Musik findet einen Weg zu den Fans

Rottenburg. Das Lokal in der Rottenburger Altstadt heißt "Old Hamburg" und nennt sich "die südlichste Hafenkneipe Deutschlands" – allein das ist ungewöhnlich. Doch jetzt, in Zeiten der Pandemie, versucht die Musik-Kneipe, in der es aussieht wie in einem mit alten Möbeln bestückten Wohnzimmer, mit einem TV-Programm Musikfans aufzumuntern. Zudem gibt es ein weiteres Ziel: Durch eindringliche Spendenaufrufe in jedem Programm will man notleidenden Künstlern und Kreativen unter die Arme greifen.

Hinter der Idee steckt die Rottenburger Konzertveranstalterin Elke Ursinus. "Schließlich müssen wir ja irgendwie weitermachen, auch in Zeiten der Krise", meint die couragierte 58-Jährige, die eigentlich aus Duisburg stammt, in Tübingen aufgewachsen ist, aber schon seit langem in Rottenburg lebt. Ihr Rezept: Wenn die Fans wegen des Virus nicht zur Musik kommen können – dann muss die Musik den Weg zu den Fans finden. In Zeiten des Internets sei das ja durchaus machbar.

Jeden Samstag geht das neue Programm (https://old-hamburg.com/tv ) auf Draht. Ganz hamburgisch-hanseatisch ist zunächst ein Shanty-Chor zu hören, man könnte meinen, man sei auf der Reeperbahn. "Leinen los – wir fahren in die Zukunft", heißt die mittlerweile dritte Folge von Old-Hamburg-TV. Durch die Sendung führt die Moderatorin Claudia Jochen, die sich mit Schiffermütze präsentiert und nebenbei nachdenkliche bis humoristische Gedichte rezitiert. Musikalischer Stargast ist diesmal Dirk Amon, dem heimischen Publikum durch seine Altherrenband Waiting for Tom wohlbekannt.

"Ich spiele in einer Altherrenband, wir machen nur ein bisschen Musik", stellt sich Amon sympathisch-bescheiden vor. "Wir sind keine großen Künstler, nicht die besten Musiker." Dann legt der Mann, der im Zivilstand Lehrer ist, los – ohne Band, nur mit seinem Kontrabass begleitet er seine Songs. Merkmal: Tiefe, verrauchte Stimme, langsame-nachdenkliche Blues- und Jazz-Passagen, "Rauhbeinjazz" und "Spät-an-der-Bar-Musik" heißt es dazu im TV-Programm.

Das "Old Hamburg", das es seit dem vergangenen Jahr gibt, ist keine Musikkneipe wie jede andere. Chef ist Jürgen Zeeb, ein Mann, der selbst einmal zur See gefahren ist. In den Räumen herrscht Wohnzimmer-Atmosphäre, halb Museum, halb Kneipe. Man könnte sagen: Das Lokal strotzt förmlich vor Urigkeit – reihenweise Requisiten der Seefahrt, Buddelschiffe und Steuerräder, zudem alte Möbel und Antiquitäten, die man auch käuflich erwerben kann. Auch das Publikum gehört eher den älteren Semestern an.

Von der Krise will sich die Konzertmanagerin nicht unterkriegen lassen. "Besondere Zeiten brauchen besondere Lösungen und dafür brauche ich Euch alle", heißt es in einem Aufruf, den sie verfasste und kurzerhand an rund 500 Gäste des "Old Hamburg" verteilte. "Die momentane Situation war für uns alle noch vor kurzer Zeit kaum vorstellbar und ist letztlich noch immer schwer zu begreifen." Eindringlich ruft sie zu Spenden für Künstler und Gastronomen auf, die in Zeiten der Seuche in schwere finanzielle Schieflage geraten sind. "Wir wollen doch alle, dass die Kultur und das Stadtleben nicht aussterben."

Oberstes Ziel sei es für sie "eine Plattform für Kultur zu schaffen, damit jeder mit einem Lächeln nach Hause gehen kann." Schon jetzt habe sie aber weitere Pläne: Sie möchte etwa Modeschauen ins das TV-Programm einbauen und andere Einzelhändler vorstellen – um kleine Boutiquen und Geschäfte in Rottenburg zu unterstützen. "Ich lasse mir auf alle Fälle etwas einfallen."

Die vierte Ausgabe von Old-Hamburg-TV mit Ina Z und ihrem Programm: "Minnas Kleider – Revue aus dem Koffer" steht unter dem Motto "Leinen los – wir fahren in die Zukunft". Die Allround-Bühnenkünstlerin singt, spricht, tanzt und performt. Dies ist ein kleiner Ausschnitt aus ihrer vergnüglichen Retro-Modenschau, die mit Schlagern gespickt ist. Dazu umrahmt Moderatorin Claudia Jochen das Programm. Die Sendung wird am Samstag, 2. Mai, ab 8 Uhr ausgestrahlt. Anzuschauen ist dies unter www.old-hamburg.com/tv