Die Schüler von Gebhard Jauch (von rechts) sprechen mit Redaktionsleiter Armin Schulz über ihre Situation. Foto: Merk Foto: Schwarzwälder Bote

Migration: Flüchtlinge sprechen über ihre Ziele und wie sie in Deutschland zurecht kommen

Wie geht es Migranten in Rottweil? Schüler einer Lerngruppe haben beim Redaktionsgespräch ihre Sorgen und Nöte mitgeteilt. Aber auch, was gut läuft, erzählten sie.

Rottweil. Iman ist 31 Jahre alt, kommt aus Syrien und wohnt in Rottweil. Sie ist ausgebildete Frisörin, darf den Beruf aber in Deutschland nicht ausüben. Sie muss zuerst die Sprache lernen. Dieses Schicksal teilt sie mit zwölf weiteren Flüchtlingen und Asylbewerbern. Die Klasse besuchte die Redaktion des Schwarzwälder Boten.

Iman ist die einzige Frau in der Runde. Sie ist Muslima und trägt ein Kopftuch. Als sie in Rottweil in einem Kindergarten ein Praktikum machen wollte, sei sie deshalb abgewiesen worden, berichtet sie. In einem kleinen Teilort fand sie jedoch einen Stelle. Was sie an Deutschland schätzt? "Die Meinungsfreiheit", antwortet sie.

Das finden auch die anderen in der Runde gut, die zumeist aus Syrien kommen. So wie Ahmad (25 Jahre), der die "Demokratie" an sich schätzt. Überhaupt das deutsche System wird von den Flüchtlingen und Asylbewerbern positiv bewertet: Die Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser, die Infrastruktur und dass hier Frieden herrscht, denn das ist in ihren Herkunftsländern oft nicht gegeben. Viele fliehen vor dem Krieg oder vor militärischen Verpflichtungen.

Allerdings übt die Runde auch Kritik. Einige haben Schwierigkeiten, einen Job zu finden. Es scheitert oft an der Sprache, weshalb sie auch den zweijährigen Sprachkurs bei Gebhard Jauch belegen. Außerdem könne er ohne Deutschkenntnisse nicht einmal die Post lesen, erzählt Said. Auch die deutsche Bürokratie zu verstehen, sei ohne Deutschkenntnisse schwierig, betont er. Er fragt sich, warum es etwa beim Jobcenter niemanden gebe, der sowohl Deutsch als auch Arabisch sprechen könne.

Wohnungssuche gestaltet sich schwierig

Ein anderer Problembereich ist für viele die Wohnungssuche. Ahmad etwa findet keine kleine Wohnung, sondern nur solche, die für ihn allein zu groß seien, sagt er. Für Ali, der einen Job hat, ist die Wohnung zu weit weg von der Arbeitsstelle. Vor allem in den Ferien, wenn die Busse nicht regulär fahren, sei das problematisch, sagt er.

Aber auch kulturelle Unterschiede belasten die Gruppe. Viele seien es gewohnt, bis spät Abends zusammenzusitzen und überhaupt mehr miteinander zu reden. Redaktionsleiter Armin Schulz erklärte daraufhin die "schwäbische" Mentalität. Hier sei man nicht gleich offen, man warte erst einmal ab und sei distanziert. Auch sei das Leben hier oft durchgetaktet, sodass die Zeit für gemeinsames Teetrinken bei den Nachbarn oft fehle. "Das ist nicht abwertend gemeint", erklärt Schulz.

Andere berichten aber auch von der Hilfe, die sie hier erfahren haben. Der 54-jährige Abdul Malah paukt regelmäßig Vokabeln mit seinem Nachbarn. Ali berichtet, dass ihm eine Frau helfe. Aber es wird deutlich, dass es vor allem soziale Kontakte sind, die den Migranten fehlen.

Auch Lehrer Jauch sieht das Manko und weist darauf hin, dass es im Kutschenhaus ein Angebot für Hausaufgabenbetreuung gebe. Allerdings bräuchten die Flüchtlinge eher einen regelmäßigen "Sprachkreis", um ihre Deutschkentnisse anzuwenden.

Ein weiteres Problem sei für viele seiner Schüler, dass sie nicht wüssten, wie es weiter geht. "Manche hängen in der Luft", sagt Jauch. Am liebsten würden sie eine Arbeit finden, um vom Jobcenter unabhängig zu sein. Für viele sei es belastend, nicht selbst für ihre Familie zu sorgen.

So gibt auch fast jeder als Ziel an: Nach der Sprachprüfung eine Ausbildung beginnen und arbeiten. Naser möchte als Maler und Lackierer arbeiten, Ahmad als Automechaniker und Mohammad Said träumt von einem kleinen Restaurant oder Imbiss. "Er kann sehr gut kochen", weiß sein Lehrer. Er kam an diesem Morgen in den Genuss eines syrischen Frühstücks, das Said zubereitet hat. Da gab es Bohnen, Joghurt und Frischkäse.

Das schmeckte auch Iman, die weiterhin Deutsch lernen will, um eine Arbeit oder eine Ausbildung zu finden. Wenn es als Frisörin oder Erzieherin nicht klappt, würde sie gerne in einem Altenheim arbeiten.

Je nach Leistung können bei Sprachkursen in Deutsch unterschiedliche Niveaus erreicht werden. Für eine Berufsausbildung ist in Deutschland die Stufe "A2" erforderlich. Um dieses Ziel zu erreichen, findet für die Flüchtlinge zwei Jahre lang vier mal pro Woche Unterricht statt. Das entspricht insgesamt 1 200 Stunden. Finanziert wird das Ganze vom Bundesministerium für Migration und Flüchtlinge (BAMF).