Interview: Die Referentin der Rottenburger Verwaltungsspitze erklärt, welche Voraussetzungen Unternehmen erfüllen müssen

Rottenburg. Viele Unternehmer würden sich gerne in Rottenburg niederlassen – doch nicht alle erfüllen die strengen Anforderungen der Stadt. Wir haben mit Marina Teichert, Referentin der Rottenburger Verwaltungsspitze, über die Schwierigkeiten bei Gewerbeansiedlungen gesprochen.

Wie viele Anfragen für die Ansiedlung eines Gewerbes hatten Sie im vergangenen Jahr und wie vielen mussten Sie absagen?

Insgesamt hatten wir seit Januar 2017 46 konkrete belastbare Anfragen. Hinzu kommen noch lose beziehungsweise unkonkrete Kontaktaufnahmen. 21 Anfragen hiervon haben wir inzwischen abgesagt, diese Anfragen umfassten eine Flächenanfrage von über 100 Hektar. 25 Anfragen sind noch in der Bearbeitung. Hier befinden wir uns noch in Vorprüfungen beziehungsweise Gesprächen mit den Unternehmen und den entsprechenden politischen Gremien.

Was sind die Gründe dafür, dass Sie einem Betrieb absagen?

Ein Grund ist natürlich die verfügbare Fläche, die wir nicht bereitstellen können. Weiterhin gilt es natürlich auch, planerische Gesichtspunkte mit einzubeziehen: Nicht jede Anfrage ist aus unserer Sicht passend für den angefragten Standort und die wertvolle Fläche. Hinzu kommt auch die politische Entscheidung vor Ort durch den Ortschafts- oder Gemeinderat, die ein vom Unternehmen vorgelegtes Konzept nicht überzeugt hat.

Welche Voraussetzungen muss ein Unternehmen erfüllen, das sich in Rottenburg ansiedeln möchte?

Eine große Rolle bei den Entscheidungen spielen natürlich die Ortschaftsräte und der Gemeinderat. Unternehmen müssen hier ihr Vorhaben den gewählten Vertreterinnen und Vertretern präsentieren und um Zustimmung für ihr Konzept werben. Der Verkauf von Grundstücken wird ab einem Wert von 100 000 Euro von dem jeweiligen Ortschaftsrat beziehungsweise bei Grundstücken in der Kernstadt beschlossen. Sofern der Wert 250 000 Euro übersteigt, entscheidet der Gemeinderat.

Gibt es Voraussetzungen für die Zahl der Arbeitsplätze?

Als Richtlinie gilt seit vielen Jahren, dass 50 Arbeitsplätze pro Hektar geschaffen werden sollen. Jede Anfrage wird aber für sich betrachtet und auch sonstige Aspekte berücksichtigt, zum Beispiel zur Branche des Gewerbebetriebs oder ob das Unternehmen bereits in Rottenburg ansässig ist. So kann es sein, dass ein Unternehmen anfangs vielleicht nur 40 Arbeitsplätze schafft, aber ein sehr innovatives und wertvolles Produkt anbietet, sodass aus unserer Sicht eine Flächenvergabe gerechtfertigt ist. Wie oben ausgeführt, entscheiden allerdings die politischen Gremien, an wen ein Gewerbegrundstück verkauft werden soll.

Nach welchen Maßgaben entscheidet der Gemeinderat?

Der Gemeinderat hat im Rahmen der Gewerbestrategie auch die Einrichtung eines Runden Tisches Nachhaltige Wirtschaftspolitik beschlossen. Dieser soll in den kommenden Monaten Prüfbausteine unter Berücksichtigung der drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – sozial, ökologisch und ökonomisch – definieren. Ziel ist es, konkrete Elemente festzulegen, was für uns in Rottenburg wichtige Punkte sind, die wir bei der Ansiedlung einzelner Betriebe beziehungsweise auch Entwicklung kompletter Gewerbegebiete prüfen wollen. Kriterien können hier etwa der Energiestandard eines geplanten Gebäudes, die Verkehrsanbindung, die Parkraumkonzeption und die Arbeitsplatzdichte sein. Diese Daten werden dann erfasst und den politischen Entscheidern vorgelegt, so dass diese sie bei ihrer Entscheidung mit bedenken und einbeziehen können. Für uns ist es wichtig, mit den Flächen sorgsam umzugehen und gründlich zu überlegen, was wir damit machen. Einen Flächenramsch gibt es in Rottenburg nicht und wird es auch künftig nicht geben. Die Fragen stellte Daniel Begemann.