Windkraft für Rottenburg? Die meisten Stadträte sind skeptisch.Foto: Stratenschulte Foto: Schwarzwälder Bote

Windenergie: "Zu teuer, zu aufwendig und rechtlich unsicher": Rottenburger Gemeinderat sagt Nein

Die Windkraft ist in einer Krise. Der frühere Landesvater Erwin Teufel hatte seinerzeit vor der "Verspargelung der Landschaft" gewarnt, jetzt laufen Förderungen aus, die Gesetzeslage zum Abstand der Rotoren von Siedlungen ist offen. Der Rote Milan ist vom Artenschutz her zum Standard für Einsprüche gegen die Nutzung der Windenergie geworden.

Rottenburg. Am Dienstagabend beschäftigte sich der Rottenburger Gemeinderat in seinem Corona-Ausweich-Quartier Festhalle mit einem Antrag der Fair-Fraktion aus dem Frühsommer, mögliche Windkraft-Standorte seitens der Stadt eigens zu erkunden und auszuweisen, um auch in Rottenburg die Windenergie im Sinne eines Klimaschutzes zu fördern.

Ein frühes, nicht mehr aktuelles Gutachten des Landes hatte um Rottenburg fünf mögliche Standorte vom Aufkommen her für geeignet für die "On-shore"-Windkraft erklärt: den Pfaffenberg nördlich von Wendelsheim, ein Areal zwischen Wolfenhausen und Remmingsheim, das Gewann Telle nordöstlich von Obernau sowie zwei Rammert-Gebiete südlich von Dettingen und südlich von Hirrlingen nach Rangendingen hin.

Die Bürgermeister aller betroffenen Umland-Gemeinden hatten sich schon vor Jahren mit der Rottenburger Rathausspitze auf das geeinigt, was für die Stadtverwaltung Amtsleiterin Angelika Gerth jetzt wieder vorschlug – gegen den Antrag der Fair-Fraktion: nicht von sich aus aktiv zu werden, sondern allenfalls eventuellen Anträgen von Windkraft-Investoren oder Bürgerinitiativen auf die Errichtung von Windrädern "neutral und objektiv" gegenüberzustehen.

Erwin Raible hatte den Antrag seiner Fair-Fraktion noch einmal mit einer sehr detaillierten Bilanz der Rottenburger Energieversorgung begründet. Das erneuerbare Aufkommen aus Fotovoltaik und Wasserkraft bezifferte er auf rund 40 Prozent des gesamten Energieverbrauchs in der Stadt und ihren Teilorten. Einen verbleibenden "Fehlbestand" von 44 Millionen Kilowattstunden sah er "durch drei bis fünf große Windräder" zu decken im Sinne von Klima-Neutralität und sprach dabei von Höhe und Rotordurchmesser bei rund 180 Meter für rentable Anlagen nach aktuellen Effizienz-Kriterien. Selbstverständlich müsse man dabei "die Ortsteile einbeziehen".

Als "zu teuer und zu aufwendig" bezeichnete Angelika Gerth eine eigene Initiative der Stadt und verwies etwa auf nötige Gutachten beim Artenschutz. Die Amtsleiterin wurde darin vom Stadtwerke-Chef Martin Beer unterstützt, den OB Stephan Neher und der Erste Bürgermeister Thomas Weigel um eine mündliche Expertise vor dem Rat gebeten hatten. Beer räumte ein, dass den Stadtwerken bei der Windkraft "einfach das Know-how" fehle.

Er schätze ein Engagement in Windkraft derzeit als "sehr risikoreich" ein, sagte Beer – wegen der Genehmigungsverfahren einerseits und der Frage der Wirtschaftlichkeit zum Anderen – und verwies auf einen Beteiligung der Rottenburger "Genossenschaft Erneuerbare Energien" an einem Windkraft-Projekt, einem Windpark "im Süden", die derzeit "auf Eis" liege.

Diese reservierte Haltung monierte in der Aussprache Sabine Kracht von der Grünen-Fraktion vehement. Jetzt sei "Zeit für Utopien und Visionen, nicht für Bedenken" beim Klimaschutz, forderte sie. Unterstützung dafür kam auch vom Linken Emanuel Peter. Man solle das leidige "Rendite-Denken" und die Unterstützung von Investoren seitens der staatlichen Stellen endlich aufgeben und aktiv werden. Denn bald, so Peter, werde "das sonst wirklich teuer". Für die Grünen-Fraktion zeigte sich Sara Haug hingegen skeptisch gegenüber einer städtischen Initiative und kündigte Ablehnung an.

Die Stadt könne "nicht in Vorleistungen gehen", gab auch Hermann Josef Steur für die SPD zu bedenken. Spätere Zuschüsse oder andere Unterstützung wollte er für private Betreiber von Windkraftanlagen aber nicht ausschließen. Der Hinweis auf steigende Strompreise, "obwohl wir für Windkraft sind", war Hermann Sambeth auf CDU-Seite wichtig bei seiner Ablehnung des Antrags. Die Eckenweiler Ortsvorsteherin Carmen Hess wollte sich zwar "als Unterstützerin der Initiative outen", räumte aber ein, dass allein ein zwingend notwendiges Artenschutz-Gutachten für den Rotmilan 180 000 Euro teuer sei.

Als der Oberbürgermeister zur Abstimmung kam, zählte er nur sechs Stimmen für den "Appell-Antrag" der Fair-Fraktion bei vielen Enthaltungen. Damit blieb es beim Appell für eine eigene Rottenburger Windkraft-Initiative.