ein sogenanntes kaiserliches Dominalland bezeichnet. Sumelocenna war folglich ein Sondergebiet und stand also im direkten Besitz des Kaisers Draian. Alle Abgaben gingen direkt in die kaiserliche Kasse. "Die kaiserlichen Besitztümer lagen vor allem in reichen Gegenden, so was gab es eher selten", betonte Heising die herausragende Stellung des Ortes. "Es muss hier etwas Wirtschaftliches gegeben haben, was zu Reichtum geführt hat." Bisher wisse man jedoch nicht, woher dieser Reichtum kam.

Eine weitere Inschrift gibt Aufschlüsse über die Stellung des alten Rottenburgs. In Köngen im Landkreis Esslingen wird die "Civitas Sumelocennensis" erwähnt. Dabei steht das "Civitas" für ein größeres Gebiet ähnlich einem heutigen Kreis. Dort gab es einen Hauptort, in dem die Hauptverwaltung saß. Zu Sumelocenna gehörte also ein ganzes Gebiet.

Wie groß das Gebiet genau war, könne man nicht rekonstruieren. Jedoch gehörte das Kastell in Köngen noch dazu. Weiter erstreckte es sich wohl bis zur Schwarzwaldkante auf der westlichen Seite und dem äußeren Limes Richtung Osten. "Der Kreis war auf jeden Fall groß. Dies spricht für den einstigen Rang Rottenburgs", so der Experte. Die Zuhörer bestätigten ihm lachend die bestehende heutige Wichtigkeit der Kommune.

Zu den zentralen Bauten eines Verwaltungssitzes gehörte ein Forum. Ein solcher Fund fehlt bisher leider in Rottenburg. Dafür konnten aber bei mehreren archäologischen Grabungen drei Bäder ausfindig gemacht werden. Das erste Bad am Rande der Stadtmauer war ein klassisches Reihenbad. Mehrere Bereiche konnten in einem Zirkel durchlaufen werden. Als Teil eines "Praetoriums" diente es als Quartier für Beamte, die auf der Fernstraße von Süden nach Norden unterwegs waren.

Weitere wichtige Bauwerke waren der Tempelbezirk, ein hochwertiges Stadthaus am heutigen Eugen-Bolz-Platz mit einer Frontseite von 22 Metern und eine Wasserleitung von mehr als sieben Kilometer Länge. Auch die Stadtmauer, zwei Kilometer lang und 28 Hektar Fläche umfassend, muss hier genannt werden: Nur sechs Orte im damaligen Limes-Gebiet wurden von Mauern umgeben. "Das alles sind Merkmale, die Sumelocenna so bedeutend machen."