Stephan Neher und Boris Palmer (hintere Reihe, von links) besuchten die Sprachschule Vivat Lingua. Foto: Büro Palmer

Die Palmer-Neher-Kontroverse kommt (vorerst) zu einem versöhnlichen Abschluss.

Die Palmer-Neher-Kontroverse kommt (vorerst) zu einem versöhnlichen Abschluss.

 

Rottenburg/Tübingen. "Syrer sprechen besser Deutsch als OB Stephan Neher" – oha, was schreibt denn Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer da wieder auf Facebook? Was auf den ersten Blick wie eine gemeine Äußerung klingt, ist allerdings ein humorvoller Seitenhieb auf seinen Amtskollegen. Beide Oberbürgermeister waren zu Besuch bei der Sprachschule Vivat Lingua in Tübingen. Zwei Stunden sprachen sie mit zwölf syrischen Flüchtlingen. "Die Kursteilnehmer haben unseren Streit in der Zeitung gelesen und wollten mit uns diskutieren. Wir haben beide sofort zugesagt", erzählt Palmer unserer Zeitung.

Der Palmer-Neher-Streit startete mit Nehers Äußerung in unserer Zeitung, dass Palmers Äußerungen zur Flüchtlingspolitik rassistisch seien. Der Grüne konterte in einem Interview im Schwarzwälder Boten, CDU-Mann Neher gehöre zu der "Herz-Jesu-Fraktion" in seiner Partei. Die Diskussion schlug hohe Wellen, überregionale Medien berichteten darüber. Beide bekundeten allerdings, dass sie weiterhin miteinander befreundet seien.

Nun also ließen sie gemeinsam Taten sprechen und kamen zu dem Gespräch mit den syrischen Flüchtlingen. Palmer zeigte sich begeistert: "Ein so spannende und bewegende Diskussion hatte ich selten. Was diese jungen Leute in Syrien und auf der Flucht erlebt haben und mit uns in bestem Deutsch (›Warum sind Sie hier?‹, ›Wegen des Krieges‹ – Genitiv) bereden ist großartig." Alle hätten Universitätsniveau erreicht. "In nur zwei Jahren. Großartige Leistung dieser jungen Menschen und unserer Sprachschule Vivat Lingua."

Auch Stephan Neher lobte auf seiner Facebook-Seite: "Ich schließe mich der Meinung meines Kollegen an, ein sehr informativer und interessanter Nachmittag. Es zeigt einmal mehr, nur durch solche Gesprächsrunden und Begegnungen im Alltag kann Integration und gegenseitiges Verständnis wachsen und unser Leben in den Städten und Gemeinden bereichern."

Palmer berichtet, dass es auch bei der Diskussion heiß herging. "Natürlich war vieles kontrovers. Ich wurde mit Zitaten aus meinem Buch und aus Facebook konfrontiert, habe von mir aus erklärt, warum ich mir wünsche, dass das Kopftuch sich bei uns nicht ausbreitet oder Israel auf einer Landkarte nicht Palästina heißen darf. Aber es war immer voll Respekt und Verständnis. Vorbildlich. Da könnten sich viele hier ein Beispiel nehmen. Herzlichen Dank für diesen erfüllenden Nachmittag! In den nächsten Tagen absolvieren alle zwölf die Eingangsprüfung der Uni. Ich wünsche alles gute und bin überzeugt: Die schaffen das!"

Und wie kam es nun zum Seitenhieb über Nehers Deutschkenntnisse? Palmer erzählt augenzwinkernd: "Neher hat sich im Verlauf nach den Niveaus erkundigt und erfahren, dass muttersprachlich C2 ist, während die Anwesenden C1 erreicht hatten. Wegen seiner Phonetik sagte die Kursleiterin, er habe aber nur C1. Das habe ich aufgegriffen. Wie jeder Überschrift sollte auch diese Interesse wecken." Der Rottenburger OB nahm das Ganze locker: "Sprache ist die erste Hürde. Ich bin beeindruckt wie gut die Kursteilnehmer/innen nach zwei Jahren Deutsch sprechen. Besser als mein Deutsch, da ohne schwäbischen Akzent. Als Vorsitzendender des Fördervereins Schwäbischer Dialekt sei dies mir erlaubt."