Sie beenden die Saison am Kunstort Eleven: D’Arcy Blake, Thomas Sebastian Collins, Daniel Sterlin-Altman Min Ji Suh und Gero Koenig. Foto: Lück Foto: Schwarzwälder Bote

Kunst: Gero Koenig bringt seinen Chordeograph zum Einsatz / Vor Premiere ist Publikums-Testlauf geplant

Die Mensch-Maschine und die Mal-Maschine. Mit einer einmaligen Aktion und einer "malenden Kuckucksuhr" endet die Saison im Kunstort Eleven in der ehemaligen Schule.

Starzach-Börstingen. Kunstort-Macherin Monika Golla berichtet: "Wir hatten ein bombastisches Opening und haben jetzt ein bombastisches Closing." Denn: Zum Abschluss der Saison, in der Künstler ein Atelier auf Zeit in der ehemaligen Schule in Börstingen bekommen können, gibt es etwas ganz Besonderes. Zum ersten Mal darf das Publikum die Mensch-Maschine bespielen.

Der Kölner Komponist Gero Koenig erklärt: "Im Eleven mache ich vor der Premiere in Karlsruhe den ersten Testlauf, ob mein Chordeograph von sechs Zuhörern auf einmal bespielt werden kann." Ein neues High-Tech-Instrument, dass er im Auftrag des Stadtmuseums München konstruiert. Doch was – zum Kraftwerk noch mal – ist ein Chordeograph? Koenig: "Das Instrument besteht aus Klavier-Bass-Saiten, die auf einen Rahmen gespannt sind. Darunter ist ein Klangkörper aus Holz. Vor den Saiten ist ein halbdurchsichtiger Monitor. Bis zu sechs Personen können vor dem Chordeographen stehen und die Musik allein durch Hand- und Armbewegungen machen." Die Mensch-Musik-Maschine. Koenig: "Und genau diese Bedienung mit Hilfe der Augmented Reality werde ich im ›Eleven‹ zum ersten Mal live testen." Doch wie funktioniert das genau? Was steckt hinter der Mensch-Musik-Maschine? Koenig: "Für mich als Komponist geht es darum, Mittel zu entwickeln, die ein flexibles und erweitertes Hörerlebnis ermöglichen. Durch die Steuerung von außen gibt es ein interaktives Feedback zwischen Komponist und Zuhörer." Denn: Koenig hat Partituren entwickelt, die auf den Videoschirm projiziert werden und deren Melodie und Tempo dann von den Zuhörern heute, Samstag, 22. September, ab 20 Uhr per Hand gesteuert werden kann. Koenig: "Im Eleven ist der erste Publikums-Testlauf vor der Deutschland-Premiere am 19. Oktober in Karlsruhe vor."

Der kanadische Künstler Thomas Sebastian Collins hat die Mal-Maschine gebaut. Holz. Zahnräder – handgesägt. Die wird dann am Montag über dem Roten Sofa im Kunstort Eleven an die Wand gehängt. Sieht dann aus wie eine "malende Kuckucksuhr". Denn: Unter dem Zahnradwerk – dort, wo sonst die Pendel sind – hängt eine Scheibe. Sie wird – so ähnlich wie beim Spirograph – bemalt, wenn sich die Räder drehen. Collins: "Ich bin auf die Idee gekommen, als ich über das Werden der Menschheit nachgedacht habe. Die Wälder gibt es schon ewig. Wenn dort nichts passiert, bleibt es, wie es ist. Wenn sie für Städte gerodet werden, bleibt immer noch was übrig. Und so ist meine Maschine auch – die Urform bleibt. Und doch kannst Du die Malerei von außen beeinflussen."

Unter dieser "malenden Kuckucksuhr" wird am Montag, 24. September, um 20 Uhr auch Daniel Sterlin-Altman sitzen.

Der Animations-Filmemacher, der schon beim Stuttgarter Trickfilmfestival war, ist gerade dabei, in der ehemaligen Schule ein Skript für seinen neuesten Film zu entwickeln. Die Hauptrolle – wie so oft – eine Karotte. In echt. Nicht animiert. Er zeigt einen seiner Filme. Die Karotte liegt auf dem Teller. Ein Anrufbeantworter-Piep, die Mund- und Kinnpartie des Anrufers erscheint. Und mit jedem Anrufer schrumpelt die Karotte immer mehr ein. Eleven-Macherin Monika Golla erklärt: "Mit jedem Anrufer wird klarer, wie sich der Charakter der Karotte immer mehr ins Schlechte verändert. Deshalb schrumpelt sie immer mehr ein."

Letzte im Bunde für das Rote Sofa ist die koreanische Künstlerin Min Ji Suh. Sie malt eigentlich monochrome Landschaften. Und freute sich in Börstingen auf die Natur. Jetzt sammelt sie Papierfetzen und zieht die Gold- und Silberfäden aus dem Malervlies aus recyceltem Textil. Sie sagt: "Um die Natur hier zu erfahren, habe ich zu wenig Zeit. Ich höre den Worten zu, die meine Kollegen hier in Börstingen sprechen. Weil ich nicht gut Deutsch oder Englisch kann, bleiben viele Lücken. Und das, was ich auf der Erde finde, füllt für mich diese Lücken. Die Silberfäden sind für mich die deutsche Sprache."

Letzter noch im Bunde ist D’Arcy Blake. Er sucht die Ruhe zum Arbeiten in der ehemaligen Schule. Blake: "Ich recherchiere für einen Essay über die Konzeptkunst der 80er Jahre bis Anfang der 2000er in Zeiten des Internets. Dazu habe ich eine Kurzgeschichte über meine Erfahrungen in Börstingen geschrieben."

Weitere Informationen: "Closing" im Kunstort Eleven. Ehemalige Werkrealschule Börstingen. Schulstraße 27, Starzach. Chordeograph von Gero Koenig: Samstag, 22. September um 20 Uhr. Montag, 24. September, um 20 Uhr: Rotes Sofa mit D’Arcy Blake, Min Ji Suh, Thomas Sebastian Collins, Daniel Sterlin-Altmann.