Kommunales: Ortschaftsrat sieht die diskutierte Erweiterung des Gewerbegebiets kritisch

132 Seiten umfasst das Gutachten "Strategie- und Handlungsprogramm Wirtschaftsflächen Rottenburg am Neckar", welches am Mittwochabend dem Ortschaftsrat, aber auch den 44 anwesenden Bürgern vorgestellt wurde.

Rottenburg-Ergenzingen. Auf das Wichtigste beschränkte sich bei der Vorstellung die Projektleiterin und Diplomgeografin Julia Bubbel von der "Immakomm-Akademie".

Rottenburgs Bürgermeister Hendrik Bednarz warf dann vorab schon mal ein "Bonbonle" in den Ring, in dem er Rottenburgs größtes Gewerbegebiet Ergenzingen-Ost als das "Herz der Stadt" bezeichnete. An dem nun vorliegenden Gutachten seien verschiedene Arbeitsgruppen beteiligt gewesen, unter anderem auch Ortsvorsteher Reinhold Baur und die Ortschaftsrätin Cornelia Ziegler-Wegner, so Bednarz. Es sei nach mehreren Klausurtagungen des Gemeinderates, deren Ergebnisse bescheiden ausgefallen seien, darum gegangen, eine Gesamtstrategie zu entwickeln, wie man künftig weiter verfahren wolle.

Ergenzingen sei Teil dieser Strategie. Rottenburg selbst brauche ein kernstadtnahes Gewerbegebiet, das habe sich bislang allerdings nicht verwirklichen lassen. Dann kam genau das zur Sprache, was man in Ergenzingen ohnehin schon weiß, aber nicht sonderlich gerne hört: dass das Gewerbegebiet Ergenzingen-Ost eine Erfolgsgeschichte ist. Die weiteren Faktoren, dass eine Erweiterung von Ergenzingen-Ost bereits im Regionalplan verankert ist und dort auch schnell Flächen zur Verfügung stünden, ließen bei den Ortschaftsräten und den Zuhörern die Alarmglocken klingeln.

Ortschaftsrat Rudi Schäfer dazu: "Wir sind bislang mit Ergenzingen-Ost sehr gut gefahren. Wir können aber nicht zusätzlich die Last für ein stadtnahes Rottenburger Gewerbegebiet übernehmen." Das ganze habe auch negative Auswirkungen, unter anderem den Schwerlastverkehr betreffend. Letztlich trage man auch in Sachen Flächenverbrauch Verantwortung für die Nachfolgegeneration.

Renate Holzmann sagte dazu: "Rottenburger Handwerksbetriebe suchen seit Jahren einen Platz, wollen aber nicht nach Ergenzingen, weil ihre Klientel eben nicht aus dem Gäu kommt." Künftig gelte es, Gewerbe, Natur und Landwirtschaft maßvoll in Einklang zu bringen. Außerdem bohrte Holzmann noch einmal in Sachen VVS nach, in dieser Angelegenheit tue sich ebenfalls nichts. Letztlich stehe in Ergenzingen-Ost noch ein kleines Gebiet für den Einzelhandel zur Verfügung, dieses sollte auch nicht vergessen werden.

Stadtrat Hans Beser meinte, dass das Gewerbegebiet Ergenzingen-Ost sich positiv entwickelt habe, dass die Stadt Rottenburg aber ein kernstadtnahes Gewerbegebiet benötige. Eine weitere Entwicklung in Ergenzingen müsse maßvoll geschehen. Vor allem müsse man auf Logistikfirmen achten, die gemessen am Flächenverbrauch nur wenige Arbeitsplätze anbieten würden.

Cornelia Ziegler-Wegner war der Auffassung, dass es manches Mal besser sei, Flächen liegen zu lassen, als zu beschaffen. "Wir tun in Ergenzingen in Sachen Gewerbe schon recht viel und bieten auch Optionsflächen, die wichtig für die Standortsicherung sind". Letztlich habe die Stadt aber in Ergenzingen das einzige Gewerbegebiet, in dem schnell etwas verwirklicht werden könne. Daher sei das Thema Nachhaltigkeit von besonderer Bedeutung. Da ja auf dem Flugplatz bei Baisingen auch ein interkommunales Gewerbegebiet zur Diskussion stehe, welches dann im Falle einer Verwirklichung zusätzlichen Verkehr für Ergenzingen bringe, wollte die Ortschaftsrätin wissen, ob es neue Erkenntnisse in Sachen Verkehrszählungen oder Messungen gäbe. Dieses verneinte der Ortsvorsteher. Die Infrastruktur unter Einbeziehung von Ergenzingen-Ost stimme bis heute nicht, bemängelte Irmgard Kussauer. Jeder der dort hinwolle oder arbeite, müsse dies mit dem eigenen Auto tun.

Zu einer Klarstellung sah sich letztlich Ortsvorsteher Reinhold Baur veranlasst: Das Gewerbegebiet Ergenzingen-Ost stehe nicht umfänglich bei 105 Hektar. Das sei definitiv falsch. 40 Hektar auf der Südseite seien herausgenommen worden. Richtig sei, dass man 65 Hektar vorbereitet habe, von denen zehn Hektar plus Optionsflächen noch frei seien. Die Erweiterung im Höllsteig betrage sieben Hektar. Diese seien als Entwicklungsbereich für Handwerks- Betriebe gedacht. Etwas "Größeres" wolle man im Gewerbegebiet Höllsteig nicht ansiedeln. Letztlich klingelten nicht nur bei den Ortschaftsräten, sondern auch bei Bürgermeister Bednarz die Alarmglocken. Er warnte vor einem "Schrumpfungsprozess", wenn man mit der Gewerbeentwicklung nicht weiterkomme. Allerdings räumte er auch ein, dass nicht nur Ergenzingen die Last bei der Ansiedlung von Gewerbe trage, sondern auch die Kernstadt gefordert sei.