Künstlerin Michaela Fischer Foto: Privat Foto: Schwarzwälder Bote

Kunst: Michaela Fischer stellt ihren "Via Crucis" in Rottenburg aus, bevor er nach Freudenstadt kommt

Michaela Fischers "Via Crucis" wird ab dem 10. Februar im Rottenburger Diözesenmuseum zu sehen sein. Nach Ende der Ausstellung wird er dann fester Bestandteil der Taborkirche in Freudenstadt werden.

Rottenburg/Freudenstadt. Ein gebeugter Jesus, trauernde Frauen, ein Kreuz: Die Symbolsprache des Kreuzweges der Ilsfelder Künstlerin Michaela Fischer greift eingängige christliche Passionsmotive auf. Gleichzeitig verwirklicht sie ihren "Via Crucis" aber mit ganz eigenen, neuen Materialfindungen. So wirken die Kreuzwegstationen aufgrund eingearbeiteter Gipsbinden reliefartig, und auch Seidenpapierlagen heben die Gewänder der Figuren dreidimensional hervor.

An den 15 Kreuzwegstationen, die nach Abschluss der Innenraumsanierung die Wände der Taborkirche zieren werden, arbeitete die Künstlerin mehrere Jahre. Fischer schuf den Kreuzweg eigens für die Freudenstädter Kirche: "Ich habe die Stationen extra auf den Innenraum zugeschnitten." Bei der Ausstellung in Rottenburg wird der Kreuzweg erstmals der Öffentlichkeit gezeigt.

Diözesenkonservatorin Melanie Prange habe die Ausstellung in Rottenburg veranlasst, denn sie habe Interesse daran gehabt, Fischers Kreuzweg auszustellen, erinnert sich die Künstlerin. Gleichzeitig lege die Kirchengemeinde der Taborkirche in Freudenstadt allerdings Wert darauf, dass der Kreuzweg am Aschermittwoch in der eigenen Kirche seine Heimat findet. Deshalb kann die "Via Crucis" nur für kurze Zeit in Rottenburg verweilen.

15. Station ist größer

Alle Kreuzwegstationen haben eine Abmessung von 52 auf 36 Zentimetern, nur die 15. Station ist größer und wird daher in der Seitenkapelle hängen. Diese Station zeigt den Auferstandenen, der in leuchtenden Gelbtönen gehalten ist. Auf der Rückseite ist ein Stein abgebildet. Dieser stehe für Gewalt, erklärt die Künstlerin. "Die Auferstehung ist eine sehr fragile Geschichte, sie ist in Gefahr und kann jederzeit brechen oder auch zerbrechen"

Fischer fühlt sich in ihrer Rolle als Künstlerin als jemand, "der Anstöße gibt und den Weg weisen kann, wie man sich mit den Kunstwerken auseinandersetzen kann". Ihr Kreuzweg beruhe auf der Annahme, dass jeder seinen Kreuzweg suchen und finden muss – und sich dazu Gedanken um das Finden des eigenen Kreuzweges macht. Die Kreuzwegstationen geben viel Raum für Assoziationen und Anregungen zur Eigenreflexion. "Man stellt sich vielleicht die Frage ›Wo bin ich und wie verläuft mein eigener Kreuzweg?‹"

Für Fischer stellt sich nicht zuletzt auch die Frage, wo Kreuzwege heute stattfinden – wo steht der Einzelne, auch politisch gesehen? "Und wo könnte ein Kreuzweg hier und jetzt stattfinden?" Einsamkeit und soziale Isolation berühren die Künstlerin. Wenn man nichts mehr von seinen eigenen Nachbarn mitbekommt, finde hier bereits ein Kreuzweg im Kleinen statt.

Lange hat die Künstlerin nach geeigneten Materialien gesucht und hat um die Ausgestaltung der Kreuzwegstationen gerungen. Gips- und Mullbinden ergeben gemeinsam mit Farbpigmenten auf dem Bildträger eine reliefartige Struktur. Sie wollte, sagt Fischer, auf allen Tafeln nur den großen Gestus zeigen – sie vermied es etwa, das Antlitz von Jesus oder den trauernden Frauen konkret herauszuarbeiten. So könne sich der Betrachter besser mit dem Kreuzweg und seinem Geschehen identifizieren. "Jeder kann es sein, auch ich selbst."

Bewusst stellt sie die Gestalt Jesu vor übergroße, graue Hausformationen. Und sie will auch Jesus im Zeichen des Kreuzes darstellen. "Ich will nicht das Grauen zeigen, sondern darstellen, dass der Kreuzweg im Alltag stattfindet – etwa in der Isolation oder Einsamkeit."

Tiefere Bedeutung

So bricht Jesus auf Fischers fünfter Station beispielsweise fast im Vierfüßlerstand zusammen. Er kann sich kaum halten – Simon von Cyrene stützt Jesus und trägt für ihn das Kreuz.

Morbide scheint die Struktur des Mauerwerks hervor, doch die Figuren sollen im Vordergrund stehen, merkt die Künstlerin an. In mehreren Schichten bringt Fischer ihre Figuren auf, immer wieder wird eine Schicht übermalt und überarbeitet. Sie selbst liebt die Darstellung von Jesus im Schoße seiner Mutter. Auch an dieser hat sie längere Zeit gearbeitet, wollte erreichen, dass die Kreuzwegstation eine brillante Ausstrahlung – eine Strahlkraft – hat.

Auch die Station, welche die trauernden Frauen zeigt, hat für Fischer eine tiefere Bedeutung: Sie will zeigen, dass Trauer jeden anders trifft und dass deshalb auch jeder seine Art hat, zu trauern. Die Passionsgeschichte findet in Fischers Kreuzweg eine an Intensität nicht zu überbietende Präsenz, der Betrachter ist ergriffen und gepackt von der Geschichte des Leidens und Sterbens Jesu.

Weitere Informationen: Die Vernissage mit der Künstlerin findet am Sonntag, 10. Februar, ab 15 Uhr statt.