Der Fanfarenzug überzeugte optisch und musikalisch. Foto: Scharnowski

Heimatzunft Hirrlingen ist stolz auf ihr 50-jähriges Bestehen. Beim Lichtstubenabend spielten die Männer Karten, die Frauen strickten.

Hirrlingen - 50 Jahre Heimatzunft wurde in Hirrlingen groß gefeiert. Hirrlingen war schon immer heimatbezogen, ein typisch schwäbisches Dorf: Jeder kannte jeden, der eine half dem anderen, wann immer es möglich war.

Auch die alte schwäbisch-alemanische Fasnet gehörte schon seit langem einfach dazu. Ein alter Brauch waren die Lichtstuben: Nach getaner Arbeit, vor allem in den Wintermonaten, traf man sich zum "Schwätzen", das Flickzeug und der Strickstrumpf bei Frauen und Mädchen oder das Kartenspiel bei den Männern waren üblich.

Zur Fasnetszeit, von Lichtmess bis Aschermittwoch, aber nur am Montag, Dienstag und Donnerstag, war dieser Brauch üblich. Während dieser Zeit waren auch die Fasnet-Butzen unterwegs: Sie gingen von Lichtstub zu Lichtstub, trieben Schabernack oder sagten schlicht gar nichts. Die Anwesenden mussten sich ihre Gedanken machen, wer hinter den "Holz-Masken" steckte.

Hans Lindner pflegtedie Traditionen

Schneidermeister Hans Lindner war tief in das dörfliche Leben verwurzelt. Ihm sträubten sich die Haare, als er sah, dass die altehrwürdige Fasnet in Richtung Karneval abzudriften drohte. Der Brauch des geliebten Butz war ihm wichtig. Die Narrenzunft hatte keine Verwendung dafür, dickköpfig gründete er daher 1962 die "Butzenzunft". Er war traditionsbewusst und durch seinen Beruf bedingt interessierte er sich für Trachten, die teilweise noch getragen wurden.

Bei seinen Recherchen drang er immer tiefer in das Brauchtum ein, er war fasziniert von diesem Thema. Nachdem der Butz gesichert war, machte man sich daran, tragbare Trachten für Paare zu entwerfen – ein neuer Trachtenverein wurde geboren. Weil ohne Musik nichts geht und man den örtlichen Musikverein nicht "dauernd strapazieren" wollte, kam noch ein Fanfaren-Zug dazu. So entstand die weit über die Grenzen hinaus bekannte Heimatzunft Hirrlingen, die nun ihren 50. Geburtstag feierte.

Felix Bitzenberger, zuständig für die Zunft, hielt in seiner Eingangsrede einen Rückblick auf die letzten 50 Jahre. Er zeigte auf, wie schnell sich die Zeiten ändern, doch die Heimatverbundenheit bleibt bestehen. Sein Zitat: "Die Vergangenheit sollte ein Sprungbrett sein, kein Sofa, auf dem man sich ausruht".

Bürgermeister Manfred Hofelich bedankte sich bei dem Verein und überbrachte neben Grüßen auch ein Geburtstagsgeschenk der Gemeinde. Die Heimatzunft war rege und rührig, mit Reisen in die Schweiz, Frankreich, ins Elsass und nach Sizilien präsentierte sie sich im Ausland mit Erfolg.

Hieraus entstand auch die Partnerschaft mit dem ungarischen Hajos, die heute noch intensiv gepflegt wird. "Von der Jugend bis zu Senioren wurde das Heimatempfinden gepflegt, dem Heimatverein ist der Spagat gelungen, Moderne und Tradition zu verbinden. Ich freue mich über diesen vitalen Verein", lobte Hofelich.

Landrat Joachim Walter gratulierte ebenfalls. Er hob hervor, dass die Bewahrung der Tradition und Kultur sowie der Zusammenhalt nicht genügend gelobt werden könne. Hirrlingen sei eine lebendige, attraktive Gemeinde mit hoher Motivation und tiefer Verwurzelung für Gemeinschaft und Brauchtum; eine wichtige Basis, die nicht genug gewürdigt werden könne.

Von der Antike bis zum Geocaching

Volkskundler Werner Mezger sprach zum Thema "Heimat, ein Begriff von gestern in der Welt von heute". Unter den drei Punkten "Zeit, Raum und Gesellschaft" schlug er einen großen Bogen von der Antike bis zum heutigen Geocaching. So alt die Welt ist, so wichtig sei die Verwurzelung der Menschen. Das Wort Heimat wurde von allen Seiten beleuchtet. "Heimat – nur ein zuckersüßer Kitschausdruck für Oma und Opa, besetzt mit Bildern von Kuckucksuhren und Krachledernen? Etwas für ewig Gestrige?", fragte er. In den letzten Jahren bekam das Wort immer mehr Bedeutung. Die Welt wird kleiner, für die "Globalisierungsnomaden" ist die Kultur und Heimat schließlich der Anker.