Das Geburtstagskind des Jahres – die "Gluzger". Foto: Morlok Foto: Schwarzwälder Bote

Konzert: "Hillu’s Herzdropfa" zu Gast / Musikalische Weggefährten unterstützen die Band

Rottenburg-Baisingen. Eine von Rottenburgs-Vorzeige-Bands, die "Gluzger", feiern in diesem Jahr ihr 40-jähriges Jubiläum. Und dies ganz im Sinne ihres Band-Namens, den man neuerdings mit "granatenmäßig laut und ziemlich gut im Rhythmus" zusammenfasst.

"Gluzger" wird hierzulande auch als Schluckauf bezeichnet, in anderen Gegenden des Schwabenlandes auch "Häcker", "Hickser" oder "Glugser". Und mit den Dialekten der Schwaben, sollte man sich gut auskennen, um den Feinheiten der dargebotenen Liedtexte folgen zu können. Auch die genialen Ansagen von Rainer Ruf sind wesentlich leichter zu verstehen, wenn man der Weltsprache Schwäbisch so einigermaßen mächtig ist.

Kürzlich hatten die "gscheiten Gluzger" – mit vierzig werden die Schwaben ja bekanntlich gescheit – zu einer großen Party in die Schloss-Scheuer nach Baisingen eingeladen. Die Plätze waren heiß begehrt und wurden von extra dort geparkten Damen reserviert. Damen, die dann vehement behaupteten, ganz Stuhlreihen seien die ihren. Allein schon diese Situation führte zu Realsatire, wie sie nur im deftigen Schwabenland möglich ist.

Als dann alle Sitzplätze gerecht verteilt waren, marschierten die sechs Musikanten, laut ihre Erkennungsmelodie "Schützenliesel" spielend, in den Saal ein.

Aus Bierjazz wird Schwabenjazz

Falls noch irgendwer an den Ursprüngen der Band Zweifel hatte, der wurde durch das mächtige Sousafon, mit dem Karl-Otto Schmidt für das Bassfundament sorgt, gleich in die richtige Richtung geschubst. Es war die Rottenburger Fasnet, die als Geburtsstätte der Band gilt, doch die eigentlichen Ursprünge lagen am "Gluzger–Stammtisch", der in einem Rottenburger Café stand. Aber bei der Fasnet und dem Café blieb es nicht. "Wir spielten relativ schnell Bierjazz, wie man den Dixieland hier manchmal auch nennt", erzählte Ruf im ersten Ansageblock. Daraus entwickelte sich mit der Zeit der "Schwabenjazz" dem die "Gluzger" mit schwäbischen Texten zu bekannten Melodien ihren ureigenen Stempel aufdrückten.

Aus Fats Dominos "Blueberry Hill" machten sie beispielsweise "I such mei Brill". Zum Jazz-Standard "Sentimental Journey" texteten sie: "Papa guck, dort drüben spielat Gluzger – send des no jonge Leut, die spielet erst seit 40 Johr."

Was Rupert Leger (Banjo, Gitarre, Gesang), Rainer Ruf (Trompete und Geschwätz), Matthias Hans (Klarinette, Tenorsaxofon), Claus Nopper (Posaune), Ralf Nopper (Schlagzeug) und Karl-Otto Schmidt (Kontrabass, Sousafon und Tuba) boten, das war "Von ällem ebbis". Super gespielte Musik, toller Gesang und pfiffige Texte sowie ein Rainer Ruf, der mit seinen erlebten Geschichten unterhaltsamer war, als so manch Possenreißer aus Funk und Fernsehen. Ruf nahm sein Publikum mit nach New Orleans, an die Copacabana oder nach Paris unter den Eifelturm. Überall dort spielten die "Gluzger" schon und machten sich mit ihrem herzerfrischenden Sound viele Freunde.

Bei einer ordentlichen Geburtstagsfeier spendiert man seinen Gästen auch was Gutes. Die "Gluzger" luden zum Zwecke deftiger Unterhaltung Hiltrud Stoll und Franz Auber alias "Hillu’s Herzdropfa", quasi als Sahnehäubchen auf der Geburtstagstorte, ein. Die resolute Bäuerin und leidenschaftliche Bulldog-Fahrerin Hiltrud wunderte sich dabei über die Menge an Zuschauer, die anscheinend nichts anderes zu tun haben, als einfach nur rumzuhocken. "Wenn man denkt, was die in der Zeit alles hätten schaffen können." Mit gewollt provinzieller Komik und gegenseitigen Freundlichkeiten – "die schwätzt doch nur, damit die Luft kleppert" – erfreuten die beiden die Geburtstagsgäste.

Die echten Stars des Abends aber waren die "Gluzger" selbst, die sich im letzten Set noch mit alten Weggefährten musikalisch verstärkten. So spielte Kurt Schlaf von der Formation "Swinging Jazzman" ebenso wie Laszlo Kocsis von "Night and Day" aus Plochingen mit und Thomas Pfleiderer, der seine Trompete bei der Big Band Tübingen oder der Band "Neckartown" erklingen lässt, steuerte das seine zum Klangbild des Abends bei.

Es war eine mehr als gelungene Geburtstagsparty, die da in der Baisinger Schloss-Scheuer über die Bühne ging.