Kein leichter Job hinter Gitter. (Symbolbild) Foto: dpa

Kein leichter Job hinter Gitter. Erhebliche Überbelegung im geschlossenen Vollzug.

Rottenburg - Der Beruf des Justizvollzugsbeamten genießt in der Gesellschaft nicht immer den besten Ruf. Ein Grund, warum das Interesse an dem Job Luft nach oben hat, ist wohl auch das Risiko, das die Arbeit hinter Gitter mit sich bringt.

Wie gefährlich der Beruf sein kann, zeigt folgender Trend: In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der schwereren Angriffe auf Justizvollzugsangestellte in baden-württembergischen Gefängnissen mehr als verdreifacht. Registrierten die Haftanstalten im Jahr 2010 noch 10 ernstere Vorkommnisse, nach denen ein Mitarbeiter seinen Dienst nicht mehr ausüben konnte, so waren es 2015 bereits 26 und 2018 insgesamt 34.

"Der Respekt vor Regeln und vor Autoritäten geht dramatisch zurück", sagte Landes-Justizminister Guido Wolf (CDU, Tuttlingen). "Das setzt sich fort bis in unsere Haftanstalten. Auch dort nehmen die sicherheitsrelevanten Vorfälle zu." Auch an der Justizvollzugsanstalt (JVA) in Rottenburg (Kreis Tübingen) geht dieser beunruhigende Trend nicht vorbei. "Wir müssen feststellen, dass Beleidigungen und körperliche Übergriffe auf die Justizvollzugsbediensteten in unserem Haus zunehmen", berichtet der Leiter der JVA, Matthias Weckerle, unserer Zeitung.

Erhebliche Überbelegung im geschlossenen Vollzug

Gründe dafür sieht Weckerle zum einen am sich verändernden Klientel: Es gebe immer mehr Gefangene mit psychischen Erkrankungen. "Das macht den Umgang schwieriger." Dazu kommt der Anstieg an ausländischen Gefangenen seit drei Jahren. "Viele dieser Häftlingen haben in ihren Heimatländern durch Krieg und Terror traumatische Erlebnisse durchlebt, die sich auf das Verhalten im Vollzug auswirken", meint Weckerle. Zudem kämpfen die Beamten mit Verständigungsproblemen. Neben der Art des Klientels sorgt auch die Menge an Inhaftierten für dicke Luft hinter den Mauern. Wie viele andere Anstalten, hat auch die JVA in der Neckarstadt mit einer erheblichen Überbelegung im geschlossenen Vollzug zu kämpfen. Zu viele Gefangene, zu wenig Vollzugsbeamte - eine gefährliche Mischung. Konkrete Zahlen möchte Weckerle nicht nennen, aber in Rottenburg habe es im laufenden Jahr mehrere Angriffe auf Beamte gegeben, die eine Dienstuntauglichkeit zur Folge hatten.

Personalmangel kann entgegengewirkt werden

Trotz dieser traurigen Entwicklung blickt Weckerle, der seit 2010 die Leitung der Rottenburger JVA innehat, den kommenden Jahren zuversichtlich entgegen. Man habe aktuell einige Mitarbeiter, die zwar noch in der Ausbildung stehen würden, die aber dem Personalmangel künftig entgegenwirken könnten, erklärt Weckerle. Gleichzeitig hofft der Leiter darauf, dass sich mehr Menschen für diesen Beruf begeistern können, der "abwechslungsreich, spannend, aber auch belastend ist". "Unsere Mitarbeiter müssen täglich den Spagat schaffen zwischen dem nahen, betreuerischen Umgang mit den Inhaftierten und dem nötigen Abstand zu ihnen, sodass es zu keinen Angriffen kommt", erklärt der Leiter. Es sei Aufgabe der Politik, der Medien und des Vollzugs selbst, dafür zu sorgen, das Berufsbild wieder in ein besseres Licht zu rücken.