Auto-Kult: Dietlinde Ellsässer, Heiner Kondschak und Jakob Nacken unterhalten als "Dreifaltigkeit" auf Kulturbühne

Zur allerbesten Tatort-Sonntagsabend-Krimizeit lockte die Dreifaltigkeit der schwäbischen Komödianten-Prominenz jede Menge Fans von Kabarett, Liebesworten, Gesang, Spontanität und Schlagfertigkeit auf den Platz der Rottenburger Kulturbühne.

Rot tenburg . Darunter auch Adriano und David, zwei Neunjährige, die mit der Mama im Cabrio da waren und die cool feststellten: "Wir stehen brutal auf das schwäbische Geschwätz."

Die Besucher dieser Live-Performance verzichteten auf TV-Langweile aus der Konservendose und ließen sich lieber auf lyrischen Soul-Sex, Wortgenuss und die Erotik der Sprache ein. Sie genossen schwäbisches Geschwätz und Schlagermedleys der Superextraschnulzenklasse.

Dietlinde Ellsässer, Heiner Kondschak und Jakob Nacken luden die Besucher ein, sie durch die Wirren ihrer Tagträume zu begleiten. Das Wort "Dreifaltigkeit" bekam dabei eine ganz andere Bedeutung, als man es am Bischofsitz bislang kannte.

Eigentlich war die Tatsachenbeschreibung "drei Faltigkeit" nicht ganz richtig gewählt. Zwar zierten Frau Ellsässer und Herrn Kondschack unzählige Lachfalten samt den ins Gesicht gemeißelte Spuren eines heiteren Lebens, doch der Dritte im Bunde, Herr Nacken, kam (noch) relativ glattgesichtig daher.

Den Besuchern in ihren Autos wars egal, sie legten sowieso keinen gesteigerten Wert auf solche Details. Ihnen kam es auf das große Ganze an. Und sie wurden mehr als gut bedient.

Wer Dietlinde Ellsässer, die, wie man weiß, im Dohlengässle wohnt, kennt, der wusste, dass er sich auf ein Feuerwerk aus schauspielerischer Präsenz und schwäbischer Sprache in ihrer ganzen herben Schönheit freuen darf. Mit ihren kongenialen Mitspielern Kondschack und Nacken, welche die Queen der schwäbischen Comedy schon seit vielen Jahren begleiten, versteht sie sich blind. Da gibt es keine Texthänger, denn was nicht sitzt wird spontan passend gemacht.

Um die musikalische Grundrichtung muss man sich bei Multi-Instrumentalist Kondschack, der an diesem Abend Flöte, Gitarre, Harp, Mandoline, Schlagzeug und Saxophon spielte, nicht sorgen. Er beherrscht all diese Instrumente und seine große Bühnenerfahrung erlaubt ihm zudem, sich lässig auf jede Situation einzustellen. Der "glatte Nacken" ergänzt diese Zweifaltigkeit geradezu ideal. Pianist, Schlagzeuger, Harp-Spieler, guter Sänger und Wortakrobat in einer Person – mehr braucht‘s nicht.

Was daraus entstand, das war eine zum Verlieben komische Melange aus Musik, Gesang samt Schabernack mit all ihren Höhen und Tiefen. Das Poesiealbum der Dietlinde lief über von Herzschmerz und poetischen Wortgirlanden, die ihre Augen zum Leuchten brachten.

Getreu der alten Weisheit: "Was sich liebt, das neckt sich" kalauerten die drei vor und für ihr Auto-Publikum, bis die Lichthupen heiß liefen.

"Des goth gar et – zieh des Glomp aus – war des teuer – So was scheenes" sangen sie gleich zu Beginn zur Melodie von "Venus" von Shocking Blue und ihre Fans waren begeistert.

Dann wurde gedichtet und gereimt, bis sich das Versmaß bog und die Königin der Bühne stellte beim Werk von Heiner Kondschak ganz erstaunt fest: "Sie, des vermutet man unter ihrer Frisur gar nicht, dass sie so gut dichten können."

Aber nicht jeder Blödsinn, der sich reimt, gefällt der Frau Ellsässer. "Lass mich mit dir kuscheln und in deinen Haaren wuscheln." Wenn einer sowas sagt, dann sag ich zu dem "Gang hoim und koch dir einen Griessbrei" empörte sie sich.

Neben Schlager, Schnulzen, einem vertonten Hölderlingedicht und dem Simon and Garfunkel Superhit "The Boxer" erfuhr das Publikum viel über Katzen und Rassengeflügel. Manchmal zu viel, denn einige an sich lustige Passagen gerieten dann doch sehr lang und dadurch auch langweilig.

Den drei Protagonisten fehlte für diese Art der Unterhaltung das Feedback, die Rückmeldung, der Spontanapplaus, aber auch der direkte Dialog mit dem Publikum. Zeitweise taten sie sich mit ihren Kalauern dadurch recht schwer und den Dialogen fehlte der Esprit, der nur bei kleinen Bühnen mit direktem Kontakt zu den armen Leuten in der ersten Reihe, die zur Schadenfreude der restlichen Besucher für so manchen Gag herhalten müssen, möglich ist.

Schade, aber nach Corona gibt’s das auch wieder und bis dahin muss man froh sein, dass die Macher von der Rottenburger Kulturbühne samt ihren tollen Mitarbeitern überhaupt Live-Unterhaltung möglich machen.