Patrick Nagel und Marco Truffner waren die jüngsten Künstler beim Baisinger Mundartfest. Foto: Baum Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Junge Rezitatoren und alte Mundart-Hasen in Baisingen im Einsatz

Rottenburg-Baisingen. Vom Sebastian-Blau-Gedicht über schwäbische Lieder bis hin zu Schwabenrock und handgestrickten Balladen reichte das Spektrum des schwäbischen Mundartfestes in der Baisinger Schlossscheuer. Man saß auf Corona-Abstand, sodass nur mehr 90 Zuhörer den Saal füllten – ansonsten sind es 280.

Eingeladen hatte zum Mundartfest mit hochkarätigen Künstlern der Verein schwäbische Mundart, dies im Rahmen der Rottenburger Sebastian-Blau-Mundarttage. Zum siebten Mal gab es das schwäbische Mundartfest in Baisingen, und alles drehte sich hierbei um die schwäbische Mundart, schwäbische Heimat und Rottenburgs Poet und Publizist Josef Eberle alias Sebstian Blau.

Wolfgang Wulz als Vorsitzender des Vereins schwäbische Mundart führte durch das mehrstündige Programm und hielt seine Aperçu im schwäbischen Dialekt. Zum Auftakt kündigte er die beiden 14-jährigen Sebastian-Blau-Rezitatoren und Enkel des Blau-Rezitators Peter Nagel, Patrick Nagel und Marco Truffner an.

Von Opa Peter Nagel getrimmt, rezitierten sie Verse und Gedichte Josef Eberles, etwa "schwätz scheener" oder "Nach Jahr ond Tag", bei dem das Heimweh nach der schwäbischen Heimat in Gedichtform gefasst wird. Natürlich durfte auch eines der berühmtesten Sebastian-Blau-Gedichte nicht fehlen, der "Nepomuk".

Zwischenrein kam dann die Sängerabteilung mit ihrem "Männrchor" zum Zug und sang ein Lied zum Feierabend oder das schwäbische Trinklied "I han a durschdigs Gürgele". Unter dem Dirigat von Joachim Herm sang der Männerchor vorwiegend schwäbisches Liedgut, und coronabedingt vor der Schlossscheuer.

Anschließend rezitierten Marco Truffner und Patrick Nagel noch einige Blauverse, etwa das wunderbare Gedicht über den Neckar, der sich an der badischen Grenze "im Rhein ersäuft".

Auch der Blau-Klassiker "Dr’ Gsangverei" durfte nicht fehlen, und die beiden jungen Rezitatoren sangen dies mit Klavierbegleitung.

Danach eroberte der schwäbische Barde Walter Spira die Bühne, mit pfiffigen und hintersinnigen schwäbischen Chansons und mit Verve. Schwäbische Respektlosigkeit schimmerte durch die Zeilen. Virtuos begleitete er sich selbst an der Gitarre und zeigte sich froh über den Auftritt während der Corona-Zeit. Walter Spira sang von der GPS-Safari mit dem Navigationsgerät im Auto und seinem ganz persönlichen "Navi-Overkill". So komme er durch enge Gassen und Straßen, fahre kreuz und quer durchs Ländle, dank Navi. Danach besang er die Yucca-Palme einer Freundin, "das Schönste von der Nordsee bis zur Alb ist meiner Ursula ihr Yucca-Palm".

Spira singt schwäbisch-verschmitzt, hat den Schalk im Nacken, etwa wenn er davon singt, dass er den Yeti auf der Zugspitze trifft oder in Ulm mal wieder einen Glühwein zuviel trinkt. Der Berblinger darf auch nicht fehlen, in einer wunderbaren Version des schwäbischen Liedermachers Walter Spira, der hier den "Ikarus von Ulm" besingt, der "so fest ans Fliegen glaubt, dass es fast no ganga wär".

Auch singt der schwäbische Barde ein Lied über Winter-Depressionen – bei Regen und Nebel sogar fast zur Jahreszeit passend. Spira berichtet von einer fruchtbaren Zusammenarbeit mit Hubert von Goisern und gibt eine schwäbische Version des Goisern-Songs "Weit, weit weg". Zum Schluss noch ein festziger Rap, und dann ist die Bühne frei für die Band "Gäumoggel". Schwäbisch, zünftig und abacha guat kündigte sie Wolfgang Wulz an und freute sich, die Band aus dem Gäu begrüßen zu können, die unlängst den Hochdorfer Narrenmarsch herausbrachte und damit beim Närrischen Ohrwurm des SWR reüssierte. Die Gäumoggel sind für das Sebastian-Blau-Preisfinale im Oktober dieses Jahres nominiert.