Niklas Frank, Sohn eines NS-Kriegsverbrecher Hans Frank, liest am Eugen-Bolz-Gymnasium
Von Marly Scharnowski Rottenburg. Niklas Frank, ein sympathischer älterer Herr, sitzt in der Mediathek des Eugen-Bolz-Gymnasiums am Tisch und beginnt mit den Worten: "Warum verschweigst Du Deine Antwort?".
Er eröffnet die Lesung mit der Betrachtung des Fotos seines hingerichteten Vaters Hans Frank (dieser wurde im Herbst 1946 in Nürnberg als Kriegsverbrecher gehängt) und der Hinrichtungsszene: Wie er sich das Sterben seines Vaters vorstellte und was er aus den Akten und den Berichten des Gefängnispfarrers darüber weiß. Während des Zweiten Weltkrieges war Hans Frank Generalgouverneur des besetzten Polen und wurde von Zeitgenossen der "Schlächter von Polen" oder der "Judenschlächter von Krakau" genannt. Frank gehörte zu den 24 im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof Angeklagten. Er wurde am 1. Oktober 1946 in zwei von drei Anklagepunkten schuldig gesprochen, zum Tode verurteilt und in der Nacht vom 15. auf den 16. Oktober 1946 durch den Strang hingerichtet.
Beim Vormarsch der Roten Armee auf Krakau flüchtete Frank am 17. und 18. Januar 1945 nach Bayern. Am 4. Mai wurde er von amerikanischen Soldaten am Schliersee in der von ihm eingerichteten "Außenstelle des Generalgouvernements Polen" festgenommen, wohin er noch zahlreiche Kunstwerke aus Krakau mitgenommen hatte, darunter Werke von Rembrandt, Rubens und Leonardo da Vinci. "Mein Marsch mit Hitler war nach fast einem Vierteljahrhundert zu Ende gegangen", schrieb er später in seinen Erinnerungen zu diesem Tag. Am 6. Mai 1945 schnitt er sich im Kriegsgefangenenlager der 36. US-Infanteriedivision in Berchtesgaden die Pulsadern auf, nachdem er schon kurz nach seiner Festnahme versucht hatte, sich die Kehle aufzuschneiden, wurde aber am Leben erhalten. Im Sommer 1945 war er mit anderen NSDAP-Größen und hochrangigen Wehrmachtsangehörigen in Bad Mondorf im Kriegsgefangenenlager Nr. 32 interniert und wurde im August 1945 nach Nürnberg überstellt.
Niklas Frank berichtete am EBG von der letzten Begegnung mit seinem Vater als Siebenjähriger im Nürnberger Gefängnis: "Ich saß Dir gegenüber auf Mutters Schoß, ich wusste, dass Du bald tot bist. Doch Du musstest lügen! Du sagtest, dass wir bald Weihnachten feiern würden und ich dachte: Warum lügt er? Er weiß doch, dass er gehenkt wird. Warum lügt er?"
Es folgten eindringliche und teils auch verstörende Szenen aus seinem Buch. Nach dem drastischen Bericht über das Sterben seines Vaters, wie er es sich vorstellte, wie der Pater es erzählte und wie sich wohl das Knacken des Genicks angehört haben mag, machte er eine kurze Pause. Hans Frank war in der Todeszelle zum katholischen Glauben konvertiert. "Ob aus wirklicher Überzeugung?", so die Frage von Niklas Frank.