Wincent Weiss tritt am 17. August beim Rottenburger Sommer Open-Air auf. Foto: Christoph Köstlin

Shootingstar singt Pop, mag aber am liebsten Metal. Manchmal ist ihm Rummel zu viel. Großes Interview

Rottenburg - "Hallo, hier ist der Wincent", sind die ersten Worte am anderen Ende der Telefonleitung. Am "Du" kommt man bei einem der Shootingsstars der deutschen Musikszene nicht vorbei. Weiss, der sich selbst als schüchterner Typ bezeichnet, ist so etwas ein "Schwiegermutter-Liebling". Der nette Junge von nebenan, der aus dem hohen Norden plötzlich einer der Großen auf dem deutschen Musikmarkt ("Musik sein", "Feuerwerk") geworden ist.

Hallo Wincent, wo steckst Du gerade?

Endlich mal wieder daheim. Ich nehme gerade zusammen mit Santiano MTV Unplugged auf, ich bin da Gastsänger. Da habe ich die Gelegenheit genutzt, zu Hause zu schlafen.

Sicherlich mal schön, daheim zu sein...

Definitiv. Das ist für wenige Tage im Jahr mein Ankerpunkt, bei meiner Mom und meiner kleinen Schwester zu sein. Obwohl, es war auch Arbeit (er lacht): Die ersten beiden Tage habe ich mit meiner Mutter die Buchhaltung gemacht.

Und dann Santiano. Das ist ja musikalisch etwas ganz anderes...

Ja, manche werden sich wirklich wundern, dass ich eingeladen wurde. Aber es ist eine spannende Erfahrung.

So wie Deine Teilnahme bei "Sing meinen Song", die aktuell auf Vox läuft? Wie ist es, mit anderen Künstlern zusammenzuarbeiten?

Ich habe sicherlich etwas gelernt. Aber auch die anderen. Es ist eine tolle Erfahrung. Und obwohl ich nicht der Jüngste war, war ich derjenige mit der jüngsten Karriere. Da kann man für sich noch einiges mitnehmen.

Johannes Oerding, Jeanette Biedermann, Alvaro Soler, Milow, Jennifer Haben und Michael Patrick Kelly – wer hat Dich am meisten beeindruckt?

Es sind alles tolle Sänger und Menschen. Johannes kannte ich schon vorher, wir sind befreundet. Ansonsten kennt man jeden nur oberflächlich und hört von ihnen aus dem Radio. Am meisten beeindruckt hat mich in unseren vielen gemeinsamen Gesprächen Michael Patrick. Ich wusste ehrlich gesagt nicht, dass er zur Kelly Family gehörte. Die war vor meiner Zeit. Es war spannend, Dinge zu erfahren, die ich vorher nicht wusste, zum Beispiel dass er im Kloster war.

Machen seine Erfahrungen nicht Angst? Dieser Hype, den man selbst nun auch erlebt?

Ich glaube, das war noch eine andere Dimension. Das war ja eine Ausnahme, die so krass gar nicht mehr stattfindet. Aber natürlich macht das nachdenklich. Dieser ganze Rummel ist nicht so meins. Einige Künstler stehen darauf, wenn alle etwas von einem wollen. Ich bin eher der ruhigere, zurückgezogene Typ.

Wird Wincent Weiss auch mal ein paar Jahre im Kloster abtauchen?

(Er lacht). Ob es so eine drastische Maßnahme sein muss, weiß ich nicht. Aber so ein, zwei Jahre Auszeit, so wie es andere Künstler machen – das kann ich mir auch vorstellen.

Aber gerade bist Du eher der Dauerbrenner: Dein zweites Album mit dem Titel "Irgendwie anders" ist auf Platz zwei der deutschen Charts. Fällt es da schwer, eine Pause zu machen?

Wenn es so gut läuft, dann will man natürlich auch weitermachen. Doch ich habe mittlerweile auch gelernt, Nein zu sagen und auch mal einen Konzerttermin nicht anzunehmen. 80 Tage hintereinander, das ist einfach zu viel.

Und dabei sieht es so aus, als läuft bei Dir alles ohne Allüren ab. Bist Du der Saubermann der deutschen Musikszene?

Ich muss mir keine Allüren zulegen. Ich glaube, ich bin einfach nur nett und sicherlich auch ein Schwiegermama-Liebling. Aber damit kann ich gut leben. Es ist ja insgesamt so, dass die neue deutsche Pop-Szene eher ein Saubermann-Image hat.

Deine Musik spiegelt das ja auch wider. Hörst Du diese Musikrichtung selbst?

Ehrlich gesagt höre ich am liebsten Metal. Das ist auch die Musik, die ich zuerst gemacht habe.

Das überrascht. Gibt es Dich so mal auf der Bühne?

(Er schmunzelt). Ich kann mir schon vorstellen, dass ich das irgendwann mal ausprobiere, so als Sidekick mit Alter ego.

Gibt es ein Thema, das Du nicht mehr hören kannst?

Die häufigste Frage ist, ob mein Name ein Künstlername ist (es ist keiner, Anm. d. Red.). Auf DSDS werde ich nicht mehr so oft angesprochen. Aber es war eine tolle Erfahrung, die ich nicht missen möchte.

Gibt es noch Kontakte aus der Zeit?

Nein, leider irgendwie nicht. Nur mit Tom und Bill Kaulitz, die in der Jury saßen.

Mit Dieter Bohlen nicht?

Mit dem hatte ich eigentlich gar nicht so richtig zu tun.

Wenn Du ihm begegnest, würdest Du ihm was sagen?

Ich glaube, es wäre eine normale Unterhaltung. Ich habe da keine Rechnung offen und muss ihm auch nicht sagen: Jetzt habe ich es ihm gezeigt.

Bald geht es auf Tour. Wie ist es so in der Fremde?

Leider kommt man auf der Tour nie so richtig dazu, sich etwas von der Gegend anzuschauen. Aber wir haben uns vorgenommen, das zu ändern. Denn der Schwarzwald zum Beispiel interessiert mich sehr. Ich freue mich darauf. 

Info: Wincent Weiss in der Region

25. Juli: Hohentwiel-Festival, Singen

17. August: Sommer Open-Air, Rottenburg

30. November: Hanns-Martin-Schleyer-Halle, Stuttgart