Tübingens OB Boris Palmer kritisiert den Umgang mit dem Coronavirus in Rottenburg.Foto: Soeder Foto: Schwarzwälder Bote

Kommunales: Bei Markus Lanz zweifelt Tübingens Oberbürgermeister die Rottenburger Corona-Regelungen an

Rottenburg/Tübingen. Wie gerechtfertigt sind die schärferen Regeln, die Rottenburgs Oberbürgermeister Stephan Neher im Umgang mit Corona aufgestellt hat? Darum ging es unter anderem im Gespräch zwischen Markus Lanz und Boris Palmer. Und der findet mal wieder klare Worte. Aber ob die auch stimmen?

Am Mittwochabend war Palmer bei Lanz im ZDF zu Gast. Der Moderator wollte von ihm wissen, welche Krisenpläne er als Oberbürgermeister in Tübingen aktiviert habe. Palmer ist gegen einen "Shutdown" in der aktuellen Corona-Lage. In Tübingen werden erst Veranstaltungen ab 1000 Personen abgesagt.

Ganz anders sieht es in der Nachbarstadt Rottenburg aus. Dort hat Oberbürgermeister Stephan Neher veranlasst, dass Veranstaltungen schon ab 300 Menschen nicht mehr stattfinden dürfen. Die Bürger fragen sich, wieso es nicht auch in Tübingen härtere Maßnahmen gibt.

Die Entscheidung von Neher sei – laut Palmer – in diesem Fall bloße "Augenwischerei". In Rottenburg könne diese Regel nur bestehen, weil es dort gar keine Halle gebe, die mehr als 300 Menschen fasse. "Aber in der Zeitung steht natürlich: Rottenburg hat die schärfste Regelung", so Palmer.

Doch der Faktencheck zeigt, dass Palmer da irrt. OB Neher schreibt auf Facebook: "Wir haben uns an der Kapazität der Festhalle orientiert. Allein im großen Saal haben 600 Personen Platz". Und in die Volksbank Arena passen sogar rund 1000 Menschen.

Für seine Ausführungen zum Thema Corona wird Palmer im Netz auch gelobt. "Danke für die klaren Worte lieber Boris Palmer. Es ist ein sicheres Gefühl in Tübingen zu wohnen und einen OB mit eigenem Kopf und Pragmatismus zu haben", schreibt ein Nutzer.

Palmer spricht sich deutlich gegen Schließungen von Schulen und Kindergärten aus. "Das klingt ja erst mal total gut; Verbreitungskette unterbrochen", sagt Palmer. In Tübingen würden aber ein Drittel aller Beschäftigten im medizinischen Bereich arbeiten. Wenn deren Kinder nun Zuhause bleiben müssten, gebe es nur zwei Optionen: Die Eltern gehen nicht zur Arbeit – wichtige Kräfte fehlen. Oder die Kinder kommen zu den Großeltern. Das wäre fatal, da das Coronavirus besonders für Menschen im höhren Alter eine Gefahr darstelle. Der Tübinger Oberbürgermeister verweist auf die Komplexität der aktuellen Situation und führt an: "Die maximale Reaktion auf das Virus ist nicht automatisch auch die Beste."