Der 28-jährige Angeklagte steht im Verdacht, die Sparkasse in Seebronn überfallen zu haben. Foto: dpa

Alibi des Angeklagten bekommt Risse. Richter: "Wir sind hier nicht bei Barbara Salesch."

Rottenburg-Seebronn - "Nein, nie": Damit antwortet der wohl wichtigste Zeuge im Bankraub-Prozess auf fast alle die Fragen der Richter am Landgericht Tübingen. Dadurch bekam die Tatversion des Angeklagten empfindliche Risse.

Der 43-jährige frühere Kollege und Kumpel des Angeklagten wurde mit Spannung vor Gericht erwartet. Er wird vom angeklagten Rottenburger (28) schwer belastet. Das Gericht wirft dem 28-Jährigen vor, am 9. November 2011 die Bank in Seebronn überfallen zu haben, weil in der Bank ein Drohschreiben gefunden wurde, das nachweislich seine Handschrift trägt. Doch der Angeklagte präsentierte vor Gericht eine Tatversion, wonach er den Zettel als Formulierungsvorschlag für seinen 43-jährigen Freund geschrieben hat, der den Zettel danach vermutlich mitgenommen habe.

Nein, sagt der Zeuge, zu all dem. Nein, er habe mit dem Angeklagten nie über einen Überfall gesprochen. Nein, er habe ihn nicht zum Schreiben eines solchen Zettels aufgefordert. An den Angeklagten gewandt, sagte er: "Dass du dich rausboxen willst, ist ok. Aber ich finde es gemein, dass du mich in die Sache reinziehst."

Durch den Widerspruch des Zeugen bekam das Alibi des Angeklagten Risse: Wichtigster Punkt dürfte sein, dass er sich – wie andere Zeugen zuvor – nicht erinnern konnte, dass der Angeklagte zum Tatzeitpunkt mit ihm und Kollegen zur Arbeit fuhr und am Vormittag im Büro war. Vielmehr hat der Zeuge das ausgeschlossen. Hinzu kommt, dass die Täterbeschreibung von Zeugen des Überfalls eher der kräftigen Körperstatur des Angeklagten als der des eher hageren Freundes entspricht.

Vermutlich angesichts dieser Zuspitzung seiner Situation wirkte der Angeklagte gestern ärgerlich. Seinen Verteidigern warf er halblaut vor, seinem Freund im Zeugenstand könne man doch "1000 Fragen stellen", während die Juristen nur in wenigen Punkten nachhakten.

Der Angeklagte fragte stattdessen selbst. Dabei unterbrach ihn der Staatsanwalt wegen formaler Fehler im Frageverhalten. "Ich kenne mich mit den Rechten nicht so aus", entschuldigte sich der Angeklagte und kämpfte weiter. Er könne Zeugen benennen, die bestätigen, dass ihm der Kumpel mehrere Tausend Euro geliehen habe mit der Anweisung, das Geld mit Drogengeschäften und Glücksspiel zu vermehren. So sei es bei dem Kumpel zu einem finanziellen Engpass gekommen, was ein Motiv für einen Bankraub sein könnte. Auch diese Geldnot bestritt der Zeuge. Aus dem Publikum, wo vor allem Bekannte des Angeklagten sitzen, wurde diesem einmal laut beigepflichtet. Daraufhin ermahnte der Richter den Zwischenrufer: "Wir sind hier nicht bei Barbara Salesch."

Der Zeuge ist übrigens gelernter Bankkaufmann. In dieser Rolle wisse er, dass eine Filiale wie die in Seebronn wenige Barreserven habe. Der Bankräuber erbeutete dort gut 8000 Euro. "Nutzen und Gefahr stehen in keinem Verhältnis. Ein Banküberfall ist totaler Quatsch", so der Zeuge.

Die Verhandlung wird morgen, 31. Januar, um 14 Uhr mit den Plädoyers fortgesetzt.