So soll der Neubau des Kreissparkassengebäudes am Marktplatz aussehen. Foto: Danner Yildiz Architekten

Neubau soll Geschäfte am Marktplatz ansiedeln. Arbeitskreis "Stadtbild" kritisiert Abriss.

Rottenburg - Kontrovers diskutiert wurden von der Einwohnerschaft Rottenburgs die Pläne der Kreissparkasse Tübingen, ihr markantes Gebäude im Ensemble Marktplatz abreißen zu lassen und einen Neubau an eben dieser Stelle zu errichten.

Der Vorsitzende der Kreissparkasse Tübingen, Christoph Gögler warb in der Bürgerversammlung um Verständnis für die Abbruchpläne. Es werde nicht saniert, sondern abgerissen und neu gebaut. Vorgestellt wurden die Pläne des Tübinger Architekturbüros Danner und Yildiz.

Die Pläne zeigen ein mehrstöckiges Geschäftshaus mit Giebel und Klappfensterläden. Die Madonna des Vorgängerbaus und eventuell auch die Bögen des Eingangs sollen ins neue Gebäude übernommen und eingearbeitet werden. Die Kreissparkasse wird als Investor auftreten. Geplant ist ein mehrteiliger Gebäudekomplex, der sich um einen öffentlich zugänglichen Innenhof anordnet. Im Erdgeschoss sind Ladengeschäfte vorgesehen, ebenso im ersten Obergeschoss. In den drei weiteren Geschossen könnte man Wohnen oder auch Verwaltungsbüros für das Rathaus realisieren, so Gögler.

Man habe es bei der Kreissparkasse und im Gestaltungsbeirat nicht gerne gesehen, "dass gegen den Abriss und Neubau geschossen wird." Diese Entscheidung sei aber nicht leichtfertig getroffen worden, sondern die Pläne seien in einem Abwägungsprozess entstanden. So habe es drei Sitzungen des Gestaltungsbeirates gegeben. Erste mutigere Varianten des Neubaus seien wieder verworfen worden.

Altbau erfüllt nicht die Brandschutzvorgaben

Auslöser für den Abriss sind Brandschutzvorschriften, die im Altbau nicht eingehalten werden können. Die Kreissparkasse arbeite im Gebäude unter vorläufigen Bedingungen. Nur weil die Kreissparkasse Geld in die Hand genommen habe und den Neubau in der Poststraße realisiert, wo Mitte November Einzug gefeiert werden kann, sei der Betrieb des Gebäudes am Marktplatz noch zulässig. "Ansonsten würde uns dort der Schlüssel umgedreht", sagte Gögler.

Haus steht nicht unter Denkmalschutz

Dazu komme noch das Baurecht, da man mit dem Marktplatzgebäude in der Erdbebenzone drei liege. Hier sei insbesondere die Standfestigkeit des Gebäudes ein Thema. 1954 erbaut, überstand es zwar das Erdbeben 1978, doch sehe dies heute anders aus. Bei einer Umnutzung durch andere Geschäfte, müsse ein Standfestigkeitsnachweis erbracht werden. Als weiteren Punkt für den Abriss des Altbaus, der laut Gögler nicht unter Denkmalschutz steht, nannte er die nicht gegebene Barrierefreiheit des Gebäudes. Auch sei eine Bank an so zentraler Stelle kein belebendes Element für eine Innenstadt. Man habe alle Möglichkeiten abgewogen, zudem würde eine Sanierung erheblich mehr kosten als Abriss und Neubau. Dies, obwohl nach einer etwaigen Sanierung weniger Fläche als bei einem Neubau zur Verfügung stehe.

Gögler betonte auch, dass man beide Varianten habe durchrechnen lassen – so würde eine Sanierung mit 10,5 Millionen Euro zu Buche schlagen, ein Neubau nur mit 9,2 Millionen Euro. Die Standfestigkeit bei einer Sanierung würde Flächen verschlingen, die zusätzlichen Kosten der Sanierung hätte man auf die Mieter abwälzen müssen. "Daher sind wir mit einem Neubau ordentlich unterwegs", fasste Gögler zusammen. Die Sanierung wäre ein einziger Zuschussbetrieb geworden, bei verminderter Qualität.

Architekt Florian Danner erklärte, dass der bestehende Altbau der KSK nicht unter Denkmalschutz stehe, es sei aber historisierend gebaut worden, "in einem vom Landesdenkmalamt so genannten Heimatstil."

In der anschließenden Diskussionsrunde kamen auch Vertreter des Arbeitskreises Stadtbild zu Wort, die sich klar gegen einen Abriss aussprachen. "Der Entwurf zeigt ein völlig beliebiges Gebäude", kritisierte etwa Peter Schmarsli. Der Rottenburger Rechtsanwalt bekam viel Applaus für seine Aussage: "Wir wollen das nicht." Die Kreissparkasse nehme nach seiner Meinung billigend in Kauf, dass über den Abriss verärgerte Kunden die Geschäftsbeziehungen zur KSK aufkündigten. Er selbst wolle diese Geschäftsbeziehung auch nicht mehr haben. Der Marktplatz sei historisch gewachsen und historisierend erbaut worden.

Arndt Heupel erntete auch Applaus für sein Lob, das er dem gelungenen Neubau aussprach. Auch wertete er es positiv, dass die KSK als Investor den Gestaltungsbeirat mit ins Boot geholt habe. Der Marktplatz sei "ein elementarer Knotenpunkt".

Unterschriften für den Erhalt gesammelt

Oberb ürgermeister Stephan Neher war ebenfalls voll des Lobes für den geplanten Neubau. So würden neue Ladenflächen entstehen, "in einer super Lage." Die Stadt brauche zugkräftigen Einzelhandel, der sich in diesem Neubau ansiedeln könne. Als er 2008 nach Rottenburg gekommen ist, sei der Marktplatz trist und öd gewesen – dies habe sich nun geändert, auch dank der Gastronomie. Neher zeigte sich zuversichtlich, dass das Projekt gelingen könne und auf lange Sicht den Marktplatz aufwerte.

Im Vorfeld der Bürgerversammlung hatte sich der Arbeitskreis Stadtbild mit einer Unterschriftenaktion zu Wort gemeldet – Ende September wurden an die Kreissparkasse und an den Vorstandsvorsitzenden Christoph Gögler 1066 Unterschriften übergeben, die einen Erhalt des KSK-Gebäudes fordern.

Auch ein Architekt meldete sich zu Wort. Eduard Krüger sei der Architekt des KSK-Altbaus, anderswo stünden dessen Gebäude unter Denkmalschutz.

Der Arbeitskreis Stadtbild weist auch darauf hin, dass in dem Vorgängerbau aus der Barockzeit Josef Eberle geboren sei. Dieses geschichtsträchtige Haus sei von der KSK abgebrochen worden, und der jetzige Bau nehme die barocken Proportionen und künstlerischen Elemente wieder auf. Das Haus habe eine erhaltenswerte Geschichte. Auch füge es sich harmonisch in das historische Marktplatzensemble ein, auf dem der Dom, das Rathaus und das Haus Jeckel bereits denkmalgeschützt seien.