Engelbert Sauter hat ein Buch geschrieben, in dem er auch seine Kindheit in Rottenburg beleuchtet. Foto: Sauter Foto: Schwarzwälder Bote

Rezension: Engelbert Sauter berichtet in seinem Buch über Kindheit, Jugend und Karriere

"Damit die Kinder nicht vergessen" heißt Engelbert Sauters Buch – und der Name ist Programm. Denn er will mit seinen Erzählungen sicherstellen, dass die neue Generation die Zustände der Kriegs- und Nachkriegsjahre nachvollziehen kann.

Rottenburg/Offenbach. Sauter, der jahrelang beim ZDF angestellt war, hat in beruflichem und privatem Rahmen mehr als 100 Gespräche mit Zeitzeugen aus Politik und Gesellschaft gesprochen. Eine Auswahl aus diesen Gesprächen fließt auch in sein Buch mit ein: Berühmte Politiker wie Helmut Kohl und Richard von Weizsäcker kommen in Sauters Buch genauso zu Wort wie Lew Kopelew, ein russischer Germanist, Humanist und Schriftsteller, und Leni Riefenstahl, eine deutsche Filmproduzentin, die wegen ihrer Propaganda-Tätigkeit für das NS-Regime nicht unumstritten ist.

Unterbrochen und aufgelockert werden die Zeitzeugenberichte von Sauters Erinnerungen an seine Kindheit und Jugend in der Nachkriegszeit, die er in Rottenburg verbrachte, sowie an sein Berufsleben. Der gebürtige Stuttgarter schildert einzelne Erlebnisse, die sich nach und nach zu einem kohärenten Bild zusammensetzen und dem Leser ein Gefühl dafür geben, wie es war, im französisch besetzten Rottenburg aufzuwachsen – und so werden aus Geschichten Geschichte, wie der Untertitel des Buchs verspricht. Sauter berichtet beispielsweise von seinem ersten Versuch eine Banane zu essen, der gehörig in die Hose geht, weil er nicht weiß, das man selbige schälen muss.

Bildhaft schildert Sauter, wie sich nach der Währungsreform die Schaufenster füllten, wie er mit seinem Bruder zusammen ein Jahr lang sparte, um seiner Mutter zum Muttertag eine Tasse mit Schlüsselblumenmuster für eine Mark kaufen zu können und wie er von einem französischen Offizier Kekse und Schokolade geschenkt bekam.

Ausgangspunkt war ein Schulprojekt der Tochter

Auch die verschiedenen Besatzungszonen stellten die Deutschen in der Nachkriegszeit nicht selten vor Probleme. Sauter nennt hierfür ein amüsantes Beispiel, wenn er erklärt, dass die Spielzeugeisenbahn, die er von seiner Tante zu Weihnachten bekam, in Rottenburg nicht funktionieren wollte. Das Problem: Sauters Tante lebte in der amerikanischen Zone, wo die Spielzeuge statt auf Wechselstrom – wie es ihn in der französischen Zone gab – auf Gleichstrom ausgerichtet waren.

"Die Geschichten sollen aber vor allem auch dazu animieren, den Dialog zwischen den Generationen wieder intensiver zu führen – zum Nutzen beider Seiten", schreibt Sauter über das Ziel, das er mit seinem Buch verfolge. Bei seiner Tochter, die Sauter mit einem Schulprojekt überhaupt erst auf die Idee für das Buch brachte, habe der Erfahrungsaustausch jedenfalls geklappt: Im Schlusssatz ihrer Schularbeit habe sie betont, dass sie ihren Vater durch das, was er ihr erzählt hat, jetzt viel besser verstehe.

Für Sauter ist klar: die Zukunft gehört der "neuen Generation" – eine Möglichkeit für die alte Generation, der er selbst angehört, die Verantwortung für alles von sich zu weisen, sei das aber nicht. Er glaube "ein wenig altmodisch noch daran, dass die Vermittlung von Erfahrungen und Werten an die kommende Generation mit die wichtigste Aufgabe der jeweils handelnden Generation ist". Eine Aufgabe, die er mit der Niederschrift seiner Erinnerungen an die Kriegs- und Nachkriegsjahre sowie an seine journalistische und politische Laufbahn gemeistert hat.